Hitzewelle in Kanada wäre ohne Klimawandel „nahezu unmöglich“ gewesen
Forscher:innen finden heraus: Die Klimakrise habe die Hitzewelle mit Rekordwerten von knapp 50 Grad in Kanada um 150-mal wahrscheinlicher gemacht. Und auch der Ausblick der Studie ist düster.
Vergangene Woche hat eine verheerende Hitzewelle den Westen Nordamerikas getroffen. Dabei wurden im Nordwesten der USA und insbesondere in Kanada an mehreren Tagen und Orten Allzeit-Temperaturrekorde eingestellt.
Forscher:innen haben nun herausgefunden, dass die extreme Hitzewelle mit Temperaturen nahe 50 Grad Celsius ohne den menschengemachten Klimawandel nahezu unmöglich gewesen wäre. Demnach sei ein solches Extremereignis wie in Kanada und Teilen der USA aufgrund der Klimakrise um 150-mal wahrscheinlicher geworden, wie es auf der Website der Organisation World Weather Attribution (WWA) heißt.
Hitzewelle in Kanada ohne Klimawandel "praktisch unmöglich"
„Die beobachteten Temperaturen waren so extrem, dass sie weit außerhalb des Bereichs der bisher historisch beobachteten Temperaturen lagen“, schreibt die Gruppe World Weather Attribution. In den geographischen Breiten rund um die kanadische Metropole Vancouver sei eine solche Hitzewelle ohne die vom Menschen verursachte Erderwärmung bislang „praktisch unmöglich“ gewesen, so die Forscherinnen und Forscher weiter.
An der WWA-Studie, die bislang in keinem Fachjournal publiziert worden ist, waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem der Princeton University, der University of Oxford, der ETH Zürich, der Columbia University und des Deutschen Wetterdienstes beteiligt.
Klimaforscher:innen sprechen von sehr seltenem Ereignis
Die Forscherinnen und Forscher der Organisation World Weather Attribution betonen in der Schnellstudie zudem, dass es sich selbst bei der derzeitigen Erderwärmung von 1,2 Grad Celsius seit Beginn der Industrialisierung um ein sehr seltenes Ereignis gehandelt habe. Die historische Hitzewelle im Westen Nordamerikas sei selbst angesichts des derzeitigen Fortschritts beim Klimawandel ein Wetterereignis, das wohl nur mit einer Wahrscheinlichkeit in einem von 1000 Jahren vorkommen dürfte. Friederike Otto von der Universität Oxford sagte: „Was wir sehen, ist beispiellos. Es ist nicht normal, dass Wärmerekorde um vier oder fünf Grad Celsius gebrochen werden.“
„Was wir sehen, ist beispiellos. Es ist nicht normal, dass Wärmerekorde um vier oder fünf Grad Celsius gebrochen werden.“ – Klimawissenschaftlerin Friederike Otto
49,6 Grad Celsius in Kanada gemessen, Flammeninferno in Lytton
Vergangene Woche hatten Meteorologen in Kanada Temperaturen weit jenseits von 45 Grad Celsius gemessen. In der kleinen Gemeinde Lytton, ein Ort rund 250 Kilometer östlich von Vancouver, war das Thermometer auf 49,6 Grad Celsius geklettert – ein neuer landesweiter Rekord für Kanada. Lytton hatte Ende Juni sogar an drei aufeinanderfolgenden Tagen einen neuen Temperaturrekord aufgestellt.
In der Folge hatte ein Feuerinferno rund 90 Prozent der Ortschaft zerstört und zwei Menschen getötet. Nach Angaben der kanadischen Behörden ist das zerstörerische Feuer wohl menschlich verursacht worden. Derzeit laufen jedoch noch letzte Untersuchungen zu dem verheerenden Waldbrand in Lytton, wie kanadische Medien berichten.
Behörden sprechen von Hunderten Hitzetoten
In der kanadischen Provinz British Columbia wurden während der extremen Hitzewelle innerhalb einer Woche zudem mehr als 700 plötzliche und unerwartete Todesfälle gemeldet.
Viele der Toten seien im Alter zwischen 44 und 97 Jahren gewesen, viele davon mit Vorerkrankungen, hieß es Ende Juni im Bericht der Gerichtsmedizin. Sie seien alleine und ohne Klimaanlage oder Ventilator tot aufgefunden worden. Die vorläufige Todesursache lautete demnach Hyperthermie, was eine gefährliche Überhitzung des Körpers durch Einwirkung von außen darstellt.
Begünstigte ein trockenes Frühjahr die extreme Hitzewelle?
Die Organisation World Weather Attribution hat sich in der Studie auch mit den Rahmenbedingungen und vorausgegangenen Wetterereignissen in der Region beschäftigt. Dabei war auffallend, dass die vorherigen Monate an der nordamerikanischen Westküste teils sehr trocken waren, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Ein wichtiges Merkmal der extremen Hitzewelle Ende Juni ist demnach, dass sie nach einem sehr trockenen Frühling über dem Westen der USA aufgetreten sei. Dem Forscherteam zufolge hat so das Fehlen einer Verdunstungskühlung möglicherweise eine wichtige Rolle für die beobachteten Rekordtemperatuten von bis zu 50 Grad Celsius gespielt und diese begünstigt.
Künftig extreme Hitzewellen alle fünf bis zehn Jahre wahrscheinlich
Besorgniserregend ist auch der Ausblick der internationalen Studie. Sollte die Erderwärmung ungebremst weitergehen und sich die globale Durchschnittstemperatur auf eine Erwärmung von 2 Grad Celsius erhöhen, wäre die Wahrscheinlichkeit für drastische Hitzewellen wie jüngst in Kanada so hoch, dass diese ungefähr alle fünf bis zehn Jahre auftreten könnten – und nicht mehr einmal in 1000 Jahren. Laut den Forscherinnen und Forschern wird ein globaler Anstieg der Temperatur um 2 Grad Celsius bei den derzeitigen Emissionswerten bereits in den 2040er Jahren erreicht.
Hitzewellen können vor allem für vorerkrankte und ältere Menschen gesundheitliche Folgen haben, wie Wissenschaftler herausfanden. Die Klimakrise erhöht die Wahrscheinlichkeit für Extremereignisse wie in Kanada auch für Europa deutlich. Die Zukunft wird durch „häufigere, stärkere und längere Hitzewellen“ gekennzeichnet sein, heißt es in der Studie der World Weather Attribution.