Deutschland per Fahrrad – durch alle 16 Bundesländer in 24 Etappen, 2451 Kilometer

Das Vollmond-Abenteuer in Schwaben & alle GPS-Tracks und Geheimtipps für die eigene Radreise.

26 Minuten
Porträt Martin C. Roos mit Radhelm, die Mauer mit Graffiti im Hintergrund.

Die Provinz macht unser Land aus, in dem nur ein Drittel der Bevölkerung in Großstädten lebt. Jenseits der Metropolen bin ich per Rad durch Deutschland getourt.

Erlebnisse und Gespräche auf meiner 2451 Kilometer langen Fahrt durch alle Bundesländer stehen seit August 2020 im Buch „Zwei Räder, ein Land“ (ISBN 9783749797578). Alle praktischen Reise-Infos sowie die Leseprobe zur abenteuerlichsten der 24 Etappen habe ich nachfolgend zusammengestellt. Bislang in meinem Magazin:

  1. Von Milch und Miseren in Holstein
  2. Seltsame Blüten der Ostalgie in Boizenburg
  3. Ein Ehepaar rettet alte Apfelsorten in Hamburg
  4. Ärger, Erdgas, Echolot – durch den Norden Niedersachsens
  5. Schuldig bei Nichtnutzung von Radwegen? – „Das ist pflichtgemäßes Ermessen!“
  6. In Deutschlands Westen wankt der Optimismus
  7. Entdeckungen im kleinsten Flächenland
  8. Die kleinen und großen Enttäuschungen in Baden.

Über die Fortsetzung informiert der kostenlose Newsletter.

Es folgen die Reise-Infos

GPS-Tracks – Orte, die meine Fahrt besonders machten – Stützpunkte mit Übersichtskarte – Packliste – Disclaimer/Dank (nach der Leseprobe „Vollmond-Abenteuer“.

Deutschlandkarte mit 24 markierten Übernachtungsstätten.
24 Etappen für 2451 Kilometer: Beginnend in Holstein durchmaß ich als RadelnderReporter alle 16 Bundesländer, im kleinen Gepäck die große Recherche-Frage: Wie geht's Deutschland? – Antworten gibt mein Buch „Zwei Räder, ein Land“, ISBN 978–3–7497–9757–8.
Das Rad des Autors lehnt am Ortsschild von Gottscheina, Stadt Leipzig
Straßenidylle am Rand der Metropole.

Ortsverzeichnis nach Land und Reihenfolge

Von Deutschland Nord nach West und Süd, und über den Osten wieder nach Norden: Das ist meine 2451 Kilometer lange Route durch alle Bundesländer, die das Land im Kleinen abbildet – mit zahllosen Dörfern und Kleinstädten, in denen die Bevölkerung zu zwei Dritteln lebt. Nachfolgend habe ich bei den durchfahrenen Länder die rund 250 Ortschaften gelistet, die meine Radroute so besonders machen. Wurde aus Ländern aus- und wieder eingereist, markieren Unterstriche die Orte vor der jeweiligen ›Länder-Karenz‹.

Die zur Gesamtsumme von 2451 Kilometern fehlende Strecke liegt in Frankreich und beträgt 103 Kilometer (siehe Reiseroute oben). Die Zitate zu den Bundesländern notierte ich mir während der einmonatigen Radreise.

Schleswig-Holstein (132 Kilometer)

Gießelrade – Sarau – Seekamp – Berlin – Steenkrütz – Strenglin – Pronstorf – Goldenbek – Berkenthin – Göttin – Besenthal – Seedorf (Schalsee) – Mustin – Wietingsbek – Timmendorfer Strand – Ekelsdorf – Barkau – Gießelrade – Schwienkuhlen – Berlin.

Meine kleine Stadt steht für tausend andere und für jede große auch. – Hans Fallada 1931

Mecklenburg-Vorpommern (140 Kilometer)

Leisterförde – Boizenburg – Polz – Dömitz – Lübtheen – Pritzier – Körchow – Boize – Schlagsdorf – Molzahn – Stove – Carlow – Schönberg – Dassow – Pötenitz.

