Gentechnisch veränderte Gerste und eine Banane beleben die Diskussion um neue Züchtungsmethoden

Für das Wachstum einer Pflanze spielen die CKX-Gene eine große Rolle. Forschende haben das Erbgut von Raps, Gerste und Reis verändert und wollen damit die Ernten verbessern. In der Schweiz beginnt der erste Feldversuch mit den neuen Pflanzen. Können sie die die hohen Erwartungen erfüllen?

vom Recherche-Kollektiv die ZukunftsReporter:
6 Minuten
Blick in ein Gewächshaus: in schwarzen Plastiktöpfen wächst Gerste. Sie bildet wegen einer gentechnischen Veränderung mehr Körber in der Ähre als andere Sorten.

Das nächste Kapitel im Streit um die Gentechnik in der Landwirtschaft beginnt in Kürze. Auf einer abgeschirmten Fläche eines Schweizer Agrarforschungszentrums startet die nächste Etappe für den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft. In Reckenholz müssen sich neuartige Gerstenpflanzen in einem Freilandversuch auf dem Acker bewähren. Die ZüchterInnen haben mit der Genschere Crispr-Cas im Erbgut der Gerste ein Gen abgeschaltet, damit das Getreide mehr Körner in den Ähren entwickelt.

Doch in der Züchtungsforschung passiert es häufiger, dass vielversprechende Pflanzen mit den realen Bedingungen eines Feldes nicht zurechtkommen und schlechtere Ernten liefern als im Laborexperiment.

Feldversuch mit Gen-Gerste soll drei Jahre laufen

Das Schweizer Bundesamt für Umwelt hat den Feldversuch genehmigt. Im Frühjahr wird gesät. Die Gerte soll drei Jahre lang angebaut werden. Dann haben die Forschenden der FU Berlin und des IPK Gatersleben genug Daten gesammelt, um einzuschätzen, ob die Gerste mit der genetischen Veränderung fit genug für die Landwirtschaft ist – und das Versprechen der höheren Ernten erfüllt. Der Freilandanbau in Reckenholz sorgt bei den Befürwortern der Gentechnik für besondere Aufmerksamkeit. Denn die Veränderung im Gerstengenom hat Modellcharakter. Sie könnte auch bei anderen wichtigen Kulturpflanzen wie Raps, Reis, Weizen und Dinkel angewandt werden. Um ihr Ziel zu erreichen, greifen die Forschenden der FU Berlin in den Hormonhaushalt der Gerste ein. Sie erhöhen die Mengen an Cytokininen. Diese Gruppe der Pflanzenhormone ist wichtig für das Wachstum und begünstigt die Produktion von Samen, Blüten und Körnern. Cytokinine spielen auch eine Rolle, wenn Pflanzen auf Stress durch veränderte Umweltbedingungen reagieren müssen.

Cytokinine verbessern Pflanzenwachstum

Viele Pflanzenarten bilden diese Botenstoffe. Sie stellen gleichzeitig aber auch sogenannte CKX-Enzyme (Cytokininoxidasen und -dehydrogenasen) her, ein Gegenspieler, der die Menge der Hormone reguliert. Das Wechselspiel zwischen Produktion und Abbau der Hormone ist in vielen Pflanzen evolutionär genetisch verankert. Zuständig ist dafür oft eine ganze Reihe von Genen. Wie viele es sind, schwankt von Art zu Art, das System kann sehr kompliziert werden, beim Raps sind etwa 23 Gene beteiligt. Aber die Wissenschaft hat es geschafft, die CKX-Gene zu identifizieren und mit der Genschere Crispr-Cas zu beeinflussen.

Weltweit arbeiten Forschende und Saatgutfirmen an der genetischen Veränderung dieses natürlichen Wachstumsmotors. Bei Raps und Reis gibt es bereits entsprechende Kulturen in Gewächshäusern. Die Anpassung der CKX-Gene könnte die Tür zu einer deutlichen Ertragsverbesserung in der Landwirtschaft öffnen, hoffen die Beteiligten.

Stillgelegtes Gen sorgt für größere Ähren

In der Gerste, die in der Schweiz wachsen soll, haben die Forschenden eines der Gene zur Hormonregulierung abgeschaltet: das Gen CKX2. Es kommt in der Gerste in zwei Kopien vor. In Reckenholz testet das Forscherteam deshalb unterschiedliche Varianten. In einem Teil der Pflanzen hat es nur eine der beiden Kopien abgeschaltet, im anderen Teil konnten die Forschenden beide Versionen stillgelegen. Der Anbau soll Informationen liefern, wie stark sich die Veränderung auf die Gerste in der Natur auswirkt.

James Dale von der Queensland University of technology präsentiert stolz eine gentechnisch veränderte Bananenplfanze.
Ein Forscher präsentiert sein Lebenswerk: James Dale von der Queensland University of technology ist es nach 20-jähriger Arbeit gelungen, eine Banane gentechnisch so zu verändern, dass sie resistent gegen einen Pilz wird.
Drei Töpfe mit Bananenpflanzen stehen ein einem Zelt. Unterschiede zwischen dem Wildtyp, der kommerziell angebauten Cavendish-Banane und der gentechnisch veränderten Variante sind auf dem ersten Blick nicht zu erkennen.
Drei Bananenpflanzen, die sich ähneln. Links der Wildtyp, der gegen die Panamakrankheit TR4 resistent ist, in der Mitte eine gewöhnliche Cavendish-Banane, rechts die gentechnisch veränderte Variante QCAV-4.