Gefährliche Art auf dem Vormarsch: Bis nach Sizilien hat es die Rote Feuerameise schon geschafft

Ende 2023 decken drei Wissenschaftler auf, dass sich eine der am meisten gefürchteten invasiven Arten der Welt erstmals in Europa angesiedelt hat – doch die italienische Regierung bekommt seither keine effektiven Gegenmaßnahmen hin

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Vergrößerter Kopf einer Ameise mit den Beißwerkzeugen gut sichtbar.

Am 4. Oktober 2022 um 14.31 Uhr bekam Enrico Schifani eine Whatsapp-Nachricht, wie sie für Biologen wie ihn zum Alltag gehört. Manchmal sind es Schulklassen, die wissen wollen, welche Tierart da auf dem Foto zu sehen ist, manchmal Rentner, manchmal Naturschützer, manchmal Behörden, manchmal Kollegen. Häufig nehmen sich Wissenschaftler die Zeit, die Fotos genau anzuschauen und zu antworten, manchmal haben sie keine.

Die zwei Fotos, die Schifani, ein italienischer Ameisenexperte, an diesem Tag sor sich hatte, waren so unscharf, dass er kurz versucht war, mit einem knappen „man kann zu wenig erkennen“ zu antworten. Schließlich war es auch nur eine private Anfrage unter Bekannten. „Mein Kumpel hat die Fotos wiederum von seinem Cousin geschickt bekommen, eine sehr italienische Konstellation“, sagt der Wissenschaftler, der gerade an der Universität von Parma seine Doktorarbeit abschließt.

Ein ungeheuerlicher Verdacht

Doch neben den Umrissen der Ameise machte ihn etwas an der kurzen Nachricht stutzig: Dem Cousin zufolge waren in der Nähe der sizilianischen Stadt Syrakus Menschen von diesen Ameisen gestochen worden – und das habe ihnen brutal weh getan. Zwar kommt es oft vor, dass Laien Bisse von Ameisen mit einem Stich durch einen Stachel verwechseln. Dennoch entschied Schifani, über die Fotos mit zwei Kollegen am Institut für biologische Evolution in Barcelona zu diskutieren, bei denen er sich gerade aufhielt.

Binnen weniger Stunden hatten die Experten einen gemeinsamen, ungeheuerlichen Verdacht.

Eine Landkarte, die Syrakus an der Südostküste von Sizilien zeigt.
Vorkommen der Roten Feuerameise.
Ein junger Mann im Unterholz sucht etwas; rechtes Bild Ameisen im Gras
Ameisenforscher Enrico Schifani, Feuerameisen bei Syrakus.
Kleiner Erdhügel vor weißem Zaun.
Sieht harmlos aus, hat es aber in sich: Nest der Roten Feuerameise.
Männchen und Weibchen eines bräunlichen Hühnervogels in Blütenwiese.
Auch ein Opfer von Attacken: Die Jungtiere der Virginiawachtel sind vor der Roten Feuerameise nicht sicher.