Warum ist mir das Morgenroth / So blutgestreift? die Welt so todt? – Christian Friedrich Daniel Schubart 1802

Niedersachsen (291 Kilometer)

Hohnstorf – Artlenburg – Hunden – Laßrönne – Hoopte – Achterdeich – Ramelsloh – Bendestorf – Thelstorf – Welle – Tiste – Ehestorf – Nartum – Taaken – Horstedt – Narthausen – Fischerhude – Ganderkesee – Havekost – Diepholz – Bohmte – Essenerberg – Oldendorf – Melle – Gesmold – Hilter – Bad Laer.

Wer heute abweicht, wird nur als Freak wahrgenommen. Die anderen nehmen sich kein Beispiel, sondern zeigen bloß mit dem Finger auf ihn. – Robert Faller 2012

Hamburg (9 Kilometer)

Zollenspieker – Kirchwerder.

Was der Mensch sich selbst auferlegt, wird von allen (…) ernster genommen, als was ihm durch Zwang geschieht. – Elias Canetti 1976

Bremen (26 km)

Hexenberg – Borgfeld – Blockland – Vegesack.

Könnte man die Sprünge der Aufmerksamkeit messen, die Leistungen der Augenmuskeln, die Pendelbewegungen der Seele und alle die Anstrengungen, die ein Mensch vollbringen muß, um sich im Fluß einer Straße aufrecht zu erhalten, es käme vermutlich eine Größe heraus, mit der verglichen die Kraft, die Atlas braucht, um die Welt zu stemmen, gering ist. – Robert Musil 1930

Nordrhein-Westfalen (211 Kilometer)

Füchtorf – Tönnishäuschen – Weetfeld – Bönen – Unna – Wannhofen – Garenfeld – Eilpe – Zurstraße – Breckerfeld – Halver – Anschlag – Kierspe – Börlinghausen – Bergneustadt – Blockhaus – Hardt – Freudenberg.

Die Reife der Seele ist mehr wert als die Pracht der Fähigkeiten und der Überschuss der Kräfte. Dieser Gedanke ist ein Trost. – Henri-Frédéric Amiel 1860

Rheinland-Pfalz (291 Kilometer)

Hammerhöhe – Betzdorf – Steineroth – Steinebach – Ehrlich – Müschenbach – Roßbach – Dierdorf – Stebach – Montabaur – Welschneudorf – Nassau – Laurenburg – Katzenelnbogen – Sporkenheim – Laurenziberg – Bad Kreuznach – Hüffelsheim – Schloßböckelheim – Staudenheim – Altenglan – Rutsweiler – Rehweiler – Waldmohr – Schweix – Ludwigswinkel.

Wieso verliert kein Schriftsteller ein Wort darüber, daß die Autogesellschaft begonnen hat, uns zu verschlucken? – Wolfgang Hilbig 1995

Hessen (32 Kilometer)

Kemel – Fischbach – Hausen vor der Höhe – Eltville – Oestrich.

Ich kann nicht erzählen, was mir passiert ist. Das wäre die Wiederholung von etwas Unerträglichem. Ich muss aber antworten auf das, was mir passiert ist. – Martin Walser 1994

Saarland (43 Kilometer)

Kleinottweiler – Beeden – Blieskastel – Herbitzheim – Gersheim – Niedergailbach – Riesweiler – Utweiler.

Wer nicht vertrieben sein will, muß vertreiben – Friedrich Schiller alias Wallenstein 1799

Baden-Württemberg (300 Kilometer)

Rastatt – Gaggenau – Kuppenheim – Gernsbach – Kaltenbronn – Enzklösterle – Oberweiler – Beuren – Bieringen – Nagold – Völklingen – Schwalldorf – Eningen – Bempflingen – Großbettlingen – Metzingen – Nürtingen – Reichenbach an der Fils –- Hegenlohe – Schorndorf – Miedelsbach – Eselshalden – Welzheim – Dinglesmad – Honkling – Gaildorf – Mittelfischach – Obersontheim – Vellberg – Talheim – Großaltdorf – Großallmerspann – Kirchberg (Jagst) – Hausen am Bach.

