Über die Saurierforscherin Mary Anning – und die Schwierigkeit, ein Leben als Comic zu erzählen

Im History-Podcast Über Geschichte geht es heute um eine Vorreiterin der Paläontologie. Mary Anning stellte im 19. Jahrhundert das Wissen über die Vorzeit auf den Kopf. Und wurde ignoriert. Carola Dorner hat über sie einen Kurz-Comic getextet.

vom Recherche-Kollektiv Über Geschichte: ,
3 Minuten
Mary Anning mit Korb und Hund an der Küste

Mary Anning wird in die Fossilienkunde hineingeboren. 1799 kommt sie an der Südküste Englands zur Welt. Ihr Vater ist Handwerker, aber das Einkommen reicht hinten und vorne nicht. Um die Familie durchzubringen, geht er nach der Arbeit am Strand Fossilien suchen, die er an Touristen verkauft. Mary begleitet ihn. Schnell lernt sie, in welchen Gesteinsschichten versteinerte Tiere und Pflanzen zu finden sind; welche Steine sie umdreht und welche sie liegenlässt.

Als sie neun ist, stirbt ihr Vater. Das Mädchen zieht von nun an alleine los. Vor allem nach Stürmen, wenn die Erde ins Rutschen gekommen ist, findet sie Neues. Ammoniten, versteinerte Pflanzen und schließlich sogar einen ganzen Schädel. Elf Jahre alt ist sie zu diesem Zeitpunkt.

Ein Knochen bringt das Verständnis über die Geschichte ins Wanken

Der Schädel sieht aus, wie der Kopf eines Drachens, wie eine Mischung aus Krokodil und Fisch. Wie wir heute wissen, gehört er zu einem Ichtiosaurus, wie Forscherinnen und Forscher die Art später nennen werden. Für Mary Anning ist nur klar: Er gehört offensichtlich zu keiner Art, die noch auf der Erde lebt. Deshalb gilt er als der erste Beweis dafür, dass Arten aussterben können. Ein Skandal, denn dass Arten aussterben, war im stark religiös geprägten Weltbild der Zeit nicht vorgesehen. Gott hatte die Welt doch perfekt geschaffen. Oder nicht?

Mary macht, was sie immer macht. Sie präpariert den Schädel, zeichnet ihn ab, schreibt auf, wo sie ihn gefunden hat – und verkauft ihn. Ein Wissenschaftler von der Paläontologischen Gesellschaft kauft ihr den Schädel ab und stellt ihn aus – die Ehre für den Fund beansprucht er für sich.

Auch als Mary später den Rest des Tiers findet und präpariert, wird ihr Name verschwiegen. Denn Mary Anning hat drei Nachteile: Sie ist arm, sie hat keine formale Bildung – und sie ist eine Frau.

Die Autodidaktin

Trotzdem beißt sie sich durch. Mit Mitte 20 eröffnet sie einen Laden, in dem sie Fossilien und anderen Fundstücke anbietet. Experten wissen: Was sie präpariert und katalogisiert, ist perfekt. Und sie wissen: Neue, oft spektakuläre Erkenntnisse bekommen sie hier auf dem Silbertablett serviert. Mary findet Tinte in Tintenfischversteinerungen. Zwischen den Steinen an der stürmischen Küste vor Dorset ist sie die erste, die versteinerten Saurierkot findet, zuordnen und interpretieren kann.

Irgendwann kommen auch die Herren von der Paläontologischen Gesellschaft nicht mehr an ihr vorbei. Sie gewähren Mary eine kleine jährliche Pension. Aber erst lange nach ihrem Tod werden ihre Erkenntnisse von der Fachwelt gewürdigt. Mary Anning hat mindestens sechs ausgestorbene Arten entdeckt. Ohne sie wäre die Evolutionstheorie von Charles Darwin nicht denkbar gewesen.

⁠⁠Carola Dorner⁠⁠ hat über das Leben von Mary Anning im Magazin "Zeit Leo", Ausgabe 5/2023, geschrieben.

Im Gespräch mit Tobias Sauer⁠ erzählt sie, warum sich Mary Anning für ihren Job in Lebensgefahr begab und welche Entdeckungen auf sie zurückgehen. Außerdem berichtet Carola Dorner von den besonderen Herausforderungen, eine Lebensgeschichte in nur sechs Bildern und wenigen Sätzen darzustellen.

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