Wenn Dinge Menschen Beobachten

Das Haus ist vernetzt. Und beobachtet uns.

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Es ist ein Teil einer Pizza abgebildet, in der Mitte sieht man außerdem einen Sensor.

Wie würde der Wasserkocher Sie beschreiben, dem Sie morgens vor allem grummelig begegnen? Was berichtet der Turnschuh, der Sie regelmäßig dann erlebt, wenn Sie am Limit sind? Und was würde der Staubsaugerroboter erzählen, der weiß, wie es unter Ihrem Sofa ausgesehen hat? Unsere Dinge sind zu Beobachtern unseres Alltags geworden. Sie sind unsere stummen Mitbewohner. Im Unterschied zu früher zeichnen sie ihre Erlebnisse in Logbüchern auf. Welches Ding soll Sie nach Ihrem Tod porträtieren?

Man sieht einen Mann mit mehreren Sensoren und Kabeln an seinem Gesicht befestigt.
Kein Gedanke ohne Signal Florian Schumacher, total verdatet während einer Nacht im Schlaflabor
Screenshot von Bewegungen auf Karte
Auf den Fersen: Die Bewegungen des Politikers lassen sich gut verfolgen.

Wenn Maschinen unfair über uns berichten

Wenn Maschinen Geschichten über Menschen schreiben, erzählen sie nicht nur positive Dinge. Und sie sind nicht ganz unvoreingenommen. Der Soziologe und GEO-Chefredakteur Christoph Kucklick analysiert in seinem Buch „Die granulare Gesellschaft“ ausführlich, wie die Digitalisierung unser Leben verändert. Eine seiner Kernthesen: Die technologische Entwicklung zwinge uns, das Konzept von Gleichheit zu überdenken. In einem Interview erklärt er das so: „Je genauer wir vermessen, desto deutlicher treten die Unterschiede hervor. Und im Digitalen messen wir viel genauer als vorher. Autos haben jetzt Hunderte Sensoren, und so lässt sich bis in winzigste Details erfassen, wie jeder einzelne Autofahrer im Unterschied zu jedem anderen fährt.“ Ein Detail, dass zum Beispiel für Autoversicherer interessant ist.

Sensor vs. Privatsphäre

Einige Paparazzi der Illustrierten „Bunte“ hatten eine besondere Form des Sensorjournalismus für sich entdeckt und die private Fußmatte eines Spitzenpolitikers mit Sensoren versehen, um seine Liebesaffäre aufzudecken. Sobald jemand auf die Fußmatte trat, brachten sie ihre Kameras in Position. Tatsächlich sind solche Fußmatten-Sensor als Teil von Alarmanlagen erhältlich. Der Verleger und Grafiker Klaus Staeck schrieb dazu: „Dabei macht die Illustrierte vor kaum etwas Halt. Außer vor der Seriosität. Eine mit Bewegungssensoren gespickte Fußmatte vor Münteferings Wohnung […] gehört jedenfalls nicht zum Recherchehandwerk ernsthafter Journalisten.“