Immunabwehr außer Kontrolle: Wenn das Epstein-Barr-Virus die Multiple Sklerose auslöst

Der Zusammenhang zwischen dem EBV und der MS gilt als gesichert. Über die Selbstkontrolle der Immunabwehr, die Autoimmunerkrankungen verhindert und aktuelle Forschungen zur Prävention und Therapie: Ein Gespräch mit dem Immunbiologen Hannes Vietzen.

vom Recherche-Kollektiv Postviral:
7 Minuten
Das Foto zeigt einen jungen Mann mit dunklen, kurzen Haaren und einem Vollbart, der in die Kamera lächelt. Er trägt einen weißen Laborkittel, darunter ein schwarzes T-Shirt.

In Deutschland sind etwa 250.000 Menschen von Multiple Sklerose betroffen, weltweit schätzungsweise 2,8 Millionen Frauen und Männer. Das entspricht einer Häufigkeit von knapp 36 Erkrankten je 100.000 Personen, Tendenz ansteigend. Bei dieser gefürchteten Autoimmunerkrankung, die in Schüben voranschreiten kann, greift die Immunabwehr fälschlicherweise die Isolierschicht der Nerven, das Myelin, an. Gehirn und Rückenmark entzünden sich, die Übertragung von Nervenimpulsen und mit ihr die Sinneswahrnehmungen und Beweglichkeit leiden. Eine ursächliche Behandlung gibt es bisher nicht. Bei der Therapie versucht man medikamentös, das Ausmaß der Entzündungen zu begrenzen.

Eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) steht im Verdacht, maßgeblich an der Entstehung der Multiple Sklerose (MS) beteiligt zu sein. Mit dem EBV, das zur Familie der Herpesviren gehört, sind im Laufe ihres Lebens etwa 95 Prozent der Bevölkerung infiziert. Die Ansteckung erfolgt meist im frühen Kindesalter und verläuft dann in der Regel ohne Beschwerden.

Fast jeder ist mit dem EBV infiziert, aber nur wenige erkranken jemals an MS. Woran liegt das?