Wie Forscher Schleimhäuser ausspionieren

Neuartige Laser-Technologie lässt uns erstmals in die Schleimbauten von Tiefsee-Tieren spähen – und könnte die ganze Disziplin revolutionieren.

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Große Appendikulare mit in Kammern unterteiltem Schleimhaus

Der Ozean, unendliche Welten. Wir schreiben das Jahr 2020 und eine neuartige Laser-Technologie könnte uns nun irdische Aliens näherbringen. Gemeint sind die bizarren Bewohner der Dämmerzone des Meeres, der dunklen und eiskalten Schicht zwischen der lichtdurchfluteten Oberfläche der Ozeane und dem festen Meeresgrund. Wer hier im offenen Wasser lebt, muss sich ohne Unterschlupf unsichtbar machen und einen hohen Wasserdruck tolerieren können.

Dabei kann Schleim helfen. Das Material gehört zu den Hydrogelen, besteht also fast nur aus Wasser und verhält sich physikalisch in mancherlei Hinsicht auch so. Im Meer verschwimmen viele gelatinöse Tiere und ihre Schleimkonstrukte deshalb optisch mit der Umgebung und können selbst dem Wasserdruck der Tiefsee widerstehen. Die Forschung aber scheitert oft am Schleim, sind die durchsichtigen Tiere doch kaum aufzufinden und nicht selten zu fragil für herkömmliche Analysen.

Wenn sich Manteltiere enthüllen müssen

Die Bioingenieurin Kakani Katija vom Monterey Bay Aquarium Research Institute in Kalifornien macht dennoch Jagd auf Appendikularien. Diese Manteltiere ähneln Kaulquappen, weil sie nur aus Kopf und Schwanz bestehen. Dabei erreichen selbst die größten Vertreter, die Bathochordaeus-Arten, nur eine Körperlänge von bis zu zehn Zentimetern. Sie residieren aber in einem deutlich größeren Haus aus Schleim, das sie selbst produzieren. Mit seinen aneinandergereihten Kammern erinnert es an eine enggefaltete Halskrause. Umgeben ist es von einem noch größeren Schleimhaus, das weniger geordnet ist, dafür aber über einen Meter messen kann.

Eine Appendikulare wird mit ihrem Schleimhaus beleuchtet.
Dieses Bild zeigt das innere und sehr viel größere äußere Haus einer großen Appendikularie (links) sowie den Laser und die Kamera des DeepPIV-Systems (unten rechts).
Ein Video der 3D-Rekonstruktion einer großen Appendikularie
Dieses Video zeigt erstmals eine 3D-Rekonstruktion einer großen Appendikularie. Dabei wird die komplexe Struktur des inneren Filters enthüllt. Das Video entstand in Kooperation mit dem Digital Life Projekt der University of Massachusetts.
Appendikularie mit Schleimhaus wird vonLaserlicht beleuchtet
Rötliches Laserlicht des DeepPIV-Systems beleuchtet eine große Appendikularie.
Bioingenieurin Kakani Katija im Kontrollraum eines Forschungsschiffs
Die Bioingenieurin Kakani Katija kontrolliert von einem Forschungsschiff aus das Unterwasservehikel, während das DeepPIV-System eine große Appendikulare beleuchtet.
Das in 3D rekonstruierte innere Haus einer großen Appendikulare
Erstmals lassen sich die Schleimhäuser der großen Appendikularien in 3D rekonstruieren. Hier ist der Filterbau mit den Gängen für das Wasser in seinem Inneren zu sehen.
Querschnitt des Schleimhauses einer großen Appendikularie
Rekonstruktion des inneren Schleimhauses einer großen Appendikularie. Das Tier ist blau in der Mitte zu sehen und sein Schleimhaus angeschnitten, um die Gänge zu zeigen.
Schema, wie DeepPIV-Laserlicht Schleimhäuser durchleuchtet
Diese Illustration zeigt, wie das Laserlicht des DeepPIV-Systems das innere Schleimhaus durchschneidet und dabei beleuchtet.
Diese Illustration zeigt MBARIs MiniROV, der ein DeepPIV-System trägtl. Es beleuchtet ein inneres Schleimhaus rot, das vom deutlich größeren zweiten Schleimhaus umgeben ist.
Diese Illustration zeigt MBARIs MiniROV, der ein DeepPIV-System trägtl. Es beleuchtet ein inneres Schleimhaus rot, das vom deutlich größeren zweiten Schleimhaus umgeben ist.