Don’t ask me where I’m from, ask me where I’m a local. – Taiye Selasi 2014

Bayern (255 Kilometer)

Rothenburg ob der Tauber – Reichelshofen – Gumpelshofen – Gickelhausen – Uffenheim – Krautostheim – Baudenbach – Unterwinterbach – Ailsbach – Mühlhausen – Rattelsdorf – Busendorf – Lahm – Großheirat – Coburg – Blumenrod – Fürth am Berg – Erlabrück – Bobengrün – Bad Steben – Lichtenberg – Rudolphstein – Untertiefengrün.

Was ist ein Halbzuhause? Ein Ort, an dem man sich wohlfühlt, und den man, wenn die Zeit gekommen ist, ohne Schmerz verlassen kann. – Jochen Schimmang 2016

Thüringen (43 Kilometer)

Mogger – Rotheul – Blankenberg – Pottiga – Juchhöh – Mödlareuth – Altenburg – Rasephas – Knau – Plottendorf.

Das Einhorn lebt von Ort zu Ort / nur noch als Wirtshaus fort. – Christian Morgenstern 1910

Sachsen (152 Kilometer)

Kemnitz – Plauen – Herlasgrün – Lauschgrün – Reichenbach – Kahnsdorf – Espenhain – Liebertwolkwitz – Heiterblick – Gottscheina – Mutschlena.

Als hätte ich mit dem Wissen, bald anzukommen, den letzten Rest meines Willens verloren. – Reinhold Messner 2005

Sachsen-Anhalt (99 Kilometer)

Pouch – Gossa – Jüdenberg – Goltewitz – Wörlitz – Wittenberg – Piesteritz – Zahne – Naundorf – Kümmernitz.

Es geht mir ganz gut, – aber ich bin doch sehr hin und diese Strapazen, so ungern ich es auch einräume, übersteigen doch meine Kräfte. – Theodor Fontane, 1862

Brandenburg (249 Kilometer)

Seedorf – Jüterbog – Kloster Zinna – Luckenwalde – Wiesenhagen – Klein Schulzendorf – Nunsdorf – Selchow – Schönefeld – Schönwalde – Börnicke – Sandhorst – Königshorst – Lobeofsund – Warsow – Vietnitz – Friesack – Ohnewitz – Rhinow – Rübehorst – Roddahn – Breddin – Damelack – Bendelin – Netzow – Groß Breese – Bentwisch – Cumlosen.

Du weißer Großstadt Spinnenungeheuer! (…) In dessen Brust die Brut der Fieber haust! – Johannes R. Becher, 1919

Berlin (75 Kilometer).

LESEPROBE: Voll der Mond auf leeren Straßen

Erwacht, kurz nach Mitternacht, spürbar: kein Schlaf mehr, nirgends. Schmerz. Bauch und Schädel tun weh. Soll ich Arznei? Nicht schon wieder. Paracetamol nehme ich täglich seit dem Saarland, wo ich nass wurde und nass über Stunden auf dem Rad saß. Noch hält das Zeug die virale oder bakterielle Entzündung halbwegs in Schach. Ibuprofen und Acetylsalicylsäure mag der Magendarmtrakt nicht. Beide sind ausgemustert, nach Hause versandbereit mit anderen Sachen, neben einer Schachtel liegend, die ich mir selbst ins Hotel schickte. Drinnen waren fünf Energieriegel, 200 Gramm Haferflocken, 100 Gramm Mandelmehl zum Anrühren, ein frischer Mantel fürs Hinterrad, etwas Klebeband, eine Klavierpartitur The man I love, eine Musikkassette Marek & Vacek Concert Hits aus dem Jahr 1973. Die beiden Musiksachen gehen auch retour. Mit ihnen wollte ich meinem Vater eine Freude machen im Heim, wo sie ein Klavier und eine alte Musikanlage stehen haben. Dass ich die Musik gestern vergaß aus dem Hotel mitzunehmen, ärgert mich fürchterlich.

Noch versuchen weiterzuschlafen? Vielleicht autogenes Training? Nein, diese Nacht habe ich keinen Nerv. Ich trete die Decke von den Beinen, setze mich auf die Bettkante und staune: Ist ja irre, wie grell da Licht an den Gardinen vorbeilugt. Mondlicht, eine bizarre Verlockung. Ich könnte ja aufbrechen, jetzt, mitten in der Nacht. Mein limbisches System muss sich aber erst im rationalen Denkzentrum meines Frontallappens vergewissern. Limbus: Ist das machbar? Frontallappen: Das Hotel hat einen Nachtportier, Check-out jederzeit.

