Wenn Roboter einen eigenen Willen bekommen

KI-Systeme könnten in Zukunft mit Bewusstsein, Empfindungen und der Fähigkeit zu entscheiden ausgestattet werden – doch was würde daraus folgen?

12 Minuten
Künstlerische Darstellung einer künstlichen Gehirnzelle

Lesen Sie auch das parallel erscheinende Plädoyer für die Einzigartigkeit des Menschen meines Kollegen Henning Engeln in dessen Riffreporter-Projekt „Der lange Weg zum Menschen“.

Ein smarter Brite kauft in einem coolen Berliner Café einen „Moccachino Hazelnut“, da ihm heute „nussig zu Mute“ sei. Er steigert die Irritation der Barista, indem er anfügt: „Wären Sie darauf gekommen, dass ich gar nichts wollen kann?“ Die Szene stammt aus dem Film „Ich bin dein Mensch“ und der „Brite“ ist ein Android namens Tom. Seine Bemerkung spielt darauf an, dass er als Roboter nur die Wünsche seiner Besitzerin Alma erfüllt. In einer anderen Szene wird er wütend, aber nur, weil Alma es von ihm verlangt. Als sie ihn einmal stundenlang im Regen warten lässt, bleibt er hingegen völlig gelassen.

Die Filmfigur Tom veranschaulicht die Zwiespältigkeit heutiger künstliche Intelligenz (KI). In einigen Disziplinen übertrifft sie den Menschen spektakulär. Zum Beispiel spielt die KI AlphaGo das äußerst komplexe Brettspiel Go besser als jeder Mensch. Andererseits lässt sie jene Leistungen des menschlichen Gehirns völlig vermissen, die den Menschen erst ausmachen: bewusstes Erleben von Wahrnehmungen, Gefühlen oder Absichten und damit verbunden: einen Willen.

Doch KI wird nicht so beschränkt bleiben. Zunächst wird KI immer intelligenter werden, sodass sie menschliches Verhalten perfekt simulieren kann. Schon das wird den Alltag sehr verändern, wie in „Ich bin dein Mensch“: Tom simuliert den Wunschpartner der Protagonistin Alma, die überzeugt ist, das keine von Toms Emotionen real sei. Dennoch entwöhnt Tom sie binnen weniger Tage von einer grauen Existenz, in der nur beruflicher Erfolg zählt. Er bewirkt bei Alma mehr als es mancher „echter“ Partner vermocht hätte.

Ein Chip des neuromorphen Rechners Brainscales der Universität Heidelberg. Er besitzt knapp 200.000 künstliche Neuronen und 44 Millionen künstliche Synapsen.
Ein Chip des neuromorphen Rechners Brainscales der Universität Heidelberg. Er besitzt knapp 200.000 künstliche Neuronen und 44 Millionen künstliche Synapsen.