Was soll der Fisch fressen?

Food for the future – Für die Ernährung der Zukunft gibt es mehr offene Fragen als Antworten

vom Recherche-Kollektiv die ZukunftsReporter:
6 Minuten
Große Fischfarmen und Aquakulturen wie diese auf dem Foto schützen zwar die wildlebenden Bestände, aber sie sorgen auch für Umweltprobleme.

Die Sicherung einer gesunden Ernährung gehört zu den wichtigsten Zukunftsthemen. Deshalb beschäftigt eine „Conference on Food for Future“ auch die Zukunftsreporter. CEPLAS, Deutschlands einziger Exzellenzcluster für Pflanzenwissenschaften, hat in das Rautenstrauch-Joest-Museum nach Köln eingeladen, in dessen Foyer ein etwa 100 Jahre alter, prächtig verzierter Reisspeicher aus Indonesien steht. Das Museum besitzt eine der bedeutendsten ethnografischen Sammlungen Deutschlands, die seit der Wiedereröffnung im Jahr 2010 unter dem Obertitel „Der Mensch in seinen Welten“ gezeigt wird. Organisiert wurde die Tagung vom Kompetenzfeld „Food Security“ der Universität zu Köln, dessen erklärtes Ziel es ist, das Bewusstsein für die vielfältigen Herausforderungen der globalen Ernährungssicherheit in den gesellschaftlichen Fokus zu rücken.

Der Exzellenzcluster CEPLAS ist ein gemeinsames Projekt der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der Universität zu Köln, des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung Köln und des Forschungszentrums Jülich. Die Forscher möchten „die Basis für zukunftsorientierte Nahrungs-, Futter- und Energiepflanzen schaffen“. Deshalb beschäftigen sie sich auch mit dem Erbgut der Pflanzen und suchen nach Merkmalen, die einen starken Einfluss auf das Wachstum, den Ernteertrag sowie den Ressourcenbedarf haben. Dieses Umfeld muss man kennen, bevor man über die Konferenz berichten kann.

Besseres Fischfutter dank Gentechnik?

Natürlich geht es auf der Tagung um den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft – als Werkzeug zur Lösung von Problemen, die sich bereits heute abzeichnen. Der britische Biologe Johnathan Napier gibt ein Beispiel: Er möchte besseres Fischfutter produzieren. Zuchtfische aus Aquakulturen nehmen einen immer größeren Platz auf dem Speiseplan ein. Weltweit wächst diese Branche jährlich um fast sechs Prozent. Im Jahr 2014 wurde global gesehen erstmals mehr Fisch aus Zuchtbeständen verzehrt als aus Fischernetzen. Darin könnte ein nachhaltiger Ansatz liegen, um die gefährdeten Fischbestände in den Weltmeeren zu schonen, aber so einfach ist die Sache leider nicht.

Wie überall in der Tiermast liegt das zentrale Problem in der Fütterung der Tiere. Johnathan Napier vom Rothamsted Research Center in Hertfordshire stellt eine Alternative vor, die nachhaltiger sein soll als die bisherigen Verfahren: Die Fische sollen demnächst eine Art Pflanzengranulat fressen, das sie besser mit Omega-3-Fettsäuren versorgt. Der Forscher hat dafür die Gene der Ölsaatenpflanze Camelina (falscher Flachs) durch Gene-Editing verändert. Ohne über fremde Gene zu verfügen, produziert die Pflanze jetzt typische Fischfette. Das Leindottergewächs wächst seit dem Frühjahr abgeschirmt hinter Zäunen auf den Versuchsfeldern des Instituts.

Zuchtlachs fehlen natürliche Omega-3-Fettsäuren

Von dieser Ernährungsumstellung profitieren letztlich aber weniger die Fische als vielmehr der Mensch. Denn Fische sind in der menschlichen Ernährung wichtige Lieferanten für Omega-3-Fettsäuren, und diesen Substanzen werden gesundheitsförderliche Wirkungen für Herz und Kreislauf zugeschrieben. Aber Lachs beispielsweise kann selbst keine Omega-3-Fettsäuren bilden. Der Wildlachs nimmt sie als Raubfisch über die Nahrung zu sich – er frisst Garnelen, Krebse und andere Fische. Damit das Fleisch des Zuchtlachses eine ähnliche Qualität bekommt, muss die Ernährung in der Aquafarm entsprechend angepasst werden. Nach Angaben des Norwegian Seafood Council besteht das Lachsfutter der norwegischen Fischzüchter zu knapp drei Vierteln aus Proteinen und Kohlehydraten aus Gemüse und pflanzlichen Ölen. Der Rest sind Fischmehl, Fischöl und Fischproteine, die aus Kleinfischen und Beifang produziert werden. Daher schaden die boomenden Aquakulturen den Fischbeständen in den Weltmeeren.

Camelina – die Futterpflanze wurde gentechnisch verändert. Sie enthält viele Omega-3-Fettsäuren.
Eine gentechnisch veränderte Camelina wächst in einem Gewächshaus. Sie ist besonders reich an Omega-3-Fettsäuren und deshalb ein gutes Tierfutter.