Schmetterlinge im Winter finden? Dieser Experte verrät, wie Du das schaffst

Von leuchtend weißen Eiern über perfekt getarnte Raupen bis zu Wintereulen bei Nacht – in der kalten Jahreszeit ist in der Falterwelt mehr los als viele denken.

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Eine grün-braun-orangefarben gemusterte Babel zweier dünner Äste. Perfekt getarnt schmiegt sich eine kleine braun-beige Raupe mit grünen Härchen an die Rinde.

Insektenfans müssen im Winter eine Durststrecke überwinden. Vielleicht ein paar Wintermücken sind unterwegs – ansonsten ist es sehr ruhig. Und doch hat das Naturkundemuseum Münster pünktlich zum Jahreswechsel eine neue Citizen-Science-Challenge gestartet: zu Schmetterlingen, den Lepidoptera.

Schon seit einigen Jahren nutzen Citizen-Science-Projekte den Spieltrieb des Menschen, damit Leute ihnen Daten spenden. Letztes Jahr sammelten die Forscher*innen des Museums so Daten zu Wanzen.

Es ist wichtig, dass man das Auge übt.

Toni Kasiske, Schmetterlingsexperte

Und zur Gamification dieser Challenges gehört, dass Menschen in Ranglisten aufsteigen können, je mehr Arten sie entdecken. Wer sich die Schmetterlings-Rangliste ansieht, findet Toni Kasiske ganz weit oben – schon jetzt mitten im Winter. Ein guter Grund, mal bei ihm nachzufragen.

Joachim Budde: Herr Kasiske, Sie haben Mitte Februar schon mehr als 40 verschiedene Falterarten nachgewiesen. Wie machen Sie das?

Toni Kasiske: Die Schmetterlinge leben ja auch jetzt im Winter. Sie haben sich bloß versteckt. Dafür haben die einzelnen Arten verschiedenste Strategien entwickelt. Die einen überwintern als Ei, andere als Raupe, als Puppe oder als Falter. Das sind die Stadien, die Schmetterlinge im Laufe ihres Lebens durchmachen. Wenn man weiß, welcher Schmetterling welche Strategie nutzt, kann man gezielt auf die Suche gehen. Man findet auch Überreste aus dem letzten Jahr, Fraßspuren oder Schlupflöcher, etwa bei Arten, die im Holz leben, zum Beispiel.

Ein Falter sitzt auf einem Ast. Sein linker Flügel leuchtet blau, sein rechter sieht schwarz aus. Weiße Muster und zwei Augenpunkte zieren die Flügel.
Wunderschöner Sommerfalter: Der Große Schillerfalter (Apatura iris) fliegt lediglich im Juli und August – und vor allem in der Südhälfte Deutschlands. Die Raupen sind hingegen zehn Monate lang im Jahr unterwegs und bestens versteckt.
Ein bunter Schmetterling sitzt auf einem Flieder.
Tagpfauenaugen (Aglais io) wie dieses überwintern als ausgewachsene Tiere. Sie suchen sich gut geschützte Verstecke wie Dachboden oder Scheunen.
Ein dunkelbrauner Ast mit zwei rötlichen Knospen. Direkt daneben sitzen zwei leuchtend weiße Eier, deren Oberfläche mit lauter kleinen Löchern gemustert ist.
Sie leuchten schneeweiß und sehen aus wie winzige Seeigel-Skelette: Nierenfleck-Zipfelfalter legen ihre Eier gern in Astgabeln auf Schlehen – auch wenn an dieser Stelle der Ast erst noch wachsen muss.
Ein orangefarbener Schmetterling von der Seite. Auf den Flügeln trägt er weiße und schwarze Linien. Ganz hinten an den Hinterflügeln ragen Zipfel nach hinten, die dunkelorangefarben, schwarz und weiß gezeichnet sind.
Während die Eier einigermaßen einfach nachzuweisen sind – so steht es zumindest in der Literatur – bekommen Menschen die ausgewachsenen Nierenfleck-Zipfelfalter (Thecla betulae) eher selten zu Gesicht. Ihren Namen haben sie übrigens von dem Zipfel an der Hinterseite der Hinterflügel.
Ein grüner Zweig. Neben den braunroten Knospen kaum zu erkennen sind zwei Raupen, die wie kleine Nacktschnecken aussehen.
Was ist hier Raupe und was Knospe? Die heranwachsenden Großen Schillerfalter sind extrem gut getarnt.