KI und autonome Überwachung – so bereitet sich Paris auf die Olympischen Spiele 2024 vor

Um die Sicherheit und den Verkehr während der Olympischen Spiele 2024 zu kontrollieren, soll „Serenity“, ein fragwürdiges Überwachungssystem alles und jeden im Blick haben.

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Hellerleuchteter Eiffelturm mit der Beschriftung „Paris 2024“

Vom 26. Juli bis zum 11. August 2024 finden in Paris die Olympischen Sommerspiele statt. Millionen Besucher werden sich in die französische Hauptstadt drängen, die jetzt schon aus allen Nähten platzt. Wie mit diesen Menschenmassen umgehen? Und vor allem: Wie ihre Sicherheit garantieren? Nicht nur weil die Stadt wiederholt zum Schauplatz terroristischer Attentate wurde, ist die Sorge berechtigt. Auch das letzte Sportevent internationalen Ranges endete in einem Fiasko. Ein Konsortium französischer Firmen hat sich eine Lösung überlegt, mit der eine noch nie dagewesene autonome Überwachung einher gehen würde. Die Olympischen Spiele dienen dabei als Testphase.

238 Verletzte, 105 Festnahmen und Einsatz von Tränengas – eine unerwartete Bilanz des Champions-League-Finale am 28. Mai in Paris. Das Aufeinandertreffen der Vereine FC Liverpool und Real Madrid versprach ein sportliches Event der Superlative. Dass Madrid mit 1:0 als Sieger aus diesem Spiel hervorging, war jedoch Nebensache. Stattdessen überschlug sich die Presse und verstörende Bilder gingen um die Welt: Ein wildes Durcheinander von überforderten Sicherheitskräften und wütenden Fußballfans, die über Sicherheitsabsperrungen kletterten, bevor die Polizei anrückte und sie mit Tränengas zum Rückzug zwang. Videos zeigen wie Menschen, gebückt und nach Luft schnappend, zu Boden gehen. Insgesamt verzögerte sich der Anpfiff um eine halbe Stunde. Erst gegen Ende der ersten Halbzeit schien die Situation so weit unter Kontrolle, dass die meisten endlich das Spiel sehen durften. Doch Medienberichten zufolge verbrachten 2.700 Pechvögel ihren Abend nicht wie geplant auf den Tribünen des Stadions, sondern im Chaos vor den Eingängen des Stade de France, auf der Polizeiwache oder im Krankenhaus.

Laut Aussagen des Europäischen Fußballverbandes UEFA und der örtlichen Behörden, soll es durch zahlreiche gefälschte Tickets, die vorab im Internet aber auch vor dem Stadion verkauft wurden, zum Stau an den Eingängen gekommen sein, was in Panik und Gewalt endete. Die Untersuchungen laufen noch. Der französische Innenminister Gérald Darmanin behauptet, etwa 120.000 Menschen hätten versucht in das Stadion zu gelangen. Das wären 40.000 mehr als darin Platz finden könnten.

Beweise gibt es dafür bisher nicht. Fragt man die Besucherïnnen, so hätten die Organisatoren auf ganzer Linie versagt und unnötige Gewalt gegen die ausländischen Fans angewandt. So oder so, der Ausgang dieses Spiels ist für den Gastgeber Frankreich, der sich auf die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele in zwei Jahren vorbereitet nicht nur peinlich, sondern besorgniserregend, denn die französische Hauptstadt wird es mit deutlich mehr Menschen zu tun haben als nur ein paar Hundert Tausend.

Vorbereitungen in Paris: Wohin mit 13 Millionen Besucherïnnen?

In Paris wird schon seit Monaten gebohrt, gehämmert und gebaut. Trotz Sommerferien und Hitzewelle, die Frankreich seit Wochen fest im Griff hat, werkelt man hier tüchtig. Kräne zieren den Himmel, während rumorende Baustellen und Wartungsarbeiten dem aufmerksamen Spaziergänger verraten: Hier, auf einem 50 Hektar großen Gelände zwischen den verpönten Banlieues Ile-Saint-Denis, Saint-Ouen und Saint-Denis werden ein Luxushotel, Austragungsplätze und das Olympische Dorf gebaut. Nach den Sommerspielen sollen die Gebäude ein neues Viertel mit 1.400 Wohnungen bilden und das schon lange bekannte Problem der Wohnungsnot teilweise lösen.

Die Einheimischen bereiten sich auch privat auf das Event vor. Einige gestalten mit Blick auf eine lukrative Untervermietung über Plattformen ihre Wohnung um. Das Einreißen einer Wand oder das Einbauen einer mezzanine, eine Art Halbgeschoss, das gerne zur platzsparenden Unterbringung eines zusätzlichen Hochbetts genutzt wird, kann durchaus lohnend sein, denn laut Auskunft der Pressestelle der Olympischen Spiele muss die Stadt nicht nur etwa 200.000 akkreditierte Athletïnnen, Trainerïnnen und Journalistïnnen sondern auch über 13 Millionen Zuschauerïnnen aus aller Welt 16 Tage lang unterbringen. Die ersten Buchungen trudeln bereits ein.

Wie sollen sich all diese Menschen fortbewegen und wie soll man den reibungslosen Ablauf eines solchen Mega-Events garantieren? Die Firmen Atrisc, Inocess, Videtics, Onhys und Siradel, die in den Branchen Sicherheit, Videoüberwachung, Künstliche Intelligenz, Energie und Elektronik tätig sind, haben gemeinsam mit der Universität Côte d’Azur Imredd an einer Lösung getüftelt. Sie bilden das Konsortium hinter „Serenity“ – einem System, das einen noch nie dagewesenen Grad an Überwachung und Kontrolle verspricht.

Das offizielle Logo der Olympischen Spiele, eine Flamme mit Mund, auf deinem Bildschirm.
Das offizielle Logo der Olympischen Spiele 2024 in Paris
Ein mit Menschen gefüllter Konferenzraum
Ein Teil des Konsortiums bei der Vorstellung von Serenity am 23. Juni in Marseille
Flyer über das System Serenity im Gang
Ob Serenity von den Menschen in Frankreich akzeptiert wird?