KI-Gesichtserkennungssoftware – im Visier des Rechtsstaats

Nach dem jüngsten RAF-Fahndungserfolg wollen Polizeigewerkschaften Videoüberwachung mit automatisierter Gesichtserkennung in der Fläche einsetzen. In Deutschland geht das rechtlich noch nicht.

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Technologien zur Gesichtserkennung und Personenidentifizierung für Fahndungszwecke sind umstritten.

„Hinweise aus der Bevölkerung“ sollen die Polizei auf die richtige Spur gebracht haben: Ende Februar nahm das LKA Niedersachsen die mutmaßliche RAF-Terroristin Daniela Klette im Berliner Stadtteil Kreuzberg fest. Kurz darauf mutmaßten ARD-Journalisten, ob der entscheidende „Hinweis“ ihrer Recherche für den Podcast „Legion Most Wanted“ entsprungen war.

Die Journalisten hatten mit Unterstützung eines Bellingcat-Reporters ein Internetfoto gefunden, das sie einem früheren Fahndungsbild von Daniela Klette zuordnen konnte. 30 Minuten hatte die Recherche mit dem KI-Gesichtserkennungsdienst PimEyes gedauert. Sie führten die Recherche allerdings nicht weiter, weil das Bild, in der Klette als „Claudia“ auf der Webseite eines Capoeira-Vereins in Kreuzberg zu sehen war, schon mehrere Jahre alt war und es keine neueren Hinweise gab.

Pimeyes – für Journalisten, aber nicht für die Polizei?

PimEyes verarbeitet Fotos von Menschen, die es im Internet findet, und bietet seinen Dienst über eine Webseite an. Die Bilder werden nach individuellen Merkmalen untersucht, wobei biometrische Daten wie Gesichtsform, Augenfarbe oder der Abstand von Mund zu Nase erfasst werden. Der Bildabgleich ist so gut, dass er von investigativen Journalisten inzwischen gerne eingesetzt wird. Inwieweit auch Sicherheitsbehörden die Bilderkennungsdienst einsetzen, ist nicht bekannt.

Legal wäre der Einsatz in Deutschland aktuell nicht. Deshalb kochte darüber die Debatte hoch: „Datenschutz darf nicht länger Täterschutz sein“, polterte Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, in der „Bild“. Es sei „nicht mehr vermittelbar“, kritisierte Jochen Kopelke, Vorsitzender der Gewerkschaft Polizei (GdP) in einer Stellungnahme, dass die Polizei im Zeitalter von Künstlicher Intelligenz „solch hilfreiche Software nicht nutzen darf“.