Die Wüstenstadt Lima schließt die Augen vor der Klimakrise

Wie man eine Stadt mit 10 Millionen Bewohnerïnnen in der Wüste von Peru mit Wasser versorgt – und wie lange das noch gut gehen kann.

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Ein blauer Tanklastwagen in einem Armenviertel, graue Erdstrasse, ein Bus, graue Häuser, kein Grün.

Lima ist ein verrückter Ort. Die peruanische Hauptstadt liegt in der Wüste, auf dem gleichen tropischen Breitengrad wie die brasilianische Küstenstadt Salvador oder Angola im südlichen Afrika. Die Sonne scheint in Lima jedoch eher selten. Mindestens ein halbes Jahr liegt die Zehn-Millionen-Stadt unter einem Nebelschleier und die Limeños, wie die Bewohner Limas heißen, müssen sich fest einpacken, um der feuchten Kälte zu trotzen. Wie der Bauch eines Esels sei der Himmel von Lima dann, beschrieb es einst Perus wohl berühmtester Dichter Cesar Vallejo.

Der Grund dafür ist der kalte Humboldt-Strom, dessen Zusammentreffen mit den warmen Luftmassen den Küstennebel erzeugt, der aber nur sehr selten abregnet. Jeder Baum, jedes grüne Plätzchen, jeder Rasen muss deshalb in Lima künstlich gewässert werden. Dementsprechend grün sieht Lima in den reichen Stadtteilen aus. Je weiter man an die Peripherie fährt, desto mehr zeigt sich die Metropole in ihrem Naturzustand: graubraun und bar jeglichen Grüns.

Heute ist Lima nach Kairo die weltweit zweitgrößte Wüstenstadt der Erde. Dass die hier lebenden zehn Millionen Menschen Wasser haben, verdankt die Stadt der Kunst der Ingenieure.

Ein Tunnel durch die Anden

Hinter Lima ragen die Anden steil auf. Auf der „Carretera Central“ schrauben sich Autos, Lastwagen und Busse eine enge Schlucht hoch, rechts und links umrahmt von furchteinflößenden Andenriesen. In nur drei Stunden erreicht man den Pass Ticlio auf 5.000 Meter. Abseits der Hauptstrasse, fährt man auf Holperwegen durch eine karge, windige Landschaft. In dieser Höhe wachsen keine Bäume mehr, nur ein paar Schafe oder Alpacas knabbern am dürren Andengras „Icchu”.

Hier auf der Hochebene von Marcapomacocha erstreckt sich ein komplexes System von Stauseen und Talsperren. Dank ihnen hat Lima nicht nur Wasser, sondern auch Strom. Wenn es in den Anden während der Sommermonate nicht regnet, regulieren die Stauseen das Wasser, das über das Rimac-Tal nach Lima geleitet wird. Auf dem steilen Weg nach unten wird es über mehrere Wasserkraftwerke geleitet, und sorgt so auch dafür, dass in Lima das Licht nicht ausgeht.

Berglandschaft mit Lagune. An der Lagune führt ein betonnierter Steg mit Gitter entlang für Arbeiten am Stausee
Auf 4.000 Meter Höhe befindet sich das Netz von Stauseen und Talsperren, das Lima an der Küste mit Wasser versorgt.
Ein Blatt weisses Papier mit dem Bauplan eines Tunnels, der von beiden Seiten ansteigt.
Der Transanden-Tunnel steigt auf jeder Seite an – eine Herausforderung für die Ingenieure, die ihn vor 50 Jahren bauten.
Tiefe Grube mit Beton eingefasst. Wasser fällt steil hinunter und produziert Gischt.
Hier fällt das Wasser, das von der Atlantikscheide herangeführt wird, zur Pazifikscheide hinunter.
Mann, ca. 55 Jahre, mit weissem Schutzhelm mit der Aufschrift Sedapal, an seinem Schreibtisch mit Laptop.
Der Wasserbauingenieur Guillermo Maisch ist einer der Direktoren des staatlichen Wasserversorgers Sedapal und kennt das System von Stauseen und Tunneln für die Wasserversorgung von Lima.
Hoher schneebedeckter Berg, davor eine graue Abraumhalde mit Bergbauabfall, davor eine Lagune
Entlang des Rimac-Flusses, der die Hauptstadt mit Lima versorgt, befinden sich viele Abraumhalden ehemaliger und noch aktiver Bergwerke,
Ältere Frau mit türkisfarbenem T-Shirt, Hut und schwarzem knielangem Rock, hält eine Schaufel in der Hand. Im Hintergrund eine Häuserzeile. Die Strasse davor ist bis zur Tür einiger Häuser abgerissen.
Der Küsten-Niño im März 2017 brachte Wassermassen nach Lima und schwemmte Häuser und Straßen weg. Diese Frau im Viertel Huachipa hatte Glück. Das Wasser machte vor ihrer Haustür Halt.