Koloniales Erbe von Tansania und Deutschland: Der Bismarck Rock in Mwanza und sein Nachbau in Würzburg. Botschafter von Tansania fordert Umbenennung

Wie reagieren die Städte Mwanza und Würzburg? Was meinen Bürgerïnnen? Was sagen Expertïnnen?

22 Minuten
Ein Comicbild. Die Szene zeigt unsere Autorin Ramona Seitz während ihrer „Spaziergänge zu Orten mit Bezug zu kolonialem Erbe“ im Oktober 2020. Ramona Seitz ist von hinten abgebildet, wie sie eine Sehenswürdigkeit fotografiert. In einer Gedankenblase abgebildet ist Felsformation im Viktoriasee vor der Küste von Mwanza, Tansania. Diese Felsformation ist als „Bismarck Rock“ bekannt.

Das koloniale Erbe von Deutschland ist vielfältig. Mein Fokus liegt auf dem kolonialen Erbe von Tansania und Deutschland. Hierzu recherchiere ich seit Jahren. Gemeinsam mit dem tansanischen Comiczeichner Marco Tibasima habe ich Bilder entworfen, die Stationen meiner Recherche zeigen.

Für diese Beitragsserie habe ich letzte Woche den Botschafter von Tansania Dr. Abdallah Possi interviewt. Es war nicht unser erstes Interview. Ich hatte anlässlich der Eröffnung des Humboldt Forums und eines wenige Tage zuvor veröffentlichten Statement des nigerianischen Botschafters zum Thema Restitution bei der tansanischen Botschaft angefragt, ob ein „Update-Interview“ möglich sei. Im Rahmen meiner Recherchen hatte ich Indizien dafür wahrgenommen, dass möglicherweise auch Tansania dabei ist, eine deutlichere Forderung beim Thema Restitution zu formulieren. Im Interview mit dem Botschafter habe ich hierzu am 14. Oktober 2020 eine Antwort erhalten, mehr dazu später.

Doch Abdallah Possi hat in unserem Interview vom 14. Dezember 2020 auch gefordert, dass sowohl der Bismarck Rock in Mwanza, eine Felsformation vor der Küste der zweitgrößten Stadt Tansanias, als auch der Bismarck-Rock-Nachbau im Würzburger Mwanza-Garten umbenannt werden. Ich habe die betroffenen Städte mit Abdallah Possis Forderung konfrontiert, mit Menschen aus Mwanza und Würzburg gesprochen und Expertïnnen um Einordnungen gebeten.