1.17 Uhr – Nachtfrühstück im Sonnenschein

Ich stopfe die Ausrüstung in die Packtasche, verklebe die Versandschachtel, pappe die Frankatur drauf. Unterdessen koche ich erst Tee, brühe dann Espresso und setze mich mit Hafer-Mandel-Pamp auf den Balkon. Ein nächtliches Frühstück im Schein der Sonne, von der ja am Ende auch das Mondlicht stammt. Im Display des Smartphones lasse ich meine Route aufpoppen, begutachte die Orte hinter Eningen, spicke in den Mondkalender. Heute, 17. Juni, ist Vollmond. Was für eine Gelegenheit, die Nacht zum Tag zu machen!

Vom Balkon schaue ich über eine Truglandschaft, über der weder Tag herrscht noch Nacht. Harmlos erscheint mir der dichte Wald des Juragebirges, der im Silberlicht sein Grün nicht auszuspielen vermag. Umso drohender gebärden sich unterm Mond die Steilhänge: Als ob die Alb gespickt wäre mit explosiven Vulkanen.

Eruptives Material ergießt sich um Eningen, Reutlingen und den ganzen Süden Stuttgarts täglich ab sechs Uhr, und zwar in Massen. Es sind Ströme aus Blech, kanalisiert auf den Straßen. Mit Ausnahme des Waldgebiets namens Schönbuch ist die Gegend zersiedelt wie kaum anderswo in Süddeutschland. Ein engmaschiges Straßennetz liegt vor und an der Schwäbischen Alb. Viele Radwege gibt es auch. Doch Lärm, Mief, Ampel-Stop-and-Go lassen wenig Fahrspaß zu. Wäre mein Vater nicht im Eninger Seniorenzentrum, ich hätte den Süden Stuttgarts weiträumig gemieden.

2.03 Uhr – Im Sog der Nacht

Skeptisch beäugt mich der Nachtportier, als ich in voller Montur das Rad zum Tresen schiebe. Ich zahle, hinterlasse mein Postpäckchen und gehe zur Tür. Klick, die Glasflügel huschen zur Seite, geben den Weg frei von trockener Hotelluft ins Feuchtkühle. Ein besseres Wellness-Erlebnis kann ich mir nicht vorstellen, um zur Nachfahrt anzutreten. Überduscht von kühler Luft rinnen alle Zweifel davon, die mich warnten: ›Das ist ein Wahnsinn! Und gefährlich außerdem.‹ Keine Wolke trübt den Himmel, aber ich erspähe nur Teile von Großem Wagen und Kassiopeia. Der Boden haucht die Feuchte des gestrigen Regens aus und füllt den Äther mit unsichtbarem Kondensat.

Im Mondschatten des Gebäudes nehme ich Fahrt auf, trete sehr zögerlich. Der erste Abschnitt besteht aus einem schmalen, ausgesetzten Asphaltband. Heftig durchzuckt es mich, als ich das Gebäude und dessen Waldsaum hinter mir habe. Rechts blendet mich der Mond und ich erschrecke, wie steil der Hang zur Stadt abfällt. Im Reflex der Abkehr vom Hang rechts taumle ich beinahe links hinein in Fels und Gebüsch, das sich bergauf zur Achalm zieht. Die Anhöhe über Eningen ist ein ›Zeugenberg‹, eine Felsinsel, abgetrennt von der Alb. Geologisch bezeugt die Achalm, wie leicht Juragestein erodiert. In dieser Nacht ist der Berg einziger Zeuge, wie ein Radler dem Mondrausch verfällt und dem unverstellbaren und herrlichen Alb-Traum, bis früh um fünf Herr zu sein über alle Straßen.

2.37 Uhr – Gefährliche Euphorie

Ich muss mich bremsen, denn gefährliche Euphorie macht sich breit: Auf freiem Feld ist es hell genug, um ohne Radlicht voranzupreschen. Aber meine Augen sind übernächtig, übersehen womöglich Steine oder Löcher. Mit nur zwei Stunden Schlaf fühle ich mich wie angetrunken. Angst steigt auf, als ich hinunter ins Emstal auf Motorradtempo beschleunige: eine Unachtsamkeit, ein Schlenkern und ich katapultiere mich in die Böschung.

