STIKO: Corona-Impfung für Kinder unter fünf Jahren nur bei erhöhtem Risiko

Die Ständige Impfkommission spricht für Babys und Kleinkinder keine allgemeine Empfehlung aus, sondern nur bei Vorerkrankungen, die einen schweren Covid-Verlauf begünstigen.

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Ein kleines Mädchen erhält eine Impfung in den Oberarm.

Die Ständige Impfkommission STIKO empfiehlt die Corona-Impfung Kindern unter fünf Jahren derzeit nur, wenn sie ein erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-Verlauf haben. Dazu zählen etwa Kinder mit Herzfehlern, angeborener Immunschwäche, Krebserkrankungen oder Frühgeborene in den ersten beiden Lebensjahren. Nach Schätzung des STIKO-Mitglieds Martin Terhardt bei einer Pressekonferenz des Science Media Center Germany betrifft das in Deutschland etwa 10 bis 15 Prozent der Altersgruppe.

Warum die STIKO die Corona-Impfung nicht für alle Kinder empfiehlt

Bei gesunden Kindern zwischen sechs Monaten und fünf Jahren wird die Impfung dagegen nicht allgemein empfohlen. Die STIKO begründet diese Entscheidung damit, dass es für den Nutzen der Impfung bisher nur relativ wenig belastbare Daten gebe.

Hinzu komme, dass die Krankheitslast in dieser Altersgruppe sehr gering zu sein scheine, die meisten Kinder hätten keine oder nur leichte Beschwerden. Das Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS) mit schweren entzündlichen Reaktionen sei bei der Omikron-Variante deutlich seltener als noch mit dem Wildtyp des Virus und inzwischen gut zu behandeln.

Nach Aussagen der STIKO gibt es bisher keine verlässlichen Zahlen zum Long-Covid-Risiko für Kinder unter fünf Jahren. Allerdings sei das auch schwer zu erfassen, weil diese über Beschwerden wie Abgeschlagenheit oder Krankheitsgefühl nicht wie Ältere Auskunft geben könnten. Ob die Impfung wie bei Erwachsenen auch bei Babys und Kleinkindern das Risiko für Long-Covid reduzieren kann, sei bisher nicht klar.

Zudem seien die Erfahrungen zur Sicherheit des Impfstoffs bisher begrenzt. Eine Auswertung von Impfungen in den USA verzeichnet bei rund einer Million verabreichter Impfdosen in dieser Altersgruppe bislang keinen bestätigten Fall einer Herzmuskelentzündung (Myokarditis).

Impfung für Kontakte von Risikopersonen nur im Einzelfall

Bei Kindern unter fünf Jahren gibt es auch keine grundsätzliche Impfempfehlung, wenn sie Kontakte zu Risikopersonen haben. Eine entsprechende Empfehlung, die im ersten Halbjahr für die 5– bis 11-Jährigen ausgesprochen wurde, hat die STIKO mit der aktuellen Empfehlung wieder relativiert. Ob eine Impfung sinnvoll ist, sollte im Einzelfall abgewogen werden. Die Begründung: Es sei inzwischen klar, dass die Impfung vor der Ansteckung mit der Omikron-Variante und der Weitergabe nur begrenzt schütze. Deshalb sei der Fremdschutz kein starkes Argument mehr für die zweifache Impfung gesunder Kinder in dieser Altersgruppe.

Terhardt verwies aber darauf, dass die Empfehlung zur einmaligen Impfung gesunder 5– bis 11-Jähriger weiter bestehe. Eine zweite Impfdosis sei angesichts der niedrigen Gefährdung durch die Omikron-Variante und den hohen Anteil an bereits infizierten Kindern nicht notwendig. Laut Impf-Dashboard des Robert-Koch-Instituts haben bisher nur etwas mehr als 20 Prozent in der Altersgruppe eine Corona-Impfung erhalten.

Wie Kinder unter fünf Jahren geimpft werden

Die Corona-Impfung für die unter Fünfjährigen ist in der EU seit Mitte Oktober zugelassen, in den USA bereits seit Ende Juni. Derzeit steht in Deutschland für diese Altersgruppe nur der Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer zur Verfügung.

Für die Grundimmunisierung werden bei Comirnaty für die unter Fünfjährigen drei Spritzen benötigt: Die ersten beiden Impfungen im Abstand von drei Wochen, die dritte Impfung dann mindestens acht Wochen nach der zweiten Spritze. Der Impfstoff für die Jüngsten enthält nur ein Zehntel der Dosis, die Jugendliche und Erwachsene bekommen.

Ein Booster für besondere Risikogruppen ist laut STIKO in dieser Altersgruppe bisher nicht vorgesehen. Auch stehen – anders als für die Älteren – bisher keine Impfstoffe zur Verfügung, die an die Omikron-Variante angepasst sind.

Impfempfehlungen in anderen Ländern

International gibt es sehr unterschiedliche Empfehlungen zur Corona-Impfung für Babys und Kleinkinder.

Die Impfempfehlungen in Österreich für die unter Fünfjährigen entsprechen denen der STIKO: Allgemein empfiehlt das Nationale Impfgremium die Impfung nur für Kinder mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Allerdings wird auf die Möglichkeit hingewiesen, dass je nach persönlicher Situation auch gesunde Kinder eine Impfung erhalten können.

In den USA ist die Corona-Impfung für alle Kinder ab sechs Monate empfohlen. Das Impfgremium ACIP begründet die Empfehlung damit, dass die Immunantwort nach einer Infektion sehr unterschiedlich ausfallen kann. Zudem mussten während der Omikron-Welle viele Kinder in den USA im Krankenhaus behandelt werden, obwohl sich zuvor bereits mehr als 70 Prozent der unter Fünf-Jährigen mit SARS-CoV-2 infiziert hatten. Das spreche dafür, dass trotz der begrenzten Datenlage der Nutzen der Impfung die Risiken übersteige.

In Dänemark dagegen werden Kinder und Jugendliche inzwischen gar nicht mehr gegen Covid geimpft, außer wenn sie zu Risikogruppen gehören. Die Begründung: Gesunde Kinder und Jugendliche hätten mit der Omikron-Variante nur noch ein geringes Risiko für einen schweren Verlauf.

Die Recherchen zu diesem Beitrag wurden über die Riff freie Medien gGmbH aus Mitteln der Klaus Tschira Stiftung gefördert.

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