Das Merkel-Lexikon: Von Nachfolger über Naturwissenschaften bis NSA

28 Minuten
Die Hände von Kanzlerin Merkel, zur Raute geformt.

Nachfolger

Merkel hat betont, sie stehe auf jeden Fall für die gesamte Legislaturperiode zur Verfügung – ohne vorgezogene Neuwahlen wäre dies bis 2021. Sie hatte bereits 2013 angekündigt, die gesamte Legislaturperiode im Amt bleiben zu wollen. Diese Terminierung bis zum jeweils nächsten Wahltermin erlaubte ihr, nicht über einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin reden zu machen. Im Oktober 2018 kündigte sie aber an, spätestens 2021 endgültig Schluss zu machen und auch nicht mehr für den Bundestag kandidieren zu wollen.

Wirklich amüsiert hat sich Merkel über Spekulationen, dass sie aussteigen werde, um mit ihrem Mann eine Transamerika-Reise zu unternehmen – garniert war der Artikel mit dem Hinweis, dass man ein Dementi ruhig als Bestätigung auffassen solle.[1] Aber die Spekulation deutete letztlich nur auf ein Dilemma, vor dem Merkel tatsächlich stand. Es ist das Paradox der Macht: Je länger ein Kanzler regiert, desto schwerer fällt es, aufzuhören. Bei den einen entsteht das Gefühl der eigenen Unersetzlichkeit, vielleicht kommt auch Angst vor der Leere danach auf. Bei den anderen baut sich ein Verantwortungsgefühl auf, andere nicht mit einem Rückzug belasten zu können. Bei der CDU wuchs jedenfalls mit jedem Merkel-Kanzlerjahr die Angst, dass ein Ende ihrer Karriere gleichzeitig das Ende der Regierungszeit für CDU/CSU bedeuten könnte. Dennoch war allen klar, dass irgendwann Schluss sein muss.

Im Laufe der Zeit ist viel über das Thema spekuliert worden – was auch viel über Medien aussagt. Bereits im August 2010 glaubte etwa Spiegel Online zu wissen, dass Ursula von der Leyen die von Merkel erwählte Nachfolgerin sei. „Idealerweise“ sollte Merkel im Herbst 2011, spätestens aber 2012 den Staffelstab übergeben. „Mit von der Leyen hat Merkel demnach Größeres vor“, hieß es damals.[2] Kurz danach wurden Roland Koch und Karl-Theodor zu Guttenberg als mögliche Kanzler gehandelt – was den dann gescheiterten CSU-Politiker Guttenberg zu der immerhin weisen Antwort trieb, dass es „völlig anmaßend [sei], über Dinge nachzudenken, über die manche in bizarren Gedankenwelten gerade nachdenken“.[3]

Im Juli 2014 wurde dann erstmals die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer zur möglichen Nachfolgerin hochstilisiert.[4] Nachdem diese die Saarland-Wahl am 26. März 2017 klar gewonnen hatten, wiederholten sich die Spekulationen. Und seit Kramp-Karrenbauer im Dezember zur CDU-Chefin gewählt wurde, gilt sie vielen bereits als die Frau, die bei der nächsten Wahl Kanzlerkandidatin der Union werden dürfte. Einige Medien spekulieren sogar auf einen Wechsel zu „AKK“ noch vor 2021.

Merkel selbst blieb bei dem Thema schon früher stoisch: „Es wird sich immer jemand finden, der Bundeskanzler oder Bundeskanzlerin von Deutschland wird“, sagte sie im Mai 2013.[5] Später sagte sie: „Ich habe irgendwie gelernt, dass man sich mit seinen eigenen Nachfolgern möglichst wenig beschäftigen sollte. Das macht dann schon die Partei.“[6]


  • [1] Vgl. Hans-Ulrich Jörges, Merkels letzte drei Jahre, Stern, 8. August 2013.
  • [2] Vgl. Christoph Schwennicke, Ich bin dann auch mal weg, Spiegel Online, 10. August 2010.
  • [3] Vgl. Nico Fried, Ein Gedanke namens Guttenberg, Süddeutsche Zeitung, 16. Oktober 2010.
  • [4] Vgl. Georg Löwisch/Constantin Magnis/Alexander Marguier/Christoph Schwennicke, Die Stunde Null, Cicero, Juli 2014.
  • [5] Merkel in Brigitte-Veranstaltung, 2. Mai 2013. Im Deutschlandfunk/Phoenix-Interview sagte sie: „Es hat sich immer noch jemand gefunden, der es werden wollte in Deutschland“, 14. August 2013.
  • [6] Merkel auf der Pressekonferenz nach der Saarland-Wahl am 27. März 2017 in Berlin.