Regierungsbericht zur biologischen Vielfalt in Deutschland: Rückschritte statt Öko-Wende

Das Bundeskabinett beschließt den „Indikatorenbericht zur biologischen Vielfalt“. Einmal mehr zeigt der Report, wie dringend eine Wende in der Landwirtschaft ist

vom Recherche-Kollektiv Countdown Natur:
8 Minuten
Zwei Weißstörche suchen in einer bunten Blumenwiese nach Nahrung.

Die Bundesregierung hat eingestanden, dass sie die selbstgesteckten Ziele für den Schutz der Vielfalt der Natur in Deutschland in weiten Teilen nicht erreicht. Fortschritte im Kampf gegen den Artenschwund sind selten, Stillstand und Rückschritte die Regel. Besonders verheerend wird – wieder einmal – die Lage in der Agrarlandschaft bewertet.

Dies geht aus dem „Indikatorenbericht zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“ hervor, den das Bundeskabinett heute verabschiedet hat.

Weit über 300 Ziele hatte sich die Regierung schon 2007 mit ihrer Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt gesetzt, um das Sterben von Arten und Lebensräumen zu stoppen und zu einem harmonischen Miteinander von Mensch und Natur zu kommen. Die versprochene Transformation zu einer Gesellschaft, die schonend mit den natürlichen Gütern umgeht, die biologische Vielfalt bewahrt und die eine gesündere und nachhaltigere Wirtschaftsweise praktiziert, steht aber noch aus.

Der Bericht, den die Kanzlerin und die Ministerinnen und Minister am Mittwoch beschlossen, legt dar, wie stark die Realität hinter dem selbstgesteckten Zeitplan hinterherhinkt. Von 13 bewerteten Indikatoren lagen elf weit oder sehr weit vom angestrebten Zielbereich entfernt, nur ein einziger („Landschaftszerschneidung“) lag innerhalb des Zielbereichs und ein weiterer (Nachhaltige Forstwirtschaft) lag überhaupt nur „in der Nähe“ des Zielbereichs.

Ein Traktor sprüht aus einem Anhänger Chemikalien auf ein Feld
Die Intensivlandwirtschaft ist auch in Deutschland weiter das Hauptproblem im Kampf gegen den Verlust von biologischer Vielfalt
Ein Braunkehlchen (Männchen) sitzt auf einem Weidepfahl
Fast schon so etwas wie ein Wappenvogel des Niedergangs intakter bäuerlicher Agrarlandschaften: Die Bestände des Braunkehlchens stürzen europaweit ins Bodenlose.
Ein Schwarzspecht-Weibchen an der Bruthöhle in einer Buche
Schwarzspechte gehören zu den Indikatorarten, die den ökologischen Zustand der Wälder in Deutschland spiegeln.
Foto eines Rotschenkels bei der Nahrungssuche im Watt.
Rotschenkel stehen stellvertretend für den ökologischen Zustand des Lebensraums „Küste und Meere“.
Grafik des Indikators „Artenvielfalt und Landschaftsqualität“, die zeigt, dass die Ziele weit verfehlt wurden.
Der Schlüsselindikator für die Nachhaltigkeit der Landnutzung in Deutschland „Artenvielfalt und Landschaftsqualität“bleibt weit hinter den Zielwerten zurück.
Grafik des Teilindikators Wälder, der nach oben zeigt.
Der Teilindikator „Wälder“ zeigt, dass es in einzelnen Bereichen des Indikators „Artenvielfalt und Landschaftsqualität“ Fortschritte gegeben hat. Der Gesamtindikator macht dennoch keine Fortschritte, weil die Entwicklung in der Agrarlandschaft so verheerend verläuft.
Grafik des Teilindikators „Agrarland“, die einen weiteren Negativtrend anzeigt.
Der Teilindikator „Agrarland“ zieht ebenso wie der für „Küsten und Meere“ die Gesamtbilanz des Indikators „Artenvielfalt und Landschaftsqualität“ nach unten. In der Praxis heißt das: Der Artenschwund auf Wiesen, Feldern und Äckern schreitet ungebremst voran.
Grafik des Teilindikators „Küsten und Meere“ die eine gleichschlechte Entwicklung wie in der Agrarlandschaft ausweist.
Genauso schlecht wie im Agrarland verläuft die Entwicklung im Lebensraum „Küsten und Meere“.
Grafik des Indikators „Flusssauen“, der zeigt, dass die Ziele in weiter Entfernung liegen.
Der Zustand der Flussauen liegt meilenweit vom Zielwert entfernt. Dieser Indikator zeigt zudem, dass es offenbar an neueren Bewertungsgrundlagen mangelt. Die zugrundeliegenden Daten stammen aus dem Jahr 2009.
Grafik des Indikators zu FFH-Lebensräumen und -Arten, die zeigt, dass die Ziele in weiter Ferne liegen.
Der Indikator zu den europäischen Schutzgebieten zeigt, dass die Versprechungen mit der Einführung des Schutzgebietsnetzes bisher nicht eingelöst werden konnten.
Grafik des Indikators „Ökologischer Gewässerzustand“, der eine Verschlechterung zeigt.
Der ökologische Zustand von Gewässern hat sich in den vergangenen Jahren sogar noch verschlechtert.
Grafik des Indikators Landschaftszerschneidung.
Selbst der Indikator zur Landschaftszerschneidung, der am besten abschneidet, zeigt, dass die Situation hier schlechter ist als zu Beginn des Jahrtausends.
Grafik des Indikators Ökolandwirtschaft
Nur gut sieben Prozent Ökolandwirtschaft in Deutschland: Damit wird auch das Ziel dieses Indikators krachend verfehlt.