Wenn Frauen durch unwegsame Sümpfe waten
Von wegen Altherren: Die Ornithologie wird jünger und weiblicher.
27 Jahre war Nina Seifert alt, als sie vor zehn Jahren zum ersten Mal an der Jahresversammlung der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft (DO-G) teilnahm. Als Neuling setzte sich die Biologin vorsichtshalber bei der Eröffnungsveranstaltung in die letzte Reihe – und stellte fest, dass vor ihr im Saal junge Frauen etwa so rar gesät waren wie bedrohte Vögel in freier Natur. Dafür erblickte sie umso mehr „Herren im besten Alter“, wie sie es nennt. „Ich hatte tatsächlich den Eindruck, hauptsächlich Silberrücken vor mir zu haben“, erinnert sie sich.
Am vergangenen Sonntag wurde Seifert in den Beirat der 1850 gegründeten Organisation gewählt. Sie prägt nun das Gesicht der Ornithologen im deutschsprachigen Raum mit – und sie ist Teil eines erfreulichen Trends: „Heute sieht man auf der Jahrestagung auf den ersten Blick, dass sich unter den Teilnehmern außerordentlich viele junge, enthusiastische Ornithologen und vor allem Ornithologinnen befinden“, sagt sie.
Bei der 150. Jahresversammlung der DO-G, die vom 29. September bis 3. Oktober mehr als 400 Vogelkundler aus Forschung, Naturschutz und Hobby-Ornithologie in Halle an der Saale zusammenbrachte, stach der Anteil jüngerer und weiblicher Teilnehmer förmlich ins Auge. Als die Organisatoren am Samstagabend zu einem Empfang speziell für die jüngeren Teilnehmer einluden, setzte sich vom Audimax der Martin-Luther-Universität aus ein regelrechter Tross in Gang. Auch unter den Referenten fanden sich viele junge Frauen – wie etwa Martha Maria Sander von der Universität Potsdam, die ihre Forschung an Laubsängern im östlichen Russland vorstellte.
„Es ist sehr viel bunter geworden“
Dass Vogelbeobachtung und Vogelkunde hauptsächlich etwas für ältere, ziemlich nerdige Männer mit langen Fotoobjektiven sind, die sich statt mit Modelleisenbahnen und Briefmarken eben mit Federträgern befassen, ist bei Außenstehenden ein gängiges Klischee. Zweifelsohne ist ein Überhang an älteren Männern überall dort, wo „Ornis“ zusammenkommen, noch immer ein reales Phänomen. Es lässt sich einiges zur Verteidigung dieser Männer sagen: ohne ihr Durchhaltevermögen, etwa allein an entlegenenen Orten stundenlang auf Vögel zu warten, über Jahre hinweg Daten akribisch zu sammeln, die anderen absurd erscheinen, oder sich im Fachsimpeln über die unglaublichsten Details der Vogelwelt zu verlieren, wären sowohl die Ornithologie als Wissenschaft wie auch der Naturschutz deutlich schwächer aufgestellt als sie es heute sind.
Aber natürlich kann ein solcher Überhang zum Problem werden, wenn er junge Frauen abschreckt. Namen wie Florence Bailey, Katharina Heinroth, Maria Koepcke und Maria Snethlage stehen dafür, dass Ornithologie schon immer auch weiblich war. Ein Nadelöhr sei aber sicherlich, dass es für den Erwerb von Artenkenntnis sehr hilfreich sei, schon früh in einer Fachgruppe eingebunden zu sein, sagt Nina Seifert. „Wenn diese Gruppen hauptsächlich aus älteren Herren bestehen, fühlt man sich als junges Mädchen nicht allzu leicht zuhause.“ Jungen Männern geht es da nicht anders. „Vergreisung“ war das erste Wort, das Jan Engler durch den Kopf schoss, als er vor einigen Jahren zu seiner ersten DO-G-Tagung kam. Am Wochenende zeigte sich Engler, der an der Universität Gent die Auswirkungen von Landnutzungsänderungen auf die Tierwelt untersucht, erleichtert: „Es ist sehr viel bunter geworden“, sagt er. Ornithologie sei „immer noch eine Männerdomäne, aber es verschiebt sich deutlich hin zu 50:50 – Gott sei Dank.“ Der 33jährige wurde ebenfalls in den Beirat der Organisation gewählt.
