Das Merkel-Lexikon: Von Rauchen über Raute und Rücktritt bis Russland

36 Minuten
Ihr Markenzeichen ist die Raute: Angela Merkel

Das „Merkel-Lexikon" von Andreas Rinke

Ratingagenturen

Merkel hat ein ambivalentes Verhältnis zu Ratingagenturen. Einerseits haben sie und auch Finanzminister Wolfgang Schäuble in der Finanzkrise mehrfach kritisiert, dass die amerikanischen Agenturen die Risiken der Euro-Staaten stark überzeichneten, weil sie das Prinzip Solidarität in der Währungsunion nicht ausreichend verstünden und beachteten. Schon 2011 hat sie aber auch deutlich gemacht, dass die Agenturen durchaus zu Recht auf Probleme Europas aufmerksam machten. „Die Ratingagenturen sind ja nicht an sich böse. Sie weisen schon auf Schwächen hin“, sagte.[1]

Letztlich waren die Agenturen in der Euro- und Schuldenkrise sogar die stärksten Verbündeten für den deutschen Kurs, Reformen und Haushaltsdisziplin in den anderen Euro-Staaten durchzusetzen. Denn eine negative Einschätzung der Ratingagenturen führte dazu, dass neue Staatskredite für die betroffenen Regierungen teurer wurden und diese deshalb umdachten (s. Spreads).

Merkel setzte sich früh dafür ein, dass auch die Europäer eine Ratingagentur auf die Beine stellen sollten. „Leider hat es hier in der Wirtschaft kein Interesse bis jetzt daran gegeben. Das ist ein Manko – die Chinesen haben jetzt eine Ratingagentur“, beklagte sie 2011. Die EU-Regierungen könnten aber keine Agentur gründen, weil es sonst so aussehe, als suche man eine positive Beurteilung.[2] Mit der Entspannung in der Eurokrise rückte die politische Bedeutung der Bewertung durch die Agenturen dann wieder in den Hintergrund.

  • [1] Merkel-Interview, ARD, 17. Juli 2011.
  • [2] Merkel-Interview, ARD, 17. Juli 2011.