Bergab fahre ich mit Radlicht, bergauf reicht mir der Mond. Dann werde ich eins mit der Nacht und das allzu Schwäbische bleibt marginal. Metzingen, Bempflingen, Großbettlingen: In der Tourenplanung kamen mir die Orte unverdaulich vor, wie zu fettige Maultaschen auf üppigem Spätzleteller. Ich lasse sie im Halbdunkeln heiter an mir vorbeigleiten – als Karikaturen ihrer selbst. Zwischen Reihenhäusle und akribisch totgepflasterten Vorgärten bin ich allein. Als seien Dörfer nur steinige Wüsten. Das kalte Diodenlicht ihrer Laternen hat etwas von Gefängnis. Befreit fühle ich mich, sobald eine Ortschaft endet und die Luft sprunghaft stärker kühlt. Die Nacht lebt in den Gerüchen. Auch wenn ich‘s nicht sehe: Meine Nase erfährt, wo gemäht wurde oder gepflügt, wo Stallungen stehen oder Kompost sich häuft. Die Gesichtshaut signalisiert mir ›klamm‹, quere ich einen Bach. ›Lau‹ heißt es auf den Höhen. Dazu höre ich die Reifen surren auf aalglattem Asphalt, sinnlich, fast erotisch.

Mein Überschwang ist mir selbst peinlich. Laut lache ich heraus, als ich den Namen dieses Industriegebiets lese: Großer Forst! Hier brüllt tags der Lastverkehr, jetzt schreie ich meinen Zweiradegoismus heraus. Ist die Straße noch so Autobahn: Bis zum Berufsverkehr gehört sie mir und dem Gummi-Kevlar-Amalgam meiner Räder.

Auf frisch geteerter vierspuriger Bundesstraße rausche ich hinunter nach Nürtingen, biege rechts ab nach dem Neckar. Die Bundesstraße kenne ich von früheren Vaterbesuchen. Untertags dröhnt hier der Verkehr; mit dem Leben spielt, wer hier die Radwege meidet. In dieser Nacht jedoch jage ich die B313 an der Mittelmarkierung entlang. Vorsicht Nebel! Am Neckar hat es nur sieben Grad und ich tauche in dichtes Grau, schön, erlköniglich, aber gefährlich. Einmal schaue ich kurz heraus über dünner Nebelbank, mehrmals taumle ich völlig versunken dahin – die reinste Blindfahrt. Bis der Mond mir wieder scheint, bange ich bisweilen sekundenlang.

Bang und banger wird mir eine Stunde später. Als sich mein Körper meldet. Mehr als Meldung ist’s Alarm: ›Kaputt‹ lautet die Botschaft. Und so wird er sich auch anfühlen, der Körper. Als ob es aus ist mit meiner Fahrt.

3.20 Uhr, noch spule ich Kilometer um Kilometer, erst am Neckar, jetzt an der Fils. Lichtblick: Über den Talhängen zeigt sich zaghafter Schimmer. Kommt da der Tag? Oder täuschen mich die Sinne? In Reichenbach keimt Hoffnung, ich könnte an offenstehender Tür einer Backstube eine knusprig-salzige Seele erbetteln. Doch die heimelige Stube ist nur ein Hirngespinst. Der Geruch nach Frischgebäck entströmt dem Shop einer Tankstelle, grell beleuchtet wie eine Grenzabfertigung. Aufgepasst, hier mündet der Reichenbach. Ihm wende ich mich zu, kehre dem Filstal den Rücken und bin mir jetzt sicher: Blauschimmer kündigt hangseitig vom Tag. Minuten später sehe ich schwarz.

