Der andere Besuch bei Grass

Im Rahmen des „virtuellen Archivs“ sind Exponate interaktiv in 3D-Animationen zugänglich.

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Grabstein von Günter Grass im holsteinischen Weiler Behlendorf.

So grün wie auf dem Foto lässt sich das Grab von Günter Grass erst wieder ab Mai erleben. Aber seit dem Wochenende gibt es dafür einen völlig neuartigen Zugang zu Schaffen und Werk des Nobelpreisträgers. Das Grass-Haus in Lübeck hat sein digital inszeniertes Archiv eröffnet. Knapp fünfzig Exponate aus dem Sammlungsbestand können mit Hilfe interaktiver 3D-Animationen per Klick quasi zum Leben erweckt werden: Manuskripte, Zeichnungen, Werkpläne und Skulpturen. Dazu gibt es – eigens und exklusiv produziert – Filme mit Nina Hoss, Anna Thalbach, Cornelia Funke, T.C. Boyle, Johann Lafer, Jan Josef Liefers, Ranga Yogeshwar, Ulrich Wickert und anderen.

Sein Grab in Behlendorf

Was mich an Grass auf meinen Recherchen zu Deutschland beschäftigte: Der vor fünf Jahren verstorbene Nobelpreisträger unkte vor 30 Jahren: „Sozial gespalten, ist den Deutschen innerer Unfriede sicher.“ Bis die Coronakrise die Flüchtlings- und AfD-Diskussionen in den Hintergrund rückte, behielt Grass mit seiner Einschätzung zur „Deutschen Einheit“ ein Stück weit recht.

Ganz im Frieden war der große Kritiker der Wiedervereinigung mit sich selbst aber auch nicht: Obwohl er längst aus der Kirche ausgetreten war, ließ er sich mit dem Segen des Pastors in seiner Wahlheimat Holstein auf dem Gemeindefriedhof von Behlendorf bestatten. Allerdings ist das Grab von Günter Grass herrlich weltlich: ein großer Baum, ein großer Stein, viel Grün und kein Kreuz.

Weitere Deutschland-Erlebnisse und -Recherchen stehen im Buch „Zwei Räder, ein Land“, erschienen im August 2020. Infos zur Radroute durch alle Bundesländer, wie GPS-Tracks und Ortsverzeichnisse, gibt’s über riffreporter.de/deutschland/das-buch-per-rad-durch-alle-laender.

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