Jenseits des Kolonialismus? Kunst und Kultur in Ozeanien

Warum eine Ausstellung im Linden-Museum Stuttgart schön sein darf

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Schmale Maske mit einem sehr langgezogenen menschlichen Gesichtsausdruck.

Die neue Ozeanien-Abteilung des Linden-Museums kann als Beitrag zur Debatte über zeitgemäße Präsentationsformen in ethnografischen Museen dienen. Sie setzt auf die sinnliche Vermittlung einer Kultur, die heute in neuer Form weitergelebt wird. ährend im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum unlängst in der postkolonialen Ausstellung „Resist! Die Kunst des Widerstands“ Benin-Bronzen, Speere und andere Objekte bewusst in einer von Künstler*innen kuratierten Werkstatt-Atmosphäre gezeigt wurden, setzt der Raum der Stuttgarter Dauerpräsentation Ozeanien auf eine harmonisch gestaltete, übersichtliche und würdige Präsentation. Die Ziele sind grundverschieden. Ein Plädoyer für vielfältige Ansätze in ethnologischen Museen.

Vierundzwanzig Flugstunden trennen Europa von Ozeanien, also dem Kontinent, zu dem Australien, Mikronesien, Melanesien und Polynesien gehören. Selbst dort gab es deutsche Kolonien: Deutsch-Neuguinea und die deutschen Samoainseln. Aus dieser Zeit, also dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert stammen fast alle Objekte der Ozeanien-Sammlung des Stuttgarter Linden-Museums. Aus Platzgründen waren sie zwanzig Jahre lang nicht zu sehen, jedenfalls nicht dauerhaft. Das Haus am Hegelplatz platzt aus allen Nähten. Nun ist die Suche nach einem Grundstück für den vom Land bereits zugesagten Neubau ins Stocken geraten, weshalb improvisiert werden muss. Die neue Ozeanien-Präsentation informiert nicht nur kompakt über wichtige Aspekte der ozeanischen Kultur, liefert nicht nur an zwei rollstuhlgerechten Medientischen Informationen zur Provenienz der Objekte. Sie öffnet auch die Sinne für eine faszinierende Kunst und Kultur.

Ein Raum mit mehreren mannshohen Vitrinen in denen die Uli-Figuren stehen. Die Wand ist sienafarben gestrichen.
Gender und Geschlecht: Die Uli-Figuren aus Papua-Neuguinea sind mit weiblichen und männlichen Geschlechtsmerkmalen ausgestattet, weil sie die Fruchtbarkeit und körperliche Stärke der Ahnen übermitteln sollten.
Schwarzer, aus Holz geschnitzte Figur eines Hundes, dessen Rücken etwas durchhängt.
Nicht nur Beamte, Händler und Missionare sammelten in den Kolonien ethnografische Objekte. Diese Nackenstütze stammt aus dem Besitz des niederländischen Naturkundlers und Insektenforschers Paul Kibler.