Das Bild zeigt den Botschafter von Tansania in Deutschland, Dr. Abdallah Possi, an seinem Schreibtisch in der Botschaft in Berlin. Im Hintergrund die Flaggen von Tansania und Deutschland.
Vor zwei Jahren habe ich Dr. Abdallah Possi, den Botschafter von Tansania, zum ersten Mal interviewt. Damals für meine andere Langzeitrecherche zur Situation von Persons with Albinism (PWA) in Tansania. Abdallah Possi ist PWA.
Das Bild zeigt RiffReporter-Autorin Ramona Seitz und den tansanischen Comickünstler Marco Tibasima. Sie sitzen gemeinsam an einem Tisch. Vor Ramona Seitz liegt ein Notizbuch. Marco Tibasima zeichnet an seinem elektronischen Zeichen-Pad.
So haben der tansanische Comiczeichner Marco Tibasima und ich früher zusammengearbeitet. Für die grafische Umsetzung meiner journalistischen Recherche zu kolonialem Erbe konnten wir nur online kommunizieren.
Das Comic-Bild zeigt eine Landkarte mit Europa oben, darin markiert Deutschland, und Afrika unten, darin markiert Tansania. RiffReporter-Autorin Ramona Seitz ist mit FFP2-Maske abgebildet, wie sie WhatsApp-Nachrichten mit einem Bekannten aus Tansania  austauscht. In einer Nachricht symbolisch das Bild von Otto von Bismarck, da in dieser Konversation über Bismarck gesprochen bzw. geschrieben worden ist.
Am 2. Oktober 2020 war ich im Rahmen meiner „Spaziergänge zu Orten mit Bezug zu kolonialem Erbe in Berlin“ unterwegs vom Hauptbahnhof zum Humboldt Forum. Da erreichte mich eine Nachricht meines Bekannten Ramadhan Pocha aus Tansania. Er brachte das Thema auf Otto von Bismarck.
Das Bild zeigt die Baustelle Berliner Schloss. Ein Kran und zwei Bagger sind zu sehen. Im Hintergrund der Fernsehturm.
Nun ist es eröffnet, das Humboldt Forum. Mir scheint, es gibt da noch mehrere Baustellen. Sowohl das Projekt „Humboldt Forum“ als auch der Ort, das wiederaufgebaute Berliner Schloss, sind umstritten. (Diese Szene habe ich am 2. Oktober 2020 in Berlin fotografiert und der tansanische Comiczeichner Marco Tibasima hat, ausgehend von meinem Foto, diese Illustration erstellt.)
Das Comicbild zeigt RiffReporter-Autorin Ramona Seitz, wie sie, ausgestattet mit FFP2-Maske im Berliner Museum für Naturkunde ein Dinosaurierskelett betrachtet. In einer Gedankenblase sieht man Ramona  Seitz und den tansanischen Comiczeichner Marco Tibasima im Garten des House of Culture, National Museum, in Dar es Salaam, Tansania, sitzen. Im Hintergrund ein Dinosaurierskelett, das von einer tansanischen Familie betrachtet wird.
Am 6. Oktober 2020, während meiner „Spaziergänge zu kolonialem Erbe“ war ich im Museum für Naturkunde in Berlin. Die dortigen Dinosaurierskelette stammen größtenteils aus einem Gebiet im heutigen Tansania und wurden, während der deutschen Kolonialzeit, von Deutsch-Ostafrika, nach Berlin gebracht.
Eine Felsformation im Viktoriasee vor der Küste von Mwanza in  Tansania
Der „Bismarck Rock“ in Mwanza
Das Bild zeigt eine Felsformation, welche die Formen der in Mwanza, Tansania, als „Bismarck Rock“ bekannten Felsen hat. Im Hintergrund eine „afrikanische“ Hütte.
Der „Bismarck Rock“ im Würzburger Mwanza-Garten
Ein parkähnlicher Garten an einem Hügel, mit grünem Rasen. Eine Treppe führt hinauf zu einer „afrikanischen“ Hütte, welche links oben auf dem Bild zu sehen ist. Rechts im Bild eine Felsformation, welche die Formen des Bismarck Rock in Mwanza hat.
Der Würzburger Mwanza-Garten mit Bismarck Rock und „afrikanischer“ Hütte
Eine tansanische Frau hält im historischen Würzburger Rathaus eine Rede. Vertreter der Städte Würzburg und Mwanza stehen neben dem Rednerpult.
Hosianna Kusiga spricht 2016 anlässlich der Eröffnung des Mwanza-Gartens beim Festakt im Würzburger Rathaus
Ein Portraitfoto des Tansaniers Isack Abeneko
„Der Name, Bismarck Rock' ist ein Problem, und dass so eine Hütte dort aufgebaut worden ist. Denn, welche Botschaft will man damit senden?“, sagt Isack Abeneko
Einige Menschen, vier davon Tansanierïnnen, vor dem Würzburger Bismarck Rock
Mabugo Audax Laurian (rechts) am Tag der Einweihung des Würzburger Bismarck Rock Nachbaus
Drei Personen in einem Park
Der in Würzburg aufgewachsene Dominik Weber (links) mit Mabugo Audax Laurian und Anja Lösch am Tag der Einweihung des Würzburger Mwanza-Gartens im Jahr 2016
Professor Jürgen Zimmerer in seinem Büro an der Universität Hamburg
Der Historiker Jürgen Zimmerer sagt: „Es ist Teil der in Deutschland lange Zeit vorherrschenden kolonialen Amnesie, dass in unserer Erinnerung an Bismarck diese koloniale und globale Bedeutung ausgeklammert wird.“