4.06 Uhr – Schwelendes Lungenfeuer

Mit Lungenschmerz habe ich so meine Erfahrungen. Ich kenne den beklemmenden Druck nach Kaltwasserschwimmen, regelmäßig erlebt während des Studiums – ich konnte mir zum Triathlon keinen Neoprenanzug leisten. Schmerzhaftes Hecheln auf steilen Gletschern erinnere ich: Als angestellter Redakteur unternahm ich Hochtouren, wurde aber heftig höhenkrank am Monte Rosa. Und heute dies: Am Ende der Vollmondnacht, im kurzen Steilstück am schwäbischen Reichenbach, sackt der vermeintlich so gestählte RadelndeReporter in sich zusammen wie ein Pneu, dem die Luft entweicht. Die Lunge brennt, als rönne heißes Pech hindurch. Tiefes Atmen provoziert stechenden Schmerz. Nur kurzatmig und nach Luft hechelnd sind die zweihundert Höhenmeter hinauf nach Hegenlohe zu bewältigen.

4.06 Uhr. Vor einem Kreisverkehr am Dorfende lasse ich den Oberkörper über den Lenker sinken. Krankheit will mein Hirn nicht wahrhaben, es weicht aus, zapft die Sehrinde an und befeuert fantastische Bilder. Vor mir am Kreisverkehr sehe ich ein riesiges Monument, Umrisse nur im Gegenlicht des Morgenhimmels. Ich sehe einen Vulkankegel, drumherum kaltes Laternenlicht, eine illuminierte Caldera. Über dem falschen Vulkan hängt sanftes Rot. Es ist nicht jene Lava von Wolkenrändern, die Schlechtwetter ankündigt. Es ist jene zarte Röte, über der seidiges Grün liegt und weiter oben das astrale Blau eines perfekten Sommertags. Schamesröte, denke ich: Der Wettergott schämt sich, in weichen Farben einen Tag heraufzubeschwören, auf den er später mit dem Hitzeknüppel einschlägt.

Ich zwinge mich weiterzufahren. Das Lungenfeuer schwelt. Die Luft hat 7 Grad Celsius. Es dämmert weiter, der Berufsverkehr kommt in Schwung. Obwohl die Batterien meiner Lampen schwächeln, lasse ich sie lieber an, vor allem im Schurwald und hinunter in die Nebelsuppe von Schorndorf, Kilometer 50. Verdammte Kälte! Starr wie ein Reptil fühle ich mich in dieser Morgenstunde. Ich verpasse meinen Abzweig, gelange auf Abwege, genieße immerhin, abseits der Pkw-Ströme zu fahren. Dafür gelange ich zwischen Miedelsbach und Eselshalden auf ein Sträßchen, das ich nur schiebend bezwinge. Eine willkommene Fahrpause.

6.02 Uhr – Zweites Frühstück nach vier Stunden

Bei Eselshalden empfängt mich der Naturpark Schwäbisch Fränkischer Wald. Hübsch mischen sich Nadel- und Laubgehölze entlang einer sanft gewellten Straße. Ich stelle mir die Durchfahrt ohne Krankheitssymptome vor und diagnostiziere das urdeutsche Forsterlebnis, wie ich es x-mal bekommen habe auf den bald 1400 Kilometern durch die Republik. Für Abwechslung sorgt Welzheim, Kilometer 65. Hier überfahre ich den Limes in Richtung der von den Römern verachteten Barbarenseite und könnte zwei rekonstruierte Kastelle bestaunen. Abwechslung suche ich jedoch um 6 Uhr morgens darin, endlich in einer Bäckerei einzukehren. Zu süßen Teilchen und Kaffee erstehe ich einen Joghurt, fläze mich ins Plastikmobiliar vor dem Laden. Neben mir frühstückt, draußen bei 8 Grad Celsius, ein Handwerkertrupp, vermutlich Meister, Geselle, Lehrling. Auch wenn der Junge noch verschlafener wirkt als die Älteren, so scheint er, den suchenden Augen nach, doch auf ein Gespräch aus zu sein mit den Kollegen. Die jedoch stieren, mampfend, tief über die Teller gebeugt, abwechselnd nur auf Gebäck und Tasse. Hierarchische Erziehung zur Sprachlosigkeit, denke ich. Gefühllosigkeit macht sich breit in mir. Mit zuckergeflutetem Blut in den Adern hat sich die Lunge beruhigt. Schonend starte ich zur fünften Fahrstunde.

