Empowerment: Wie dem Tropenmuseum eine multimediale Erzählung des Kolonialismus gelungen ist

Ein Rundgang durch die neue Dauerausstellung „Unser koloniales Erbe“ des größten ethnologischen Museums der Niederlande

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Prozession von Männer und Frauen unterschiedlicher Hautfarbe, die unterschiedliche Fahnen tragen.Fahnen

Es ist kein Geheimnis, dass die Museen andernorts, und in besonderem Maße in den Niederlanden, den deutschen ein paar Schritte voraus sind. Das gilt auch für die ethnologischen Museen. Das Tropenmuseum in Amsterdam hat sich in seiner langen Geschichte schon mehrfach gehäutet. Es präsentiert sich seit einer Weile multimedial, einfallsreich und bewundernswert entspannt. Vor kurzem wurde die neue Dauerausstellung eröffnet, die das koloniale Erbe aus heutiger Perspektive vielstimmig in Szene setzt. Wie funktioniert diese Schau, in der die ethnologischen Objekte keine hervorgehobene Rolle mehr spielen? Welche Themen vermittelt sie? Und an wen richtet sie sich? Ein Bericht von DebatteMuseum aus Amsterdam.

Die Plakate an den Hauptverkehrsadern von Amsterdam sind nicht zu übersehen. Sie laden zum Festival Keti Koti ein, das die Abschaffung der Sklaverei 1863 auf den Antillen und Surinam feiert. Jeweils am 1. Juli findet eine Zeremonie am Nationalen Denkmal für Sklaverei im Oosterpark statt, die an die Verbrechen des niederländischen Kolonialismus erinnert. Auf der gegenüberliegenden Seite des Parks liegt das Tropenmuseum, das ehemalige Kolonialmuseum, das sich zu eben dieser Gegenwart, der Debatte um die Anerkennung kolonialer Gewalt, verhalten muss. Die neue Dauerausstellung „Unser koloniales Erbe“ tut dies auf ihre Weise. Sie ist Ort des Empowerments, des Innehaltens und des Lernens zugleich. Sie weitet den Blick für die Ursachen und auch die Folgen des Kolonialismus: den latenten Rassismus, den Raubbau an den natürlichen Ressourcen und die Vielfalt der niederländischen Einwanderungsgesellschaft.

Worum es geht, wird klar kommuniziert: „Die Ausstellung illustriert, wie Kolonialismus die Welt mitformte, in der wir heute leben, und wie die Menschen damit umgegangen sind“. Dieser so schlicht formulierte, aber sehr komplexe Anspruch hallt in der Inszenierung der 500 Objekten wider, unter denen außergewöhnlich zahlreiche Kunstwerke sind. In der für sieben Jahre eingerichteten Schau spielen die ethnologischen Objekte keine hervorgehobene Rolle. Dokumentarische Fotografien, Videos und Installationen schaffen eine Art flexiblen, dokumentarischen Hypertext, der Geschichte und Gegenwart assoziativ verschränkt. Zusammengehalten werden die Elemente durch ein Netzwerk von Korrespondenzen, das sich wie eine unsichtbare Hülle über die Ausstellung legt. Partner bei der Realisation der lebendig wirkenden Ausstellung war das Büro kossmandejong, das auch schon für das Historische Museum Frankfurt gearbeitet hat.

Ein Raum der verschiedene Ausstellungsstücke zeigt.
Die Künstlerin Marlene Dumas schuf für das Tropenmuseum eine Serie von Aquarell-Zeichnungen. Sie zeigen Porträts von Besucher*innen des Museums und des Tropeninstituts.
Blick in den Ausstellungsraum, auf deren rechter Seite ein monumentales Bild in schwarzweiß zu sehen ist.
Der indonesische Künstler Maryanto erinnert an die größte Goldmine der Welt in Neuguinea, die zerstört wurde.
Ausstellungsgestaltung zum Thema Vermischung der Relegionen.
Multimediales Erzählen im Tropenmuseum Amsterdam: Sammlungspbjekte, eine zeitgenössische Skulptur, Videos und Fotografien verweben Gegenwart und Vergangenheit.