Inzidenz oder Intensivstation: Was soll über neue Corona-Beschränkungen entscheiden?

Immer mehr Menschen sind gegen Corona geimpft. Welche Parameter helfen nun der Politik, die Gefahren der Pandemie einzuschätzen?

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Menschen drängen sich beim Einkaufen in einer typischen deutschen Fußgängerzone. Einige tragen Gesichtsmasken zum Schutz vor einer Coronainfektion.

Die Hälfte der Deutschen genießt schon heute „vollständigen Impfschutz“. Sie haben deshalb ein niedriges Risiko, an Covid-19 zu erkranken und ein sehr niedriges Risiko, wegen eines ernsten bis lebensbedrohenden Krankheitsverlaufs in ein Krankenhaus oder gar auf eine Intensivstation zu müssen.

Gleichzeitig steigt die Zahl positiver Coronatests an. Die 7-Tage-Inzidenz nähert sich deutschlandweit der 15. Zuletzt galt eine Inzidenz von 50 als kritische Marke, ab der zusätzliche Maßnahmen zur Begrenzung von Kontakten notwendig wurden.

Hält das derzeitige exponentielle Wachstum an, bei dem jede Woche die Inzidenz um bis zu 75 Prozent steigt, dann ist der 50er Wert bereits in zwei bis fünf Wochen erreicht. Allerdings wird dann ein Teil der Infizierten geimpft sein, was sowohl die persönliche Gefahr senkt, als auch die Wahrscheinlichkeit einer Weiterverbreitung des Virus verringert.

Ist die Corona-Inzidenz 200 wirklich „das neue 50“?

Gesundheitsminister Jens Spahn sagt deshalb, die Zahl „200 ist das neue 50“. Man müsse die Inzidenz mit dem Faktor vier multiplizieren, um die aktuelle Situation mit jener im Frühjahr zu vergleichen. Drei Viertel der über 60-Jährigen seien mittlerweile voll geimpft und deshalb weitgehend geschützt. Damit habe sich das gesellschaftliche Risiko entsprechend verringert. Der Virologe Christian Drosten von der Charité in Berlin, sieht es ähnlich, warnt aber davor, sich in falscher Sicherheit zu wiegen. Selbst die „Vervierfachung wäre bei einer Verdopplungszeit von vielleicht 10 bis 14 Tagen in weniger als einem Monat erreicht.“

Eine Grafik zeigt die Zahl der Corona-Inzidenzen seit Herbst 2020. Diese sind in der zweiten Welle über 200 gestiegen, erreichten in der dritten Welle 175 und liegen jetzt knapp unter 15.
Die 7-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen pro 1000.000 Einwohnern in Deutschland seit dem Herbst 2020, einmal für alle Altersgruppen und einmal für Menschen mit einem Alter ab 60 Jahren. (Diese Grafik wurde am 30.7.2021 aktualisiert.)
Mehrere menschliche Zellen mit einer zottigen Oberfläche. Darauf sitzen kleine gelb eingefärbte Viren.
Die neuen Coronaviren Sars-CoV-2 gelb eingefärbt auf einem menschlichen Gewebe.