7.05 Uhr – Verhindertes Nickerchen

Kilometer 77. Gschwend, nächstes Dorf an der Route, bedeutet ›brandgerodeter Wald‹ und klingt bereits nach Franken – der Heimat meiner Jugend. Nachbarorte verbreiten im Namen noch etwas von schwäbischer Emsigkeit. Dinglesmad zum Beispiel, wo das mad von mähen kommt. Leider ist der Randstreifen am Sträßchen hinter Dinglesmad ungemäht. Trotzdem muss ich kurz liegen, weil ich unter schweren Augenlidern nur noch Sehschlitze habe. Statt auf Wiese bette ich mich auf die Plattform eines Transformator-Häuschens. Daraus brummt es ungesund, aber in meinem Zustand ist‘s mir einerlei. Schlaf kündigt sich an, da reißt mich das Tuckern eines Traktors wieder hoch: Neben dem Häuschen setzt der Bauer das Mähwerk seines Riesengefährts in Betrieb. Als ich zum Gruß die Hand hebe, setze ich ein Grinsen auf. Innerlich fluche ich. Die Stimmung sinkt weiter, als mich mein Sträßchen auf die B298 entlässt. Die ›Idyllische Straße‹ soll das hier sein, laut Schild. Für mich ist die Bundesstraße horrend, weit und breit ohne Radweg. So gesehen ist der Ostalbkreis, wo ich jetzt fahre, wesensverwandt mit dem Westerwald. Nur dass ich die Alb-Landschaft schöner und die Alb-Autos nicht so rasend finde.

Es steht schlimm um mich: Nicht mal mehr Ortsnamen heitern auf; Honkling, Gaildorf, Limpurger Land, Winzenweiler, Mittelfischach: Ich will sie alle nur noch abhaken. Bei der Abfahrt nach Gaildorf merke ich, wie verrückt mein Zeitgefühl spielt. Das Kochertal ist randvoll mit Nebel, jenseits staken monströse Windräder aus dem Weiß. Nebel? Nach sieben Stunden Fahrzeit? Ach so, wir haben ja noch nicht 9 Uhr.

Jenseits der Kocher schnurrt das Relief zusammen, wird kleinteiliger. Statt langgezogen die Höhen zu erklimmen, muss ich kurz und angestrengt aus dem Sattel. Die Lunge meckert, aber das Hirn arbeitet wieder, führt mir den arroganten Wutbürger gestern in Eningen vor Augen.

Ich erreiche Obersontheim, wo der Kampf gegen Arroganz vor rund 250 Jahren an existenzielle Abgründe führte. Obersontheims Protagonist war Christian Friedrich Daniel Schubart. Gegen den dekadenten und arroganten Absolutismus zog er literarisch zu Felde. Dafür kam er in Kerkerhaft. Herzog Karl Eugen verfuhr mit Schubart ebenso gnadenlos wie mit Zeitgenosse Schiller. Der besuchte Schubart während der Festungshaft und erhielt von Schubart wahrscheinlich den Tipp, die ›Räuber‹ zu schreiben. Schiller kam damit groß raus, aber auch in Karl Eugens Kerker. Immerhin bedachte ihn der Herzog von Württemberg mit nur zwei Wochen – statt mit zehn Jahren, wie im Falle Schubarts.

Die Dichte schmucker Mittelalter-Orte steigt nach Obersontheim. Ich staune über Vellberg, Kilometer 104. Trotz unter fünftausend Einwohnern trägt Vellberg seit und wegen Kaiser Maximilian den Titel Stadt. Roher Sandstein verleiht dem Torturm, durch den ich fahre, wehrhaftes Aussehen. Dafür wirkt das Amtshaus in seinem Fachwerkkleid puppenhaft, aber nicht so unwirklich wie das Schloss, das schneeweiß herausgeputzt und an den Ecken und Kanten rot gestrichen ist. Hotelbetrieb herrscht im Schloss und wird auf einer Postkarte beworben mit: ›Diese Ruhe gibt Kraft zu neuen Visionen‹.Die Dichte schmucker mittelalterlicher Ortschaften steigt nach Obersontheim. Ich staune über Vellberg, Kilometer 104. Trotz weniger als fünftausend Einwohnern trägt es den Titel Stadt, seit und wegen Kaiser Maximilian. Roher Sandstein verleiht dem Torturm, durch den ich fahre, wehrhaftes Aussehen. Dafür wirkt das Fachwerk des Amtshauses eher puppenhaft. Unwirklich, wie aus dem Märchen steht unweit ein Schloss: schneeweiß, Schmuckgiebel, rot die Gebäudekanten. Hier herrscht Hotelbetrieb, beworben auf einer Postkarte mit den Worten ›Diese Ruhe gibt Kraft zu neuen Visionen‹.

