Die europäische Energiewende braucht mehr Champagner

von Daniela Becker
8 Minuten
Champagner-Gläser

Die Menschen in der Region um die Rhein-Metropole Köln können im Frühjahr 2015 in Deutschland als Erste einen Blick auf das Himmelsphänomen erhaschen, das über ganz Europa hinweg zieht: Eine fast totale Sonnenfinsternis, bei der stellenweise bis zu 80 Prozent der Sonne verdunkelt werden. Während Menschen in ganz Europa in Vorfreude auf das spektakuläre Ereignis die geschwärzten Brillen herauslegen, herrscht in den Leitzentralen der europäischen Stromversorger und Netzbetreiber Anspannung.

Die Sonnenfinsternis 2015 gilt als erster großer Test, ob die europäischen Stromnetze mit den neuen Herausforderungen durch die erneuerbaren Energien klar kommen. In den zwei Stunden, in denen der Kernschatten des Mondes über den Kontinent zieht, verdunkelt er auch die Solarenergieanlagen. Am Vormittag des 20. März kommt es zunächst zu einer starken Reduktion der Photovoltaik-Stromproduktion, gefolgt von einem schnellen Anstieg nach dem Ende der Sonnenfinsternis. Betroffen ist ein großer Teil der Stromversorgung: 38 Gigawatt Solarstromkapazität sind zu diesem Zeitpunkt in Europa installiert, das allermeiste davon in Deutschland. Zahlreiche Medien fabulieren deshalb im Vorfeld vom Blackout, der der Staatengemeinschaft bevorstehen könnte. Deutsche Solarkraft trifft auf German Angst.

Energiewende hat den Stresstest bestanden

„Dieser Stresstest wurde bestanden“, sagt Kamilla Csomai, CEO vom ungarischen Netzbetreiber Mavir auf der Konferenz zur Koordinierung der Stromsicherheitsmaßnahmen (ElSEC). Es ist Oktober 2018; drei Jahre nach diesem Ereignis. Die Zahl der Solaranlagen ist inzwischen deutlich weiter angewachsen. Etwa 200 Teilnehmer sitzen im fensterlosen Konferenzraum der Albert Hall in Brüssel und diskutieren Fragen der Sicherheit zur europäischen Stromversorgung. Die drängendste Frage: wie umgehen mit den Erneuerbaren?

Am 20. März 2015 betrachten Menschen in Belfast, Nordirland, eine partielle Sonnenfinsternis.
Am 20. März 2015 reduziert sich durch eine fast totale Sonnenfinsternis die Stromproduktion der in Europa intsallierten Solaranlagen.
eine Europakarte mit blauen Linien [AI]
Karte der geplanten und laufenden länderübergreifenden Projekte der EU im Bereich Elektrizität.