Heldenstadt Leipzig

Leipziger Jazztage, 11.10. bis 20.10.2018

von Martin Laurentius
5 Minuten
Der Berliner Schlagzeuger Max Andrzejewski: Mit seiner Band Hütte hat er sich dem Schaffen des englischen Popkomponisten Robert Wyatt angenommen.

Leipzig heißt informell auch „Heldenstadt“. Mit den Friedensgebeten unter anderem in der Nikolaikirche und den anschließenden Montagsdemonstrationen nahm am 4. September 1989 die friedliche Revolution ihren Anfang, die das DDR-Regime in kurzer Zeit über den Haufen fegte. Mit dem Ergebnis, dass auch der „Eiserne Vorhang“ zwischen dem kapitalistischen Westen und dem kommunistischen Ostblock fiel.

Man kennt sich also in der sächsischen Metropole gut aus, wenn es darum geht, Grenzzäune niederzureißen. Deshalb lag es für das Kuratorenteam der diesjährigen Leipziger Jazztage nahe, das Programm der 42. Ausgabe unter das Motto „Fish’n’Chips“ zu stellen, dem zum Klischee gewordenen Fastfood-Gericht Großbritanniens. Denn am 29. März 2019 scheidet das Vereinigte Königreich voraussichtlich aus der EU aus – mit noch nicht absehbaren Folgen auch für die Kulturschaffenden im Allgemeinen und die Jazzmusiker im Besonderen diesseits und jenseits des Ärmelkanals.

Goldberg-Tangenten & Brexit Big Bang

Der Autor dieser Besprechung war nur die letzten drei Tage der Leipziger Jazztage vor Ort. Deshalb hat er das Experiment von Michael Wollny namens „Goldberg-Tangenten“ verpasst. Zumindest las es sich im informativen Programmbuch spannend, dass der Pianist einerseits einen Bezug zum in Leipzig entstandenen, wichtigen Klavierwerk Johann Sebastian Bachs, den „Goldberg Variationen“, herstellen und andererseits durch den britischen Elektrokünstler Leafcutter John das Festivalmotto in seine Versuchsanordnung einbeziehen wollte. Er hat auch verpasst, ob der englische Tausendsassa Matthew Herbert mit seiner Brexit Big Band den anstehenden Einschnitt visionär vertonen konnte. Und auch die Podiumsdiskussion des Publizisten Wolf Kampmann unter anderem mit Herbert und Rachel Launey vom British Council über den „Brexit Big Bang“ konnte er nicht verfolgen.

Der ostdeutsche Gitarrist Helmut „Joe“ Sachse spielte mit der britischen Vokalistin Maggie Nicols ein Duokonzert bei den 42. Leipziger Jazztagen 2018.
Mit der britischen Sängerin Maggie Nicols in der NaTo bei den Leipziger Jazztagen: der ostdeutsche Gitarrist Helmut „Joe“ Sachse.
Das Quartett James Farm mit dem amerikanischen Saxofonisten Joshua Redman.
Das amerikanische Quartett James Farm mit dem amerikanischen Saxofonisten Joshua Redman spielte im Oktober 2018 auf den 42. Leipziger Jazztagen ein Doppelkonzert mit Max Andrzejewskis Band HÜTTE.
Eröffneten den Schlussabend der Leipziger Jazztage 2018 im Opernhaus: das Quartett Aziza mit Dave Holland (Bass), Lionel Loueke (Gitarre), Chris Potter (Tenorsaxofon) und Eric Harland (Drums).
Der englische Kontrabassist Dave Holland mit Aziza am Schlussabend der 42. Leipziger Jazztage 2018.
Der Berliner Gitarrist Christian Kögel interpretiert mit seiner Band das Queen-Album „Jazz“.
Reinszenierung der Platte „Jazz“ der englischen Rockband Queen von 1978 durch den Berliner Gitarristen Christian Kögel mit seiner Band: fulminanter Schluss der 42. Leipziger Jazztage.