Bourbon-Vanille: Wo sie herkommt und wie sie in unseren Backstuben landete

Die Saison für Vanillekipferl ist spätestens seit dem Ersten Advent eröffnet. Eine gute Gelegenheit, sich genauer mit dem betörend duftenden Gewürz zu beschäftigen

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Braune Vanilleschoten auf Holz

Sind Sie eher Team Plätzchen oder Team Stollen? Egal, wofür Sie sich entscheiden – wahrscheinlich schmeckt Ihnen die Vanille, die in vielen traditionellen Weihnachtsrezepten ihren festen Platz hat. Heimisch ist die „Königin der Gewürze” aber keineswegs: Bevor sie zum Repertoire einer jeden guten Backstube wurde, reiste sie einmal um die Welt. Held dieser abenteuerlichen Geschichte ist ein besonders scharfsinniges Kind.

Die Geschichte der Vanille beginnt in Mexiko. Die Vanilla planifolia gehört zur Familie der Orchideen und ist die einzige der etwa 130 Arten, deren Früchte essbar sind. Schon vor 2.000 Jahren wurden die Kapselfrüchte, die umgangssprachlich Schoten genannt werden, in Mexiko bei religiösen Zeremonien oder zum Aromatisieren eines Getränks verwendet, das aus Kakaobohnen hergestellt wurde. Der Legende nach begrüßte der Aztekenkaiser Montezuma den Konquistador Hernán Cortés mit nach Vanille duftender Schokolade, die in goldenen Bechern serviert wurde. An Bord der spanischen Schiffe kam das Gewürz Mitte des 16. Jahrhunderts erstmals nach Europa und landete auf der Speisekarte der europäischen Königshöfe. Vor allem der französische Herrscher Ludwig XIV soll ein großer Fan des exotischen Aromas gewesen sein. Er wollte das schwarze Gold sogar auf seinem Herrschaftsgebiet anbauen. So bekamen der französische Kapitän Philibert und der Botaniker Perrotet 1819 von der französischen Krone den Auftrag, die Orchidee nach La Réunion zu bringen.

Vanille-Orchidee, auf der ein Salamander sitzt.
Die Bourbon-Vanille wird aus den Schoten (Kapselfrüchten) der Orchideen-Art „Vanilla Planifolia“ gewonnen. Dieses Exemplar hat sogar einen Mitbewohner.

Gewürz mit kolonialem Beigeschmack

La Réunion ist eine kleine vulkanische Insel im Archipel der Maskarenen im Indischen Ozean und liegt etwa 170 km südwestlich von Mauritius und 680 km südöstlich von Madagaskar. Erst wurde das Eiland zu Beginn des 17. Jahrhunderts von britischen und niederländischen Schiffen auf dem Weg nach Indien angesteuert. Um 1640 landeten schließlich französische Abgesandte auf der unbewohnten Insel. Im Namen des Königs Ludwig XIII, der aus dem Adelsgeschlecht der Bourbonen stammte, nahmen sie die Insel in Besitz und tauften sie auf den Namen „Île Bourbon“. Die ersten dauerhaften Siedlerïnnen ließen sich um 1665 nieder und mit ihnen etablierte sich auch die Sklaverei.

Im Zuge der Französischen Revolution 1789 wurde die Insel in La Réunion (Vereinigung) umbenannt, doch das änderte nichts am ihrem Status. Das Kolonialreich Frankreichs zerfiel erst zwischen 1945 und 1960. Heute ist La Réunion wie die meisten anderen ehemaligen Kolonien immer noch ein Teil Frankreichs (und somit auch der EU), jedoch als sogenanntes Überseegebiet.

20 Jahre lang wollte es nicht gelingen

Auf La Réunion gibt es heute etwa 150 Vanillebauern. In Farmen nahe dem Regenwald produzieren sie das aromatische Gewürz. „Um zu gedeihen, braucht die Vanille ein tropisches Klima, warm und feucht. Aus diesem Grund findet man Vanilleplantagen an der Ostküste von La Réunion, der regenreichsten Gegend. Ein paar Pflanzen wachsen in einem offenen Gewächshaus, aber die meisten Parzellen befinden sich im Wald, da Schatten für die gute Entwicklung der Pflanze notwendig ist“, erklärt eine Mitarbeiterin der „Vanilleraie“, einer Vanillefarm im Nordosten der Insel.

Das Klima ist also ideal für die Orchidee. Doch als man Anfang des 19. Jahrhunderts die Vanille-Orchidee auf die Bourbonen-Insel verschiffte, wurde ein wichtiges Detail übersehen: Die spezielle Bienenart, die in Mexiko die Vanille auf natürliche Weise befruchtet, lebt nur dort. Und die heimischen Insekten übernahmen diesen wichtigen Job nicht. Ob man auf die Idee kam, auch das Insekt ans andere Ende der Welt zu übersiedeln? Vielleicht. Fakt ist: Über 20 Jahre lang blieben die begehrten Vanilleschoten aus.

Viele Vanille-Orchideen nebeneinander in einer Art Gewächshaus
So sieht es auf der Vanille-Farm aus.
Vanillepflanzen direkt nebem dem natürlichen Urwald.
Das feuchte Klima des Regenwaldes ist perfekt für das Gedeihen der Vanille.

Ein Kind findet den Trick

1841 fand Edmond Albius, ein zwölfjähriges versklavtes Kind, dessen Eltern aus Mosambik stammten, nach langem Ausprobieren das Verfahren zur manuellen Befruchtung der Vanille. Das Prozedere wird bis heute angewendet und machte die Produktion des Gewürzes in großen Mengen erst möglich.

Zeichnung: Prozess der manuellen Befruchtung.
Pro Blüte entsteht eine Schote.
Eine Kiste mit Vanilleschoten neben einem Stapel Decken
Mit Kuscheldecken, die man eher auf dem Sofa erwarten würde, wird die Vanille gedämpft
Ein Mitarbeiter der Farm misst eine Schote mit einem Lineal.
Jede einzelne Schote wird händisch gemessen und sortiert.
Holzkästen unterschiedlicher Länge, in die die Vanilleschoten einsortiert werden.
Je nach Länge werden die Schoten hier einsortiert.
Fokus auf eine Vanilleschote mit weißen Kristallen am Ende.
Diese Schote ist nicht verschimmelt! Kristallbildung gilt als höchstes Qualitätszeugnis. Warum und wann genau sie einsetzt, wissen auch die Vanillebauern nicht.
Teller mit Ente, Reis und Bohnen
Die Ente wird mit Vanille geschmort und nach kreolischer Art mit Bohnen und Reis serviert.