Reise zum Mittelpunkt der Erde – ein Livepodcast für junge Menschen

In der Pandemie haben viele Kinder und Jugendliche täglichen stundenlang Hörspiele und Podcasts gehört. Aber wie entsteht eigentlich ein Podcast – und können die jungen Leute das auch selbst machen?

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Zeichnung: Ein Jugendlicher, eine Frau mit Geologenhammer, Rock und Hut, ein Mann mit mit Islandpullover, Rocksack und Wanderstab

Podcasts sind beliebter als je zuvor: Fast ein Drittel der deutschsprachigen Bevölkerung hört sie, bei den 14– bis 29-jährigen sind es sogar 60 Prozent, wie aus der ARD/ZDF-Onlinestudie2021 hervorgeht. Aber wie entsteht eigentlich ein Podcast – und wie leicht lassen sich auch wissenschaftliche Inhalte an Kinder und Jugendliche vermitteln? Darum ging es im Projekt von Karl Urban im Rahmen der RiffReporter-Masterclass für Wissenschaftsjournalismus.

Karl Urban hat bereits ein Jugendsachbuch geschrieben und ist ansonsten häufiger im öffentlich-rechtlichen Radio zu hören. Er ist Autor des Riffreporter-Magazins Die Weltraumreporter und betreibt dort den Podcast „Astrogeo“ mit Geschichten aus Geologie und Astronomie. Im Rahmen der Masterclass Wissenschaftsjournalismus hat er nun beide Welten miteinander verbunden: Urban lud im Sommer 2021 Schülerinnen und Schüler zu einem interaktiven Mitmach-Podcast ein. Das Angebot richtete sich an jeweils eine Klasse der Stufen 5 bis 8, die im Zuge zweier Schulstunden oder von Projekttagen die Gefilde des normalen Unterrichts verlassen wollten.

Könnte man zum Mittelpunkt der Erde gelangen? Ausgehend vom historischen Jules Verne-Roman und von Islands vergletscherten Vulkanen begeben sie sich in die Tiefen der Erde und trennen dabei Science von Fiction: Wie dringt man ins Gestein vor? Wie gefährlich wäre die Magma? Und was kann man dort finden?

Über die Abenteuergeschichte sollten die Schülerinnen und Schüler in eine ungewohnte Welt mitnehmen: Sie sollte angeregt werden, über die Grenzen der Naturgesetze nachzudenken. Der Autor wollte dabei auch Einblicke in seine Arbeit in den Medien geben, bei denen er täglich Fiktion von Realität trennen muss. Der Livepodcast sollte so die Medienkompetenz schulen und Anregungen für verschiedene Fächer geben, die später im Unterricht aufgegriffen und vertieft werden konnten.

Der Podcast im Klassenzimmer

Am 16. Juli 2021 fand der Workshop mit einer 5. Klasse der Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen statt. Im Vorfeld erhielt der Lehrer ein Arbeitsblatt, um in einer Unterrichtseinheit die Klasse auf die Geografie Islands einzustimmen. Die fiktive Reise wurde durch echte Fotos aus Island illustriert, die Urban während seines Studiums besucht hat. Dazu gab es gelesene kurze Passagen aus dem Jules Verne-Roman, untermalt von eingespielten Geräuschen aus der Unterwelt. Über eine mitgebrachte Soundanlage konnten die Schülerinnen und Schüler auch selbst Dialoge so einsprechen, dass sie mit Halleffekten wie in einem unterirdischen Gang klangen, oder in einem Rollenspiel die fiktiven Helden interviewen. Zum Abschluss wurde mit der Klasse diskutiert: Was in der Romanerzählung war realistisch und was nicht?

Ein junger Mann sitzt an einem Lehrertisch, mit Boxen, Laptop. Davor sitzen mehrere Schüler, einer meldet sich.
Der Livepodcast entstand aus vorgetragenen Passagen …
Vier Fünfklässler sitzen konzentriert an einem Tisch und füllen ein Blatt aus.
… Teile der Geschichte werden in Gruppenarbeit weitergesponnen.

Die Veranstaltung konnte Urban dank der Masterclass mit mehreren Workshops im Vorfeld und intensivem Feedback von Tutoren und anderer Kursteilnehmern ideal vorbereiten. Die Anbahnung der Veranstaltung in der Pandemiezeit war dagegen anspruchsvoll. Es fand sich ein kurzes Zeitfenster im Sommer 2021, in dem Schulen offen für externe Kooperationen waren. Weil sich in der Stadtbibliothek Tübingen ein Corona-Testzentrum befand, wurde der Workshop von dort in ein Klassenzimmer der Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen verlegt. Das bot sich auch deshalb an, weil sich im Schulgebäude eine öffentliche Außenstelle der Stadtbibliothek befindet. Aus der Bibliothek wurden zahlreiche passende Sachbücher entliehen und als Bücherkiste mit ins Klassenzimmer gebracht sowie hinterher für Interessierte SchülerInnen der Klasse in der Bibliotheksaußenstelle deponiert.

Das Konzept geht auf

„Mein wichtigstes Ziel war es, die Schüler nicht nur zu berieseln, sondern sie aktiv einzubeziehen“, sagt Karl Urban. „Das hat geklappt, aber ich würde das in Zukunft sogar noch verstärken.“ So gab es sehr rege interessierte Schülerinnen und Schüler, die auch in der Pause und hinterher viele Fragen hatten. Alle interessierten sich für mitgebrachte Steine aus Island und zu den realen Reisen dorthin. Zukünftig will Urban das Konzept in ähnlicher Form auch anderswo für Schulklassen anbieten. Der ideale Ort bleibt für ihn eine Bibliothek.

Die Stadtbibliothek zieht ebenso ein positives Fazit: Die Einrichtung unterstützte den Journalisten organisatorisch, indem sie die Ausschreibung an lokale Schulen verteilte. Zudem zeigte sich die Bibliothekarinnen interessiert, ihren eigenen Bestand an Sachbüchern den Jugendlichen besser nahe zu bringen: Denn anders als bei der Belletristik gehe das Interesse an Sachbücher vor Ort derzeit zurück.

Die Masterclass Wissenschaftsjournalismus 2020–2022 wird gefördert von der Robert Bosch Stiftung.