Wie lebendig es beim Nachwuchs zugeht, ließ sich am Samstagabend im Café „KornLiebchen“ bestaunen, wohin der Tross der jungen Teilnehmer gezogen war. Rund fünfzig Nachwuchs-Ornithologinnen und Ornithologen verteilten sich an den Tischen, um wie bei einem „Speed-Dating“ jeweils mit einem erfahreneren Vertreter des Fachs ins Gespräch zu kommen. Die Jüngeren waren von Universitäten, Forschungsinstituten, Vogelwarten und von Biologischen Stationen angereist und sie teilten einen Lebensplan. Zu den Ratgebern zählten neben DO-G-Präsident Stefan Garthe auch Friederike Woog, Vogelkuratorin am Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart, Franziska Tanneberger, Seggenrohrsänger- und Moor-Spezialistin an der Universität Greifswald und Petra Quillfeldt, Seevogelökologin an der Universität Gießen.
Die Älteren schwärmten trotz Stellenknappheit dem Nachwuchs vor, was für tolle Arbeitsmöglichkeiten es in der Ornithologie gebe – von der Grundlagenforschung mit modernsten Methoden über Naturschutzpraxis bis zur Arbeit in Planungsbüros, wo die Aufgabe zum Beispiel darin besteht, Gebiete zu kartieren, die von Bauprojekten betroffen sind. Friederike Woog versuchte mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass man an Naturkundemuseen hauptsächlich Vogelbälge entstaubt oder mit neuen Namen versieht: „Wir setzen auch das ganze Register der Molekulargenetik ein“, betonte sie. Franz Bairlein berichtete vom Masterstudiengang mit Schwerpunkt Ornithologie an der Universität Oldenburg, dem einzigen seiner Art in Deutschland. Und Tanneberger, die seit 2016 dem Vorstand der DO-G angehört, erzählte, dass manche Vogelschutzprojekte schon ganz in Frauenhand seien. „Ich war an einem Wachtelkönig-Projekt beteiligt, das aus vier Frauen bestand.“
Gute Berufschancen für angehende Ornithologinnen und Ornithologen sieht auch Jan Engler. „Wenn man passioniert ist, gibt es eine Menge schöner Möglichkeiten“, sagt er. Engler beschreibt Ornithologie als topmoderne Disziplin, die Big Data und ausgefeilte Sensoren einsetzt, um die Bewegungen von Vogelschwärmen zu analysieren, die mit der aktuellsten Generation von Genom-Sequenziermaschinen die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Arten und in Populationen aufklärt und die bei Themen wie Klimawandel und Landnutzung ganz vorne mitspiele. 2013 hat Engler im Rahmen der Europäischen Ornithologen-Vereinigung EOU die „Fledglings“ gegründet, eine Gruppe von „frisch flüggen Ornithologinnen und Ornithologen“. „Das ist ein Netzwerk von jungen Leuten, die sich auf europäischer Ebene verbinden, austauschen, kooperieren“, sagt er.
Weil es Menschen wie Engler und Seifert gibt, muss einem um die Zukunft der Vogelkunde nicht bange sein. Nina Seifert hat ihren Weg zu einer Zeit gefunden, als das Fach noch viel stärker von den „Herren im besten Alter“ dominiert war als heute. Sie hat von 2000 bis 2008 in Münster, Greifswald und Spitzbergen Biologie studiert und ihre Diplomarbeit über die Nahrungsökologie des Krabbentauchers geschrieben. Anschließend arbeitete sie in Forschungsprojekten mit, die vom Vogelzug in der Sahara bis zu Schneehühnern in der Polarregion reichten. 2015 wurde sie mit einer Arbeit über das Zwergsumpfhuhn in Westafrika promoviert, seit 2017 arbeitet sie bei der Michael-Succow-Stiftung.
Dort ist Seifert verantwortlich für die Entwicklung der stiftungseigenen Naturerbe-Flächen. „Das sind Flächen aus dem Besitz der Bundesrepublik, die meistens nur einen geringen landwirtschaftlichen Wert haben, dafür aber aus naturschutzfachlicher Sicht umso wertvoller sind“, sagt sie. Dazu gehörten Küstenvogelgebiete wie die Karrendorfer Wiesen nordwestlich von Greifswald, „ein ganz herrliches und dynamisches Küstenüberflutungsmoor und extensiv beweidetes Salzgrasland, das für viele Wat- und Wasservögel ein wichtiges Brut- und Rastgebiet darstellt“. Hier plant Seifert wasserbauliche Maßnahmen, um den Bruterfolg der Wiesenbrüter zu erhöhen.
Zur Ornithologie ist sie über ein Freiwilliges Ökologisches Jahr gekommen, das sie im Wasservogelreservat Wallnau auf Fehmarn geleistet hat. „Diese Möglichkeit nehmen ja viele junge Frauen jedes Jahr wahr und so rekrutiert sich dann auch weiblicher Nachwuchs an Biologinnen und Landschaftsökologinnen, die im Studium den Schwerpunkt auf Ornithologie legen wollen“, sagt sie.
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