Besorgniserregende Mutation, verzögerter Impfstart, Kritik an der Regierung

Südafrika steht ein langes zweites Corona-Jahr bevor

vom Recherche-Kollektiv Afrika-Reporter:
6 Minuten
Das Foto zeigt ein Schild, das einen Treppenaufgang versperrt, mit der Aufschrift: Danger. Gefahr.

In Südafrika keimt momentan die leise Hoffnung auf, dass der Höhepunkt der zweiten Corona-Infektionswelle überstanden ist. Aber das ist der einzige Silberstreif am Horizont. Ansonsten sind die Aussichten düster: Die ansteckendere Virus-Variante 501Y.V2 (B.1.351) ist mittlerweile beherrschend, viele Fragen ungeklärt, der Start der Impfkampagne verzögert sich und das Misstrauen in die Regierung wächst. Ein Überblick.

„Sind alle in Deiner Familie gesund geblieben?“ In Südafrika ist das zu Beginn des Jahres, unmittelbar nach dem Wunsch 2021 möge besser werden als 2020, die häufigste Frage. Denn fast jeder hat mittlerweile einen Corona-Fall im Verwandten- oder Freundeskreis, viele haben einen geliebten Menschen verloren, die Pandemie ist mit der dramatischen zweiten Infektions-Welle noch näher gerückt. Die Bevölkerung stellt sich auf ein weiteres unsicheres und entbehrungsreiches Jahr ein.

Zwar gibt es nun, nach Ende der Sommerferien, erste Anzeichen dafür, dass der Höhepunkt der zweiten Welle überschritten ist, aber sicher ist das noch nicht. Angst, Verzweiflung und Existenzsorgen bleiben auf hohem Niveau. Viele Krankenhäuser sind überlastet, neben Betten und Sauerstoff sind vor allem Pflegekräfte knapp, tausende von ihnen hatten sich im Verlauf des vergangenen Jahres mit dem Virus angesteckt, hunderte starben.

Fieberhafte Erforschung der Virus-Variante 501Y.V2

Als Treiber der zweiten Welle gilt neben den Feiertagen und Ferien, die für viele Bürgerïnnen mit Reisen und Familien-Besuchen verbunden waren, insbesondere die Virus-Variante 501Y.V2 (B.1.351), die das Forscherteam der Kwazulu-Natal Research Innovation and Sequencing Platform (KRISP) im Dezember entdeckt hatte. Die Wissenschaftlerïnnen sind stolz auf ihren Erfolg und darüber, dass Südafrika nun weltweit als eine der führenden Nationen bei der Genomsequenzierung anerkannt wird.

Schließlich müsse man seinen „Feind kennen, um ihn bekämpfen“ zu können, so KRISP-Direktor Tulio de Oliveira bei einem Webinar über den aktuellen Forschungsstand. Wissenschaftlerïnnen im ganzen Land liefern sich momentan ein Rennen gegen die Zeit und arbeiten dabei auch eng mit Krankenhausärzten zusammen. Diese Kooperation, der Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer zwischen Labors und Praxis ist beeindruckend und macht Hoffnung, dass es bald neue Erkenntnisse geben wird. Denn noch sind längst nicht alle drängenden Fragen beantwortet.