Ärzte fordern mehr Forschung und bessere Versorgung für Kinder mit Long Covid

Lange gab es Zweifel, ob Long Covid auch Kinder betreffen kann. Mittlerweile ist eindeutig, dass auch Heranwachsende an den langwierigen Folgen einer Corona-Infektion leiden können. Meistens erholen sich Kinder schneller als Erwachsene. Der Gründer der ersten Kinder-Long-Covid-Ambulanz spricht über die aktuelle Lage.

vom Recherche-Kollektiv Corona:
5 Minuten
Grafik zeigt symbolisch, wie Kinder, Jugendliche und Eltern vor einer Schule oder einem Kindergarten warten. Sie tragen Masken gegen Corona.

Daniel Vilser ist leitender Oberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Univierstät Jena. Er ist Vizepräsident des Ärzte- und Ärztinnenverbandes Long Covid und hat im März 2021 in Jena die erste Long-Covid-Ambulanz für Kinder gegründet.

Viele Eltern sind wegen Corona völlig verunsichert. Sie fürchten Long Covid als Corona-Folge bei ihren Kindern und machen sich sehr große Sorgen. Gibt es dafür einen Grund, oder spielt Long Covid bei Kindern und Jugendlichen keine Rolle?

Daniel Vilser: Beides stimmt nicht. Es ist weder richtig, sich übermäßig viel Sorgen zu machen, noch wäre es richtig zu sagen, Long Covid gebe es nicht bei Kindern. Wir wissen, dass Long Covid auch bei Kindern und Jugendlichen auftritt. Dazu haben wir genügend Studien, die ganz klar darauf hinweisen.

Wie häufig tritt denn Long Covid auf?

Vilser: Wir rechnen damit, dass ungefähr ein bis drei Prozent der mit Corona infizierten Kinder und Jugendlichen länger anhaltende Symptome haben, die zu Long Covid gehören. Mehr als 100.000 Kinder sind oder waren betroffen. Wir wissen aber auch, dass diese Kinder sich schneller erholen. Im Vergleich zu den Erwachsenen ist es so, dass der Prozentsatz der Betroffenen nach ein paar Monaten noch weiter geschrumpft ist.

Long Covid bei Kindern unterscheidet sich also von Long Covid bei Erwachsenen?

Vilser: Long Covid kommt weniger häufig vor und die Prognose für die jungen Patienten ist in der Regel besser. Die Symptomverteilung ist etwas anders, ansonsten gibt es wenig Unterschiede.

Welche Symptome sind bei Kindern und Jugendlichen häufiger, welche kommen seltener vor?

Vilser: Am häufigsten ist die Fatigue, also ein krankhafter Erschöpfungszustand. Dann klagen die Kinder und Jugendlichen noch oft über Schmerzen (Kopf-, Bauch-, Gliederschmerzen), Schlafstörungen, der Brainfog (Merkstörung, Konzentrationsstörung) spielt ebenfalls eine große Rolle. Herzrasen, Haarausfall, Schwindel, Fieber, Durchfall oder Verstopfung, Verlust oder Veränderung von Geruch und Geschmack und Gewichtsverlust sind auch noch relevant.

Portrait von Daniel Vilser, der in Jena die erste deutsche Covid-Ambulanz für Kinder gegründet hat.
Daniel Vilser ist leitender Oberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Univierstät Jena. Er ist Vizepräsident des Ärzte- und Ärztinnenverbandes Long Covid und hat im März 2021 in Jena die erste Long-Covid-Ambulanz für Kinder gegründet.