Brettspiel zur Elektromobilität: Dreimal würfeln bis zur Ladesäule

Zwei junge Männer wollen Elektroautos mithilfe eines Brettspiels verständlicher machen. Wenn das nur so einfach wäre!

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Nahaufnahme eines Brettspiels mit Spielfiguren, die wie Autos aussehen

Ganz schön kompliziert, die Elektromobilität. Welche Autos taugen am besten für die Langstrecke? Wie wirkt sich das Wetter auf den Akku aus? Und womit kommt man besser ans Ziel: mit einem Sprint über die Autobahn oder batterieschonend per Landstraße?

Es sind Fragen wie diese, mit denen sich „Strom-Novizen“ zwangsläufig herumschlagen, wenn sie vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb wechseln.

„Natürlich kann man all diese Dinge wieder und wieder runterbeten“, sagt Tobias Wagner, ein 27-jähriger Münchner, der selbst seit mehreren Jahren elektrisch fährt. Aber eigentlich, findet er, müsste man die Elektromobilität doch auch spielerisch erklären können – und zwar so, dass das Zusammenspiel zwischen Ladeleistung, Akku-Kapazität und Reichweite nicht nur Kopfschmerzen bereitet, sondern am Ende sogar Spaß macht.

Seine Lösung: ein Gesellschaftsspiel, in dem sich alles um E-Autos dreht und die Kombination der genannten Faktoren über Sieg oder Niederlage entscheidet.

Nahaufnahme eines jungen Mannes
"Runterbeten" nützt nix: Tobias Wagner möchte die Elektromobilität spielend erklären.

Hauptberuflich leitet Wagner ein Start-up, das Mehrfachsteckdosen für Elektroautos entwickelt. Doch auch in seiner Freizeit gehen ihm die surrenden Flitzer offenbar nicht aus dem Kopf. Deshalb hat er „E gewinnt“ erfunden, ein Brettspiel, in dem die Spielfiguren realen Elektroautos nachempfunden sind.

Manche haben einen großen Akku, andere einen kleinen. Manche laden schnell, andere gemächlich oder auch schon mal gar nicht („Ladezicke“). Und eines hat sogar Solarzellen auf dem Dach, um unterwegs Strom nachzutanken.

Aussetzen für die "Ladezicke"

„Die beste Werbung für E-Autos wäre natürlich, wenn man einmal würfelt und am Ziel landet“, sagt Wagner und grinst. Doch spezielle Ereigniskarten sorgen bei „E gewinnt“ immer wieder für Überraschungen – ganz wie in der Realität.

So kann es passieren, dass man aussetzen muss, weil das Ladekabel zu kurz ist oder ein unaufmerksamer Verbrenner-Fahrer seinen Wagen vor einer Ladesäule abgestellt hat. Oder aber es geht schneller voran, weil der Stromer im Windschatten eines LKW fährt.

Auch verkehrspolitische Spitzen dürfen nicht fehlen: Eine Ereigniskarte instruiert die Spieler, ausschließlich Autobahn zu fahren, bevor der böse „DJ Andi“ dort die Maut einführt.

Nahaufnahme einer Spielkarte mit kleinen Würfeln
An alles gedacht: Die Akkus der Autos lassen sich mit "Fünf-Kilowatt-Würfeln" füllen.

Während des Spiels hantiert man mit kleinen Fünf-Kilowatt-Würfeln, um den sinkenden oder steigenden Batteriezustand der Stromer nachzuahmen. Je nach Spielfeld darf unterwegs mit langsamem Wechselstrom oder schnellem Gleichstrom geladen werden.

Dank solcher Details fällt auf, dass Tobias Wagner und sein Geschäftspartner Michael Renninger sich viele Gedanken gemacht haben, noch dazu zu einem sehr aktuellen Thema. Trotzdem habe sich zunächst kein Hersteller ernsthaft für die Idee interessiert.

„Es gab Gespräche mit einigen Firmen“, sagt Wagner, „aber die haben uns eher entmutigt. Manche haben uns eine Wartezeit von einem Jahr in Aussicht gestellt, bis das Spiel auf den Markt kommt.“

Figuren aus dem 3D-Drucker

Folglich wuppten sie das Projekt selbst, erschufen den Prototypen per 3D-Drucker, sammelten 27.000 Euro per Crowdfunding ein. „Das hat für eine Erstauflage von 500 Stück gereicht“, sagt Wagner. Jetzt komme die zweite Auflage auf den Markt. Kaufen kann man das Spiel bislang ausschließlich online.

Obwohl „E gewinnt“ als Liebhaber-Projekt gestartet ist, zeigt sich laut den Entwicklern bereits ein erster geschäftlicher Erfolg. „Wir sind schon knapp in den schwarzen Zahlen“, sagt Wagner, der mit seinen Ideen noch nicht am Ende ist.

Zwei Männer sitzen am Tisch und spielen ein Gesellschaftsspiel.
Tobias Wagner (rechts) und sein Mitarbeiter Sebastian Beger spielen "E gewinnt".

In Zukunft sollen Spielerinnen und Spieler zusätzliche Karten nachkaufen können. „Natürlich spielen die Leute am liebsten mit ihren eigenen Elektroautos“, meint der Erfinder. „Diesem Wunsch wollen wir gerne nachkommen.“

Noch dazu ist es eine lukrative Einnahmequelle: Schon das Brettspiel an sich kostet fast 50 Euro; weitere Spielkarten schlagen künftig mit fünf Euro zu Buche. Auch das ist wohl eine unfreiwillige Parallele zu echten Elektroautos: Billig sind sie nicht.

Ein weiteres Manko: Noch ist „E gewinnt“ relativ kompliziert. Laut Angaben auf der Verpackung soll es bereits für Achtjährige spielbar sein, doch das ist in den meisten Fällen wohl Wunschdenken.

Selbst Erwachsene haben bei ihren ersten Runden oft Schwierigkeiten, wie die Entwickler aus diversen Rückmeldungen erfahren haben. „Noch sind unsere Kunden vor allem E-Auto-Fahrer“, räumt Tobias Wagner ein. „Wir wollen uns aus dieser Nische herausbewegen und demnächst auch verstärkt diejenigen ansprechen, die noch nicht elektrisch fahren.“

Eine Hand hält eine Spielkarte.
Stromlos gestrandet oder im Windschatten ans Ziel? Ereigniskarten sorgen für genauso viele Überraschungen wie in der Realität.

Wie sie die Nische verlassen wollen? „Indem wir das Spiel deutlich positiver gestalten“, sagt Wagner. Auch in der echten Welt nehme die Zahl der Ladestationen schließlich beständig zu. Außerdem seien die Fahrzeuge inzwischen deutlich zuverlässiger als noch vor einigen Jahren.

Aus diesem Grund soll es in Zukunft ein vereinfachtes Spiel-Szenario geben: Wer möchte, kann so tun, als sei man bereits im Jahr 2025: Alles funktioniert besser, die Akkus laden schneller und unterwegs passieren weniger unvorhergesehene Ereignisse.

Wird’s dann aber nicht langweilig? „Nein“, versichert der Spiele-Erfinder. Schließlich könne man ganz leicht den Schwierigkeitsgrad wieder erhöhen und die Reise kompliziert machen – in dem man das Szenario der Gegenwart wählt.

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