Der Illusion misstrauen

Zur Diorama-Schau in der Frankfurter Schirn

7 Minuten
Eine Frau, die durch ein Loch in einer alten Holztür späht, um die sie jedoch auch herumgehen könnte.

Das moderne Leben ist von Effizienzdenken geprägt und lässt kaum Zeit für die Schönheit des Lichts der Dämmerung oder einen Moment des Erstaunens über das Gelb, das die Straßen im Herbst in ein Gemälde verwandelt. Die Empfindung der Schönheit des Augenblicks können wir aber nicht entbehren und holen es uns anderswo, im Kino, bei Spektakeln aller Art oder auch im Museum.

Ein Vorläufer des Kinos ist das Diorama, das bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Publikum mit sich wandelnden Bildern in seinen Bann zog. Die Illusion von Abenteuer verspricht auch eine ganz andere Form des Dioramas: Sie zeigt Tierszenen ferner Gegenden im Naturkundemuseum. Beide Formen des Dioramas sollen überwältigen und belehren – wenn auch in unterschiedlicher Gewichtung. In beiden Fällen arbeiten Künstler, Wissenschaftler und Techniker Hand in Hand. Die Frankfurter Ausstellung „Diorama. Erfindung einer Illusion“ erzählt nun erstmals die Kulturgeschichte des Dioramas und versetzt uns in die Welt der Wunder. Sie konfrontiert uns aber auch mit der oftmals kritischen Reflexion der Illusionsmaschinen in der zeitgenössischen Kunst.

Den Ausstellungsmachern geht es zwar am Ende auch um Politik und Moral, um die Frage, ob wir überhaupt noch unterscheiden können, was real und was Illusion ist in unserem medialen Leben. Doch feiern sie auch die Welt der Wunder und der Schönheit. Und das können die Franzosen vielleicht am besten. Die Idee zur Ausstellung hatte Laurent Le Bon, eigentlich Direktor des Musée Picasso in Paris. Er ist schon seit vielen Jahren fasziniert ist vom Format des Dioramas, wie er sagt. Der Kunsthistoriker realisierte das Projekt zusammen mit Kollegen vom Palais de Tokyo in Paris und der Schirn in Frankfurt, deren Direktor das Thema begeistert aufgriff.

Die Kulisse eines scheinbar Feuer speienden Vulkans bei Nacht.
Einmal nachts am Golf von Neapel den Ausbruch des Vesuvs beobachten. Das Diorama von Jean Paul Favand macht's möglich.
Blick in eine Ausstellung, die verschiedene präparierte Tiere zeigt.
Tierkörper werden für das Naturkundemuseum lebensnah präpariert und in Dioramen, in szenischer Kulisse dem Publikum präsentiert.
Schwarzweißfoto, das das Innere eines Laubwaldes zeigt.
Echter Wald oder Kulisse? Hiroshi Sugimoto nahm das Bild „Original Forest“ in Northern Pennsylvania 1980 auf.
Ein Kasten auf Rollen, in dem eine Ecke mit überfüllten Mülltonnen nachgebaut ist.
Zeitgenössische Künstler wie Mark Dion haben die Idee des Dioramas aufgegriffen.