Velo-city: Die Elite der internationalen Radverkehrsplanung trifft sich in Leipzig

Einmal im Jahr kommt die Fahrrad-Fachwelt zum Erfahrungsaustausch zusammen. Morgen startet der Kongress in Leipzig. Vor Ort erfahren die Besucherïnnen unter anderem, wo der Ausbau des Radverkehrs in Leipzig bereits gut vorangeht und wo es hakt.

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Auf dem Radweg auf der Fahrbahn fährt ein Radfahrer. Neben ihm fährt ein Auto

Einmal im Jahr trifft sich die internationale Fahrrad-Fachwelt aus Forschung und Praxis zum Erfahrungsaustausch beim Fachkongress Velo-city. Nach Kopenhagen, Paris, Vancouver und Nijmegen steht im Jahr 2023 Leipzig auf dem Reiseplan der Radverkehrsexpertïnnen. "Leading the Transition“- den Übergang gestalten, ist Leipzigs Motto für den Weltkongress des Radverkehrs. Der Slogan ist auch als Appell gedacht.

„Wir befinden uns in Leipzig bereits mitten in der Mobilitätswende“, sagt Tobias David, Referent von Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung. Wie überall in Deutschland ist der Umstieg vom Auto auf klimafreundlichere Alternativen auch dort kein Selbstläufer. „Aber gesellschaftliche Transformation ist möglich“, betont David. Die Leipziger Bevölkerung wisse das. Sie haben sie bereits durchlebt, 1989, als in den Straßen ihrer Stadt die friedliche Revolution gegen das DDR-Regime startete. Nach der Wende wurden nach und nach beschädigte und zerfallene Straßen und Häuser wieder hergerichtet und die von Kohlebaggern zerfressene Landschaft zum Seengebiet umgebaut. „Um das zu schaffen, braucht man eine Vision und Leader“, sagt David. „Menschen, die vorangehen, die andere begeistern, mitnehmen und Zeithorizonte aufzeigen, bis wann, was erreicht werden kann“, sagt er. Diese Qualitäten seien jetzt wieder notwendig, um die Mobilitätswende zu gestalten.

Von außen betrachtet sind die Erfolge in Leipzig beim Radverkehr eher durchschnittlich. 2018 lag der Anteil der Radfahrerïnnen bei 18 Prozent am Gesamtverkehr. „In Sachsen sind wir das kleine gallische Dorf des Radverkehrs“, Robert Strehler, Vorstandschef beim Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) in Leipzig. Während im Umland der Radverkehr stagniere, wachse er in Leipzig. Lob verteilt der Fahrradaktivist nicht leichtfertig. Im Sommer hat sein Landesverband der Regierung von Michael Kretschmer (CDU) schlechte Noten beim Ausbau des Radverkehrs ausgestellt. Nach zweieinhalb Jahren im Amt habe die Landesregierung gerade mal zwei von 15 Projekten zum Radverkehr in Sachsen umgesetzt, kritisierte der ADFC-Landesverband. Das sei in Leipzig anders. „Der politische Wille, den Radverkehr auszubauen, ist hier in den Ämtern angekommen“, sagt Strehler. Mehr noch: „Die Stadt baut auf Zusammenarbeit“, sagt er.

Der Mann hält den Fahrradlenker fest und blickt in die Kamera
Tobias David erledigt die meisten seiner Wege mit dem Fahrrad