Woher kommt der Plastikmüll in der Donau?

Forscherïnnen haben angeschwemmte Abfälle in Österreich und der Slowakei untersucht

vom Recherche-Kollektiv Flussreporter:
7 Minuten
Schotter-Ufer der Donau im Bereich der Au mit Plastikabfällen.

Ein Forschungsprojekt hat den Plastikmüll in der Donau in Österreich und der Slowakei untersucht und eine Methode entwickelt, wie man die Abfälle sammeln, sortieren und analysieren kann.

Eine Paddeltour auf der Donau oder eine Wanderung durch den Nationalpark Donauauen südöstlich von Wien, dann Sonnenbaden auf einer Schotterbank und eine Abkühlung im Fluss. – Das sind schöne Vergnügen an einem heißen Sommertag. Doch die Freude wird rasch getrübt, wenn man am Ufer, im Fluss oder mitten in der Au auf Müll stößt.

Obwohl im Nationalpark Donauauen so gut wie niemand PET-Flaschen oder Plastikverpackungen wegwerfe, seien derlei Dinge dort in nicht geringer Zahl zu finden, sagt Gudrun Obersteiner vom Institut für Abfallwirtschaft der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien. Wie gelangen diese Abfälle bis tief in den Auwald, selbst dort, wo keine Besucher hinkommen?

Forscherinnen und Forschern sortieren im Freien Plastikmüll in verschiedene Behälter.
Im Forschungsprojekt wurde der gesammelt Plastikmüll fein säuberlich sortiert.

Bei Hochwasser schwimmt das Plastik weit

Ziel des Projektes war unter anderem, eine einheitliche Methode zur Erfassung von Plastikabfällen in Flüssen zu entwickeln, die Vergleiche über ganz Europa und längere Zeiträume ermöglicht. An 15 zufällig ausgewählten Testflächen wurde dafür das Ufer von Müll gesäubert und dann mehrmals geschaut, wieviele und welche Plastikabfälle nachgekommen waren. Der Müll wurde sortiert und detailliert nach Menge, Material und Art des Abfalls erfasst.

Das Institut für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung unterstützte das Forschungsprojekt mit hydrodynamischen 3D-Modellen, mit deren Hilfe sich vorausberechnen lässt, an welche Uferabschnitte Material angeschwemmt werden wird und in welche Bereiche der Auen links und rechts der Donau Hochwasser fließt. Dort wurde dann gezielt nach Plastikabfällen gesucht.

„Bei starkem Hochwasser werden vor allem leichte Materialien wie Polystyrol oder PET-Flaschen bis tief in die Au verfrachtet“, erzählt Gudrun Obersteiner. Besonders schlimm ist es, wenn das Polystyrol dabei zerbröselt, weil man die zahllosen kleinen Kügelchen nicht mehr einsammeln kann und sie nach menschlichem Maß bis in alle Ewigkeit dort verbleiben.

Polystyrol-Kugerl zwischen Schwemmholz.
Polystyroll können bis tief in den Nationalpark geschwemmt werden. Wenn es in kleine Kugerl zerbröselt, kann man es nicht mehr einsammeln.
Angeschwemmtes Totholz mit Plastikabfällen dazwischen liegt an einer Wasserstelle in der Au
Plastikmüll vermischt mit Totholz – das lässt sich kaum sortieren.
Breiter Altarm der Donau im Nationalpark mit Auwald links und rechts.
Wer seine Getränkeflaschen und andere Abfälle korrekt entsorgt, schützt damit auch den Nationalpark Donauauen.

Wie kann man verhindern, dass Plastik in die Donau gelangt?

Ein weiteres Ziel des Forschungsprojekts „Plasticfree Danube“ war, einen Aktionsplan zu erstellen, wie der Plastikmüll in der Donau reduziert werden kann. So wäre es denkbar, an geeigneten Stellen am Ufer Auffangstellen zu bauen, an denen man den Müll leicht entfernen kann.

Noch wichtiger ist es, zu verhindern, dass Müll in der Donau landet. Im Forschungsprojekt wurden deshalb auch Unterrichtsmaterialien für Schulen über Plastikvermeidung und Müllentsorgung entwickelt, ein Podcast produziert und mit Kindern Müll getrennt.

Gudrun Obersteiner hat noch viele Ideen dazu und der internationale Austausch hat gezeigt, dass der Plastikmüll in der Donau weiter flussabwärts ein noch viel größeres Problem ist. Nämlich dort, wo teils in großem Stil Müll in die Flüsse entsorgt wird – und irgendwann im Meer landet. Im Sommer 2020 wurde deshalb das Nachfolgeprojekt „Tid(y)Up“ gestartet, das sich mit dem Plastik-Strom in Theiß und Donau bis zum Schwarzen Meer beschäftigen wird.