„Das ganze Ökosystem der Online-Werbung steht auf dem Prüfstand“

Mit personenbeziehbaren Daten aus der Online-Werbeindustrie konnte ein niederländische Radiosender Militärangehörige identifizieren, die Zugang zu Nuklearwaffen haben. Was die Aufsichtsbehörden jetzt tun müssen – ein Riffreporter-Interview mit der schleswig-holsteinischen Datenschützerin Marit Hansen.

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Marit Hansen ist die schleswig-holsteinische Datenschützerin.

Mit personenbeziehbaren Daten aus der Online-Werbeindustrie konnte ein niederländischer Radiosender Militärangehörige identifizieren, die Zugang zu Nuklearwaffen haben.

Was die Aufsichtsbehörden jetzt tun müssen, erklärt die schleswig-holsteinische Datenschützerin Marit Hansen exklusiv im RiffReporter-Interview. Sie hat sich auf technischen Datenschutz spezialisiert und verfolgt das Thema seit längerem:

Ist die Bedrohung der inneren Sicherheit durch Standortdaten eine neue Erkenntnis?

Nein. Im Jahr 2013 hat Edward Snowden uns mit seinen Enthüllungen deutlich gemacht, dass die Handy-Nutzung von uns allen relevant ist für Fragen der inneren Sicherheit. Da gibt es das berühmte Folienset der NSA zum iPhone Location Service mit dem Satz: „Who knew in 1984 that this would be big brother and the zombies would be paying customers.“

Auch Snowden selbst hat sich auf Orwell’s Roman 1984 bezogen, als er Ende 2013 sagte: „Wir haben Sensoren in unseren Taschen, die uns auf Schritt und Tritt verfolgen. Denken Sie darüber nach, was dies für die Privatsphäre des Durchschnittsbürgers bedeutet.”

Und bereits im Jahr 2011 konnten alle, die es wissen wollten, anhand der aufbereiteten Handydaten des Grünen-Politikers Malte Spitz aus der Vorratsdatenspeicherung der Telekom sehen, dass Standorte und Kommunikationskontakte mehr enthüllen, als den meisten im täglichen Leben bewusst ist.

Es liegt also an den Smartphones?

Das Grundproblem ist dasselbe: Wir haben mit dem Smartphone ein Ortungsgerät in der Tasche. Auf verschiedenen Ebenen und bei verschiedenen Anbietern können diese Standortdaten verarbeitet werden – eben auch für die Online-Werbung und den damit zusammenhängenden Datenhandel.

In Bereichen, in denen man besonders mit geheimdienstlicher Beobachtung und Versuchen der Einflussnahme rechnen muss, weiß man – eigentlich – um diese Probleme.