Die Halskette

Was ethnologische Objekte erzählen

5 Minuten
Eine Kette aus Strausseneierschalen.

Seit mehr als zwei Jahren debattiert Deutschland über Restitution, über Dekolonisierung, die Modernisierung ethnologischer Museen und Probleme der Provenienzforschung. Dabei spielt das einzelne Sammlungsobjekt, das Exponat, eine zentrale Rolle. Ausgangspunkt der Neukonzeption der Afrika-Ausstellung im Stuttgarter Linden-Museum war gerade deshalb das einzelne Objekt und seine Geschichte. In der Ausstellung rücken auf ersten Blick unscheinbare Dinge ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Ein Gespräch mit der Stuttgarter Afrika-Referentin Sandra Ferracuti über eine Halskette aus Namibia.

Debattemuseum Die Ausstellung „Wo ist Afrika?“ setzt sich zusammen aus den Geschichten von Ihnen ausgewählter Objekte, die hauptsächlich aus dem Kongo-Becken in Kamerun, aus Mosambik, Nigeria und Tansania stammen. Am meisten berührt hat mich diese Kette aus Straußeneierschale. Welche Geschichte erzählt dieses Objekt?

Sandra Ferracuti Der Raum, in dem die Kette gezeigt wird, ist als Raum der Erinnerung gedacht, als Zeugnis der Gewalt, die während der Kolonialzeit herrschte. Anfangs war ich mir nicht sicher, welche Objekte sich eigenen würden. Nichts erschien mir stark genug, auch nicht die Zahlen der Toten, die in die Tausende gingen. Eine Gesellschaftsordnung zerbrach, Menschen wurden erniedrigt, ihre Lebensphilosophie und Lebensart zerstört. Die Geschichte der Herkunft der Halskette und ihre Bedeutung als Zeugnis der Zerstörung der Nation der Herero kamen während des Projekts „Schwieriges Erbe“ mit der Universität Tübingen zum Vorschein. Ich bin sehr vorsichtig mit Objekten aus dem Namibia-Bestand, der während der Kolonialzeit entstanden ist, denn ich weiß, wie schwierig die Beziehungen zwischen Deutschland und Namibia gerade jetzt sind. Unsere Sammlung von Objekten aus Namibia ist nicht groß, es sind rund 1500 Objekte. Ich hatte mir vorgenommen nichts davon zu zeigen, bis die Geschichte besser erforscht ist. Ich wollte die Objekte nicht benutzen, um nur etwas über Kultur zu erzählen, denn Teil des sozialen und politischen Kontexts dieser Sammlung sind Kolonialismus, Krieg und Zerstörung.

Halskette aus Straußen-Eierschalen
„Halsschmuck einer Frau aus Abschnitten von Straußeneischalen. Eine Hererofrau, welche während des Gefechts von Otjihinamaparero (gegen deutsche Kolonialtruppen) am 25. Februar 1904 getötet wurde, abgenommen.“ (Inventarliste 822, von Buttlar-Brandenfels, 29. September 1907)