Sind die Schneeleoparden noch zu retten?

Naturschutz auf dem Dach der Welt. Von Adriane Lochner

von Adriane Lochner
12 Minuten
Ein Schneeleopard schaut in einem Gebirge abwärts.

26. April 2017

„In unserer Kultur ist der Schneeleopard ein heiliges Tier, ein Symbol für Stärke. Die alten Stämme glaubten, dass ihre Vorfahren von Schneeleoparden abstammen“, sagt der kirgisische Wissenschaftler Kubanychbek Zhumabai uluu. Der Biologe arbeitet für eine international tätige Nichtregierungsorganisation (NGO) namens „Snow Leopard Trust“, deren Ziel es ist, die seltene Großkatze zu schützen. Zu den Aufgaben gehört es, die scheuen Tiere im zentralen Tian-Shan-Gebirge aufzuspüren und zu zählen. „Nur so erfahren wir, wo wir uns besonders anstrengen müssen, um den Schneeleoparden zu schützen“, sagt der Biologe.

Schneeleoparden-Inventur ist nicht einfach. Die Großkatze hat sich einen unwirtlichen Lebensraum ausgesucht. Sie lebt im Hochgebirge, meist in Höhenlagen zwischen 2.500 bis 5.000 Metern, bei frostigen Temperaturen bis zu minus 40 Grad. Offenes Gelände meidet der Schneeleopard, lieber streift er nachts auf schmalen Pfaden durch sein Territorium. Das weiß-beige Fell mit dem schwarzen Tupfenmuster verleiht ihm eine ausgezeichnete Tarnung in der steinigen, teils schneebedeckten Berglandschaft. Zudem ist der Schneeleopard sehr scheu. Ihn zu Gesicht zu bekommen, ist solch ein seltenes Ereignis, dass die Kirgisen ihm den Spitznamen „Geist der Berge“ gegeben haben.

Um die genaue Anzahl der Tiere in einem bestimmten Gebiet zu erfassen, muss sich Zhumabai uluu ins Hochgebirge begeben, zu Fuß oder zu Pferd. Dort stellt er Fotofallen auf, robuste Kameras mit Bewegungsauslöser. Die Speicherkarten liest er in regelmäßigen Abständen aus. Er sucht nach Pfotenabdrücken, Urin-Markierungen an Felsen und sammelt Kot für DNS-Analysen. Er spricht mit Viehhirten, die in kleinen Dörfern oder in einzelnen Jurten auf den Hochebenen leben. „Sie sind die einzigen, die wirklich wissen, wie häufig bestimmte Tiere in einer Gegend vorkommen“, sagt Zhumabai uluu.

Schnappschüsse aus Fotofallen weltweit:

Ein Schneeleopard trägt ein totes Murmeltier im Maul.
Zu den natürlichen Beutetieren des Schneeleoparden zählen Gebirgsschafe, Steinböcke oder wie hier, Murmeltiere.
Ein Schneeleopard bei Nacht.
Der Schneeleopard streift nachts auf schmalen Pfaden durch sein Territorium.
Ein Schneeleopard auf einer Blumenwiese
Der Schneeleopard ist eine Schlüsselart innerhalb eines einzigartigen Hochgebirgsökosystems mit Hunderten von Tier- und Pflanzenarten
Schneeleoparden paaren sich in freier Wildbahn
Seltener Anblick: Schneeleoparden paaren sich in freier Wildbahn
Ein Schneeleopard im Schnee.
Schneeleoparden setzen Urinmarkierungen an Felsen, um ihr Revier zu markieren.
Ein Schneeleopard
Eines der ersten Fotofallen-Bilder des scheuen Schneeleoparden im asiatischen Hochgebirge, aufgenommen auf Fotofilm, nicht auf Speicherkarte.
Ein Schneeleoparden-Junges
Schneeleoparden-Nachwuchs im indischen Hochgebirge.
Drei Schneeleoparden.
Normalerweise sind Schneeleoparden Einzelgänger, doch Jungtiere bleiben bis zu zwei Jahre lang bei ihrer Mutter.
Ein Hirte mit seinen Schafen im Gebirge
Hirte mit Schafherde im kirgisischen Tian-Shan-Gebirge. Um das Überleben ihres Viehs zu sichern sehen sich die Menschen oft gezwungen, den Schneeleoparden zu töten.
Eine Karte zeigt das Verbreitungsgebiet des Schneeleoparden.
Der Schneeleopard kommt in zwölf Ländern Zentralasiens vor. Ein großer Teil des Verbreitungsgebiets fällt auf politisch sensible Grenzgebiete.
Menschen sitzen in einem halbrund, im Hintergrund Fahnen.
Im Oktober 2013 trafen sich Vertreter der zwölf Schneeleoparden-Verbreitungsländer.
Ein Schneeleopard schaut direkt in die Kamera.
Wunderschöne Hochgebirgslandschaften: Der Lebensraum des Schneeleoparden ist einzigartig auf dieser Erde.
Ein Mann mit einem Mikro auf einem Sessel.
Der kirgisische Präsident Almasbek Atambajew beim Schneeleopardengipfel 2013.
Eine Karte zeigt den Lebensraum der Schneeleoparden.
Bisher wurden 23 Lebensräume mit gesunden Schneeleopardenpopulationen identifiziert. Sie sollen bis 2020 im Rahmen des GSLEP gesichert werden.
Frauen mit Nähmaterial.
Alternatives Einkommen: Für das Programm „Snow Leopard Enterprise“ stellen Hirtenfrauen traditionelle Kunstgegenstände her, die eine NGO für sie verkauft – hier in Kirgisistan.
Ein Schneeleopard vor blauem Himmel
Die Aufklärung der Gemeinden im Hochgebirge ist essentiell für die Rettung des Schneeleoparden.