Glory to Asgardia?

Seriöse Raumfahrtexperten treffen sich unter dem Banner eines selbsternannten Weltraumstaats.

vom Recherche-Kollektiv Die Weltraumreporter:
6 Minuten
Die Erde bei Nacht, aufgenommen von der Internationalen Raumstation, mit vielen leuchtenden Städten, rechts im Bild ist ein dunkler Ausleger der Raumstation.

Von außen wirkt der Bau völlig irdisch: Ein Tagungshotel in Bahnhofsnähe von Darmstadt, gegenüber die Deutsche Telekom. Erst im Treppenhaus weist ein unauffälliges Schild nach oben: Asgardia Congress steht darauf. Am Rand des Darmstädter Europaviertels findet vom 14. bis 16. Oktober 2019 der erste Forschungs- und Finanzierungskongress des 2016 gegründeten „Weltraumstaates“ statt. Der Ort ist kein Zufall: 500 Meter entfernt liegen das Weltraumkontrollzentrum ESOC der europäischen Raumfahrtagentur. Eigentlich hatte ESOC-Direktor Rolf Densing die Asgardier sogar in sein Haus geladen, diese Einladung aber (laut einem Bericht im Tagesspiegel) wegen interner Kritik wieder zurückgezogen. Dennoch zitiert Konferenzpräsident Floris Wuyts zu Beginn aus einer E-Mail Densings, der die Ziele Asgardias persönlich für „sehr unterstützenswert“ hält.

Was ist Asgardia?

Was genau Asgardia ist, ist heute noch immer schwer zu fassen. Leichter fassbar ist dagegen, was es vorgibt zu sein: Der Staat wurde 2016 vom aserbaidschanischen Unternehmer, Wissenschaftler und (mutmaßlich) Milliardär Igor Ashurbeyli proklamiert. Ashurbeyli steht auch der linken russischen „Partei der Wiedergeburt Russlands“ vor. Am 18. Juni 2017 wurde er in der Wiener Hofburg feierlich zum Staatsoberhaupt Asgardias erklärt.

Das Weltraum-Königreich Asgardia („Space Kingdom of Asgardia“) gibt vor, eine parlamentarische Monarchie mit Gewaltenteilung zu sein. Der Staatschef wird vom Volk alle fünf Jahre gewählt, zunächst hat Ashurbeyli diese Rolle allerdings ohne Wahl inne. Der Staat Asgardia ist international nicht anerkannt und besitzt kein eigenes Territorium. Der 2017 gestartete Kleinsatellit Asgardia-1 wird zwar als souveränes Territorium deklariert, fällt aber gemäß dem Weltraumvertrag von 1967 unter die Jurisdiktion der Vereinigten Staaten, da eine US-Rakete (Antares) ihn ins All gestartet hat.

Ein Hinweisschild: Ein roter Pfeil weist nach rechts oben, darüber steht: Asgardia, the Space Nation
Auf dem Weg zum Asgardia-Kongress
Blick von hinten in einen Konferenzraum: Alle Menschen sind aufgestanden. Nicht sichtbar ist eine Bühne, auf der zu einer Preisverleihung gerade die Nationalhymne von Asgardia eingespielt wird.
Die Nationalhymne der „Weltraumnation“ Asgardia wird gespielt – alle geladenen Raumfahrtexperten erheben sich.