"Wenn Fakten nicht mehr zählen, sind dann als nächstes Gesetze dran?"

Jonathan Foley, Direktor der California Academy of Sciences, über Trumps Wissenschafts- und Umweltpolitik.

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Portrait von Jonathan Foley

Beim "March for Science" am Samstag in Washington ist Jonathan Foley einer der Hauptredner. Die California Academy of Sciences in San Francisco, die er seit 2014 leitet, gehört mit ihren künstlichen Ökosystemen und 46 Millionen Sammlungsstücken zu den beliebtesten Wissenschaftsinstitutionen der USA. Mehr als hundert Wissenschaftler sind hier tätig, der Schwerpunkt liegt auf Biodiversität und Erdsystemforschung.

Jede neue US-Regierung hat neue Prioritäten, und Präsident Trump ist nicht der erste, der bei der Wissenschaft kürzen will. Was ist anders als sonst?

Jonathan Foley: Das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik war noch nie wirklich entspannt, aber bisher gab es sowohl bei republikanischen wie auch bei demokratischen Amtsinhabern einen grundlegenden Respekt vor wissenschaftlichen Informationen, vor Fakten. Wissenschaft hatte im Weißen Haus einen festen Platz am Tisch, und wenn Wissenschaftler etwas als Tatsachen eingestuft haben, dann galt das, auch wenn es unangenehm war. Unsere neue Führung ist da ganz anders. Sie glaubt, dass Fakten willkürlich sind oder man sie einfach erfinden kann.

Was sind die Folgen?

Wir erleben einen Generalangriff auf alles, was mit Umwelt, Gesundheit, Sicherheit zu tun hat, im Dienst einiger weniger sehr finanzstarker Interessen. Die Budgets wichtiger Regierungsagenturen für Forschung sollen gekürzt werden, Wissenschaftler in diesen Agenturen werden mundtot gemacht, sie dürfen wegen Zensur nicht einmal mehr das Wort "Klimawandel" benutzen. So etwas hat es noch nicht gegeben.

Aber als Präsident hat Donald Trump noch nicht deutlich gesagt, dass er den Klimawandel leugnet.

Alles, was er tut, folgt dem Drehbuch der Klimawandelleugner, der sogenannten "Kaufleute des Zweifels". Weil sie die Erkenntnisse der Klimaforschung nicht widerlegen können, schüren diese Leute systematisch Unsicherheit. Sie tun so, als ob sich die Wissenschaft nicht einig wäre, stellen die Sache so dar, als ob man es so oder so sehen könnte. Das kann man aber bei den wissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels absolut nicht.

"Ein enges Netz von Think tanks und Businessinteressen hat Trumps Politik vorbereitet."

Wann haben Sie zum ersten Mal die Sorge verspürt, dass das Ganze in eine gefährliche Richtung gehen könnte?

Ich bin eigentlich nicht sonderlich politisch und es geht mir auch gar nicht um die Frage, ob ein Demokrat oder Republikaner im Amt ist. Als Trump auf Twitter schrieb, dass Impfungen zu Autismus führen und der Klimawandel eine chinesische Erfindung sei, habe ich das zuerst nicht sonderlich ernst genommen. Ich habe ihn als einen TV-Unterhalter wahrgenommen, der für Aufmerksamkeit sorgen will. Richtig geschockt hat mich dann, dass er als frischgebackener Präsident nicht zum Erwachsenen geworden ist oder den ernsthaften Unternehmer zur Schau gestellt hat, sondern dass er einfach so weitergemacht hat. Ein TV-Unterhalter ist nun Präsident.

Präsident Trump hat einen Budgetentwurf vorgelegt, der drastische Kürzungen bei dem Regierungsagenturen für Umwelt, Gesundheit, Raumfahrt und Atmosphärenforschung vorsieht. Manche in Washington sagen aber, dass sich das gar nicht speziell gegen die Wissenschaft gerichtet hat, sondern nur irgendwie das Geld zusammenkommen musste, um höhere Militärausgaben zu bezahlen.

Das sehe ich ganz anders. Es handelt sich um einen von langer Hand vorbereiteten systematischen Angriff auf die Umwelt und Wissenschaft. Dazu muss man sich nur das Personal anschauen. Der neue Chef der Umweltbehörde EPA hat seit Jahren auf das Ziel hingearbeitet, die Agentur abzuschaffen, ebenso der neue Chef des Department of Energy. Es gibt ein enges Netz von Think tanks und Businessinteressen, das die jetzige Politik von Präsident Trump vorbereitet hat. Ich weiß nicht, wie direkt Trump da selbst involviert ist, aber es geschieht in seiner Verantwortung.

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Der Kongress wird Kürzungspläne teilweise zurücknehmen – laut Foley ein "Ablenkungsmanöver".
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Nasa-Darstellung eines Satelliten, der Bodenfeuchtigkeit mißt (2015). Die Erdbeobachtung soll laut Trumps Budgetentwurf stark schrumpfen.
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