Können wir mit einem zweiten Top-Beutegreifer zusammenleben?
Der Wolf kehrt zurück: Schreckensnachricht oder willkommener Erfolg im Artenschutz? Interview mit der Buchautorin Petra Ahne
Was wird passieren, wenn sich die Wölfe in Deutschland immer weiter ausbreiten?
Mehr Menschen werden Wölfe sehen, vom Autos aus zum Beispiel, wenn ein Rudel über einen Acker läuft. Es wird mehr Risse geben, auch in Gebieten, in denen es jetzt noch gar keine Wölfe gibt. Kurz, der Wolf wird sichtbarer werden und es wird sich zeigen, wie gut wir dieses bislang einmalige Projekt hinbekommen: so einen Top-Beutegreifer per Gesetz einfach sein zu lassen, uns mit ihm den Lebensraum zu teilen. Wobei sich die Wölfe nie unbegrenzt ausbreiten werden – dafür sorgt schon die enorme Größe der einzelnen Reviere.
Wölfe werden von denen einen dämonisiert, von den anderen verehrt – wie ist Ihr Verhältnis?
Ich mag Wölfe, ich finde sie auch einfach schön, ihre leichtfüßige Eleganz, ihre pelzige Gemütlichkeit – und weiß im gleichen Moment, dass das natürlich eine sträflich anthropozentrische Sicht ist. Aber der entkommen wir nie ganz, der Mensch hat nun mal kein sachliches Verhältnis zur Natur. Wichtig ist nur, sich dessen bewusst zu sein. Und dafür mag ich Wölfe noch mehr, dass ich durch sie verstanden habe, warum es uns so schwer fällt, die Natur einfach so zu nehmen, wie sie ist. Sie sind wie ein Barometer dieses Verhältnisses. In Zeiten, in denen der Wert der Natur danach bemessen wurde, welchen Nutzen sie für den Menschen hat, wollte man Wölfe einfach nur loswerden. Nun, da Natur ein Versprechen auf ein authentischeres Leben geworden ist, werden Wölfe zum Sinnstifter. Was auch eine Bürde sein kann.
Wann sind Sie zum ersten Mal mit Wölfen in Berührung gekommen?
Als Kind durch Erik Zimens’ Buch “Der Wolf”. Als angehende Verhaltensforscherin, die ich damals zu sein glaubte, war ich begeistert: Niedliche Wolfswelpen im eigenen Wohnzimmer aufziehen, Teil des Rudels aus erwachsenen Wölfen sein – das wollte ich auch. Ein paar Jahre lang jedenfalls. Ich bin dann aber doch keine Verhaltensforscherin geworden.
Sie haben 2016 ein Buch über Wölfe geschrieben. Was hat dazu den Ausschlag gegeben?
Dass der Wolf nach Deutschland zurückkommt – in dasselbe und doch in ein anderes Land als das, in dem er vor 150 Jahren ausgerottet wurde. Mein altes Wolfsinteresse war geweckt, etwas weniger romantisch als früher allerdings. Ich wollte wissen, was das bedeutet: dass die Wölfe heute in eine so völlig andere Welt hineingeboren werden als noch vor 100 Jahren. In eine, die sie nicht um jeden Preis loswerden will, sondern ihnen das Recht zugesteht, unbehelligt zu leben. Was passiert, wenn die alten Fantasien und Ängste über den Wolf plötzlich wieder auf ein reales Tier stoßen? Wenn der Wolf nicht nur in die Wälder zurückkehrt, sondern auch in die Köpfe der Menschen? Denn diese beiden, das echte Tier, und die Vorstellungen, die wir uns von ihm machen, unterscheiden sich ja meist erheblich voneinander, bei jeder Spezies.
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Sie haben für die Riff-Leser einen Ausschnitt Ihres Buchs ausgewählt (Link unter dem Inteview). Warum genau diesen?
Für Riff als Ort für spannenden Wissenschaftsjournalismus fand ich das Kapitel besonders passend, das beschreibt, wie der Wolf von der Wissenschaft entdeckt wurde (reichlich spät übrigens, in den 40er-Jahren), man also erstmals versuchte, sich ihm objektiv zu nähern – was aber auch nur in Maßen gelang. Der Mensch, auch der forschende, ist nun mal gefangen in einer begrenzten Perspektive: Er kann das Beobachtete nur mit seinem menschlichen Erfahrungshorizont abgleichen, er hat ja keinen anderen. Das hat zum Beispiel dazu geführt, dass sich die Idee vom Alpha-Wolf und einer starken Dominanzhierarchie im Rudel über Jahrzehnte halten konnte. Dabei stimmt das so gar nicht: Ein Rudel besteht aus einer Familie und da haben die Eltern nun mal mehr zu sagen als der Nachwuchs.
Möchten Sie mit dem Buch etwas bewirken?
Ich möchte ein Gefühl dafür wecken, welche Chance es bedeutet, dass der Wolf zurückkommt. Die Chance nämlich, ihn endlich mal so zu sehen, wie er ist: weder Bösewicht noch Sinnstifter, nicht gut und nicht böse, weil es solche Kategorien in der Natur gar nicht gibt. Wir müssen aber dazu kommen, die Natur zu respektieren, wie sie ist, sonst gibt es den Menschen nicht mehr allzu lange auf diesem Planeten. Und das Tolle ist, der Wolf kann uns dabei helfen. Wenn wir es nämlich schaffen, ihn auszuhalten, in seiner Ambivalenz und Ungreifbarkeit, haben wir nicht nur den Wolf ein Stück weit verstanden, sondern auch die Natur.
Gibt es eine Frage, die Sie erst jetzt beschäftigt?
Wo hört der Wolf auf, wo fängt der Hund an? Wie nah sind sich die beiden noch? Das könnte aber auch an dem Hund liegen, der vor einer Weile bei uns eingezogen ist.
Sie dürfen sich einen Leser wünschen – wer wäre das?
Conrad Gesner, Universalgelehrter des 16. Jahrhunderts, Begründer der modernen Zoologie und Verfasser furioser Tiraden gegen den Wolf, dieses „rauberische, frässige und schädliche Tier“. Er würde uns wohl für verrückt erklären, dem Wolf das Recht einzuräumen, unbehelligt zu leben. Oder als lernwilliger Renaissancegelehrter mit Staunen registrieren, wie sich die Welt verändert hat.
Wie geht es mit Ihnen und den Wölfen weiter?
Ich werde auf ihrer Spur bleiben und viel Freude dabei haben, zu verfolgen, wie sie wiederkommen – in echt, aber auch in Geschichten, in Filmen und Romanen. Man merkt es jetzt schon: Der Wolf wird wieder benutzt, um etwas über unser Verhältnis zur Welt und zur Natur zu sagen. Und das ist ziemlich spannend.
In ihrem Buch „Wölfe“ erforscht Petra Ahne unser Zusammenleben mit dem Raubtier. Dabei geht es auch um das Verhältnis der Wissenschaft zum Wolf. Ein Auszug: Mit Anfa im Garten: Der Wolf und die Wissenschaft