Was ist dran an der „personalisierten Medizin“?

Mythen rund um diagnostische Tests: Teil 3

vom Recherche-Kollektiv Plan G:
9 Minuten
DNA-Molekül mit Doppelhelix auf blauem Untergrund

Behandlungen, die ganz genau auf dich zugeschnitten sind – dieses Versprechen hört sich doch toll an, oder? Aber was steckt tatsächlich hinter der „personalisierten Medizin“ und wie gut ist der Nutzen belegt?

Deine Freundin ist an einer Depression erkrankt und erzählt dir von einer Empfehlung, die sie in der Apotheke beim Einlösen des Rezepts für ein Antidepressivum bekommen hat: Die Apothekerin hat ihr einen genetischen Test gezeigt, mit dem es möglich sein soll, das beste Antidepressivum für die betreffende Person und die ideale Dosierung herauszufinden. Allerdings kostet dieser Test knapp 400 Euro und die Krankenkasse bezahlt das nicht. Sie fragt sich, ob sich diese Investition wohl lohnt.

Solche und ähnliche Tests werden häufig unter dem Stichwort „personalisierte Medizin“ zusammengefasst. Und bei diesem Begriff werden viele Menschen hellhörig. Denn die Erfahrungen bei Ärzt*innen oder im Krankenhaus gehen in eine ganz andere Richtung: Bei der großen Anzahl an Menschen, die durch die ärztlichen Behandlungen geschleust werden, entsteht manchmal schon der Eindruck eines Fließbandes. Und oft fehlt Ärzt*innen dann die Zeit, auf den oder die Einzelne individuell einzugehen – so, wie die meisten es sich eigentlich wünschen.

Die „personalisierte Medizin“ meint allerdings nicht, dass sich deine Ärztin mehr Zeit nimmt und dafür besser bezahlt wird. Vielmehr werden mit diesem Begriff eine ganze Reihe von Ansätzen zusammengefasst, mit denen eine passende Behandlung für den konkreten Menschen gefunden werden soll.

Das ist erst einmal nichts Neues in der Medizin – schließlich wird schon seit Langem beispielsweise darauf geachtet, jemandem mit einem Magengeschwür kein Medikament zu verordnen, das die Magenschleimhaut zusätzlich angreift. Was inzwischen seit vielen Jahren aber zusätzlich genutzt wird: Genetische Informationen und andere Biomarker, die mit molekularbiologischen Methoden getestet werden. Im englischen Sprachraum ist das unter dem Begriff „precision medicine“ bekannt und wird besonders bei der Behandlung von Krebserkrankungen eingesetzt.

Allerdings ist weder „personalisierte Medizin“ noch „precision medicine“ präzise definiert und umfasst eine ganze Reihe von verschiedenen Verfahren, Behandlungen und Tests. In diesem Beitrag können wir uns aus Platzgründen zwar nur eine kleine Auswahl davon anschauen, spannend ist aber vor allem die Frage: Helfen die Tests tatsächlich, die richtige Therapie herauszufinden, das Ansprechen auf die Behandlung zu verbessern und die Therapie verträglicher zu machen?

Die Grafik beschreibt ein häufiges Missverständnis: Eine Analyse der genetischen oder biologischen Informationen eines Menschen oder eines Tumors verbessert nicht immer die therapeutischen Möglichkeiten.
Eine Analyse der genetischen oder biologischen Informationen eines Menschen oder eines Tumors verbessert nicht immer die therapeutischen Möglichkeiten.