Straßenkünstler Invader: Schnitzeljagd mit den legendären UFOs

Ein französischer Streetartist fertigt aus Kacheln Kunstwerke an, die in immer mehr Städten an Häuserwänden zu sehen sind. Mit einer App können Sammler ihre eigenen Galerien anlegen. In Deutschland wird man vor allem in München, Köln und Berlin fündig

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An einer Hauswand in Paris prangt eine grob gepixelte  Mona Lisa aus Kacheln.

Wäre es besser gewesen, unsere Pariser Freunde hätten uns nichts von ihrer Leidenschaft erzählt, hätten uns verschwiegen, wohin ihre Blicke schweifen, wenn sie in ihrer Stadt unterwegs sind, in deren Zentrum sie wohnen? In jedem Fall wäre diese Parisreise eine andere geworden. Wir hätten hierhin und dahin geschaut, in die Eingänge der schönen Geschäfte, in quirlige Bars und Cafés, auf die verschnörkelten Fassaden von Jugendstilgebäuden und die liebevoll gepflegten Miniparks, die in den vergangenen Jahren entstanden sind. Mit Sicherheit hätten wir unsere Aufmerksamkeit nicht auf eigentlich völlig unspektakuläre Häuserecken, Torbögen, Mauern und sonstige Flächen in drei bis vier Meter Höhe gerichtet.

Aber schon am ersten Tag unseres Aufenthalts, bei einem Spaziergang vom Marais zum Musée d’Orsay, war es geschehen – um uns geschehen, um genauer zu sein. Mein Freund Steven und sein Sohn Vadim zückten exakt im selben Moment ihre Handys, riefen eine App auf, fotografierten eine Hauswand. Dann lächelten beide von einem Ohr zum andern. Die Hauswand war übersät mit kleinen Straßenkunstwerken, einer Raumkapsel, einer stilisierten Eule, einem Totenkopf, einem Pandabärenskelett, einer winkenden Hand mit vier Fingern. Doch unsere Freunde hatten es auf ein kleines Viereck aus grauen und schwarzen Fließen abgesehen, das man wahlweise für einen Topf, ein Gesicht oder ein UFO halten konnte.

Schon mehr als 4200 Kunstwerke an 80 Orten

„Invader!“, sagte Vadim. „Invader?”, sagte ich. „20 Punkte!”, sagte er. „20 Punkte?“, sagte ich. Dann weihten sie uns ein. „Invader“ nennt sich ein Straßenkünstler, der nicht ganz so bekannt ist wie Banksy, aber es doch schon zu einigem Ruhm gebracht hat. Der Künstlername kommt von der Urform der Fließen-Kunstwerke, die „Invader“ meist bei Nacht anbringt: Stilisierte Raumschiffe aus dem gleichnamigen legendären Computerspiel, das seit den 1980ern Jahren populär ist und auch in Zeiten perfekter digitaler 3D-Welten noch immer viele Anhänger hat. Im Spiel bilden die Raumschiffe lange Reihen, die sich immer weiter der Erde nähern, sofern man sie nicht abballert. Auf den Kachel-Kunstwerken verwandeln sie sich in Kommentare zu unserer Zeit.

Ein Kachelbild mit der Silhouette von Paris und der Aufschrift Paris sowie einem stilisierten UFO am Eckpfeiler einer Brücke über die Seine.
Wegweiser für Außerirdische? Auch an der Seine ist Invader präsent.
Kleines Kachelkunstwerk hoch an einem Altbau im Zentrum von Paris.
Meist sind die Straßenkunstwerke unauffällig oder gut versteckt – man muss genau hinsehen.
An der Fassade der Gaststätte Lindwurmstüberl ist ein PackMan zu sehen, der Jagd auf Bier macht.
PackMan macht Jagd auf eine Maß.
An einer Brücke hat Invader in welligem Blau und in Goldfarbe ein Kunstwerk in Jugendstil angebracht, im Hintergrund das Schloss Nymphenburg.
Jugenstil-UFOs am Schloss Nymphenburg.
Kunstwerk auf dem Blechdach eines Marktstandes.
Auch auf dem Viktualienmarkt hat Invader sich verewigt.
Invader-UFO an einer Betonwand.
Der Klassiker.
Invader-UFO mit einem Regenbogen.
Klare Botschaft: Invader lässt in München den LGBTQ-Regenbogen leuchten.