Das Schiff, das Vögeln eine Stimme gibt

Wie der Fotograf Claudius Schulz mit einer alten Abflugtafel aus einem Flughafen, einem Schiff und einer Überwachungskamera Vögeln eine Stimme gibt

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Das Forschungsschiff Zoë X mit montierter Anzeigetafel aus einem Flughafen zeigt den Vogelzug

Gen Eimsbüttel gleitet ein Flugtier

Wie oft schon hat man in den Himmel geschaut und beim Anblick der Vögel gedacht: Wer seid ihr und wohin fliegt ihr? Und jetzt steht der Fotograf Claudius Schulze an einer Kaimauer im Osten Hamburgs und hat die Antwort. Hinter ihm auf der tiefgrünen Bille ankert sein Werk: die "Zoë X«, ein 15 Meter langes, ehemaliges Schlepp- und Bereisungsschiff, das er tiefschwarz lackiert und zum Forschungsschiff umgerüstet hat. Auf dem Vordeck, unter einer Glashaube hat er eine hochempfindliche Überwachungskamera montiert, die Tag und Nacht den Himmel filmt. Hinten auf der Ladefläche steht eine wuchtige schwarze Tafel fest montiert, “Ankunft/Arrivals” steht da in weißer Schrift und die elektronische Anzeige verkündet: „Gen Eimsbüttel gleitet ein Flugtier um 19:11”. “FIDS Open Research Lab” hat Schulze das Projekt genannt. Das FIDS kommt von der Anzeigetafel, einem »Flight Information Display System« wie man es aus der An- und Abflughalle eines Flughafens kennt Bis Mitte August wird das mit Sensoren vollgepackte Schiff den Vogelflug über Hamburg dokumentieren. Und jeden Vogel am Himmel auf der Tafel vermelden.Sobald sich die Anzeige ändert, fallen die Köpfe in den Nacken, schwenkt die Blickbewegung aller Umstehenden von der Tafel in den Himmel. Davor steht jetzt der echte Hamburger Verkehrssenator Anjes Tjarks und erklärt mit Inbrunst, warum dieses Kunstprojekt in seinen Zuständigkeitsbereich fällt: „Du hast in deiner Anfrage gesagt, es ginge um ein Projekt am Schnittpunkt von Kultur und Wissenschaft. Du hast vergessen, dass es beim Vogelzug um Verkehr geht.“

Claudius Schulze stellt sein projekt zur Vogelbestimmung mit Künstlicher Intelligenz vor
Fotograf Claudius Schulze vor seinem Schiff Zoe X
Vier schwarze 5G Antennen auf dem Dach des Forschungsschiffs Zoe X
Vier Mobilfunkantennen auf dem Dach des Schiffs sorgen für die Übertragung der Sensordaten
Ein overheadprojektor projeziert Pythoncode an eine Fabrikwand
Der Code zur Vogelerkennung wird in der Ausstellung „Spuren der Zerbrechlichkeit“ an die Wand projeziert
Ein Schraubglas mit Konservierungsflüssigkeit und verhungerter Kohlmeise auf schwarzer Steele
Exponat Ausstellung „Spuren der Zerbrechlichkeit“: Eine verhungerte Meise im Glas