Er wohnt an unseren Lebensadern

Der Flussuferläufer im Portrait – aus der journalistischen Schatzkiste

von Carl-Albrecht von Treuenfels
4 Minuten
Der Vogel ist an einem Ufer zu sehen, ein typischer Lebensraum für ihn.

Ein durchdringender dreisilbiger Ruf hat schon manchen Spaziergänger aus seinem beschaulichen Ausblick auf einen Binnensee oder Fluss hochfahren lassen. Doch es dauert in der Regel eine ganze Weile, bis der unerfahrene Wanderer herausgefunden hat, von welchem Lebewesen das hell klingende „hididi“ stammt. Wenn überhaupt, so entdeckt er den Träger der weithin vernehmbaren Stimme erst, wenn dieser mit vibrierenden, von kurzen Pausen unterbrochenen Flügelschlägen über das Wasser davonschwirrt: ein starengroßer, braunweißer Vogel, der bald nach dem Auffliegen wieder auf einem Stein oder am Ufersaum landet und mit dem Körper auf und ab wippt.

Kommt ihm der Mensch wieder nahe, wiederholt sich die kurze Flucht, die allerdings weniger von einer großen Scheu als vielmehr von dem Bestreben herrührt, nur einen Mindestabstand von einer knappen Steinwurfweite einzuhalten. „Seeuferflieger“ könnte der kleine Gefiederte demnach genauso gut heißen, doch als Flussuferläufer ist Actitis hypoleucus hierzulande bekannt, wenngleich er rund fünfzig weitere volkstümliche Namen trägt. „Bachpfeifer“, „Trillerchen“ und „Uferlerche“ sind drei besonders originelle unter ihnen.

Seine Verwandten sind leicht zu verwechseln

Man sieht es dem Flussuferläufer nicht auf den ersten Blick an, daß er der großen Familie der Schnepfen angehört. Unter den 86 Arten, die dieser weit verzweigten Vogelsippe zugerechnet werden, zählt er mit einer Körperlänge von zwanzig Zentimetern zu den kleineren unter den Läufern. Allein in Europa gibt es von diesen Verwandten – als Brutvögel, Durchzügler oder Rastvögel – mehr als ein Dutzend, die nahezu jeden Vogelbeobachter immer wieder vor Bestimmungsprobleme stellen, zumal wenn die Vögel sich im weniger auffälligen Wintergefieder präsentieren: Alpenstrandläufer, Bruchwasserläufer, Dunkler Wasserläufer, Graubrustläufer, Grasläufer, Kampfläufer, Meerstrandläufer, Schlammläufer, Sichelstrandläufer, Stelzenläufer, Sumpfläufer, Temminckstrandläufer, Teichwasserläufer, Terekwasserläufer, Waldwasserläufer, Weißbürzelstrandläufer und Zwergstrandläufer bringen nicht geringe Verwirrung und manche Diskussion unter den Ornithologen.

Den Flussuferläufer erkennt man an einer weißen Einbuchung an der Vorderseite des Flügels. Er fliegt gerne knapp über der Wasseroberfläche.
Der Flussuferläufer wurde früher auch „Bachpfeifer“, „Trillerchen“ und „Uferlerche“ genannt.