Hochwasserschutz in der Klimakrise: Mehr Fokus auf kleine Flüsse und Bäche

Vor fünf Jahren zerstörte eine Flut die Gemeinde Simbach am Inn. Wie will die Gemeinde eine weitere solche Katastrophe verhindern?

von Ludwig Obermeier
9 Minuten
Im Juni 2016 hatte eine Flutwelle Simbach am Inn nahezu völlig zerstört. Seitdem arbeitet die Gemeinde an einem modernen und ökologischen Hochwasserschutz.

Vor fünf Jahren zerstörte eine gewaltige Flutwelle Simbach am Inn. Seitdem arbeitet die Gemeinde in Niederbayern an einem zukunftsfähigen Hochwasserschutz. Doch wie sieht der aus? Und was müssen wir generell beachten, um Schäden durch Naturkatastrophen künftig so gering wie möglich zu halten?

Die Wassermassen sind weg, der braune Schlamm trocknet – und die Politik diskutiert, wie Naturkatastrophen künftig besser gemanagt werden können. Falls dieses Verb in einem solchen Zusammenhang überhaupt zulässig ist.

Früher und umfassender warnen: Das ist das Mantra, das nach der Flut im Westen seit Tagen durch Politik und Medien wabert. Und was letztlich nur einen Teil der Wahrheit darstellt, wie wir künftig besser auf Flutkatastrophen und andere Naturgewalten reagieren können.

Während die einen über behördliche Zuständigkeiten und Sirenenwarnsysteme debattieren, fordern Wissenschaftler wie der Hydrologe Daniel Bachmann einen besseren vorbeugenden Hochwasserschutz – und zwar insbesondere an kleineren Bächen und Flüssen.

Hochwasserschutz: Flüsse und Bäche brauchen Platz

Der Magdeburger Hydrologe sieht nach den gewaltigen Überschwemmungen im Westen Deutschlands akuten Handlungsbedarf: „Die kleineren und mittleren Flüsse, das muss die Analyse zeigen, wurden vielleicht etwas vernachlässigt in diesem Bereich“, sagte Bachmann kürzlich in einem Interview. Man müsse sich außerdem die unbequeme Frage stellen, so Hydrologe Bachmann, ob man an Orten wie Ahrweiler, Mayschoß, Dernau und Erftstadt alles wieder so aufbaut, wie es vorher war. Auch wenn das für die Menschen schwer sei, wie Bachmann sagt. „Grundsätzlich gilt: Je mehr Platz ich dem Fluss lasse, umso weniger Schaden habe ich am Ende“.

eine Aufnahme aus der Vogelperspektive eines überfluteten Viertels [AI]
Die meterhohe Flutwelle kostete in Simbach am Inn fünf Menschen das Leben.

Schließlich lief der Simbach über und sorgte für überflutete Straßen, Keller und Tiefgaragen. Doch es sollte sich noch eine andere, viel größere Katastrophe anbahnen. Bis zum Mittag des 1. Juni 2016 hatten sich im Ortsteil Steghäuser vor dem Straßendurchlauf einer Landstraße, der wie ein großer Staudamm wirkte, extreme Wassermassen bis weit in die angrenzenden Täler aufgestaut. Diese Wassermassen überspülten schließlich den Straßendamm, rissen den Teer auf und fraßen sich unaufhaltsam durch den Erdwall.

Die Flutkatastrophe nahm endgültig ihren Lauf. Die Wassermassen stürzten samt Schlamm und Treibgut Richtung Innenstadt. Dort schoss die Flutwelle durch die Straßen von Simbach und verschlang nahezu alles, was sich ihr in den Weg stellte.

eine überflutete Gegend mit einer Straße und Bäumen [AI]
Um die Wassermassen nach der Flutwelle abzulassen, musste auch ein Durchlauf in einen Damm am Inn gebaggert werden.
ein Mann im Anzug [AI]
Klimaforscher und Hydrologe Kunstmann von der Universität Augsburg.
Thomas Klumbies, 2. Bürgermeister von Simbach, dokumentierte das Ausmaß der Zerstörung mit einer Drohne.
Thomas Klumbies, 2. Bürgermeister von Simbach, dokumentierte das Ausmaß der Zerstörung im Juni 2016 mit einer Drohne.