10.17 Uhr – Gasthausvisionen

Kraft für meine Etappenvision bekomme ich jetzt nur noch durch Nahrung. Doch wie vor 13 Etappen in Holsteinberlin gibt es mal wieder: rein gar nichts. ›Holzofenbäcker‹ winkt mir ein Schild in Talheim. Doch ich biege umsonst ab, er öffnet nur Dienstag und Freitag. Aber rieche ich hinter Talheim nicht Maische? Hier muss eine Brauerei sein, vielleicht sogar ein Braugasthof, Herzstück fränkischer Hochkultur! Ich verbünde mich mit dem verhassten Gegenwind, auf dass er mir die Braurichtung verrate, und schnüffle animalisch den Geruchsfetzen entgegen. Plötzlich sind sie weg. Zusammen mit dem Maischegeruch löst sich die Gasthausvision in Luft auf. Wüsste ich in Talheim, dass ich auf die gefahrenen hundert Kilometer noch fünfzig draufsatteln muss bis zu einer offenen Gaststube: Ich würde mich von der Dorfbrücke in den Äulesbach stürzen. Das Rinnsal ist nicht der Rede wert, aber jeder Brückenbuckel tut mir jetzt weh. Kurz bevor die Heilbronn-Nürnberg-Magistrale namens A6 das Hügelland durchschneidet, scheint mir Großallmerspann wohlgesonnen. Zwei Rennradler kommen entgegen, grüßen mit dem altvertrauten »Servus«. Und es gibt das ›Lamm‹, das aussieht wie ein intaktes Gasthaus. Aber was heißt intakt, wenn die Zahl der Ruhetage (Montag bis Donnerstag) die der Betriebstage übersteigt?

Württembergs Südkurier sieht drei Ursachen fürs zunehmende Gasthaussterben, erstens das veränderte Gastverhalten: Es leben weniger Menschen auf dem Land und diese wenigen sind zunehmend mobiler – fahren gern in Ballungszentren und verbringen ihre Freizeit zunehmend anders (nicht mit Bierkrug und Sauerbraten). Zweitens nimmt der Kostendruck auf Gastbetriebe zu bei gleichzeitig stagnierenden Erträgen. Zudem sind angesichts unbequemer Arbeitszeiten weder Personal noch Nachfolger einfach zu bekommen. Drittens übt die Konkurrenz Druck aus – Lieferdienste, Versandhandel und Tankstellen. ›Hinzu kommt‹ schreibt der Südkurier ›eine Vielzahl von Vereinsfesten, die häufig unversteuert gastronomische Leistungen anbieten.‹

11.43 Uhr – Angeschlagen, aber noch unzählige Anstiege

Ein Vereinsfest am Montag, in Kirchberg an der Jagst? Schön wär’s. Kirchberg hat keine fünftausend Einwohner, aber 56 Vereine: vom ›Verein für Fisch und Fußball‹ über den ›Sängertreff‹ bis zu den ›Aktiven Bürgern‹. Kehre ich doppelte Mitgliedschaften unter den Teppich, wäre rein rechnerisch bei etwa hundert Mitgliedern pro Verein ganz Kirchberg eine einzige Vereinsmeierei.

13.40 Uhr. Zwischen Jagst und Tauber mache ich Schluss. An meiner Provinzroute festzuhalten, hieße, ins schlimmste Hungerloch zu fahren. Ohne es zu wollen: Ich muss in eine richtige Stadt. Was ein nahezu feierlicher Moment ist, denn außer für geplante Recherchen wollte ich alle Ballungszentren meiden – umso mehr, sollten es touristische Zentren sein. Zwischen Brettheim und Hausen am Bach habe ich mich entschieden: Ich plane um. Weil mir dafür ein Anhalten zu kraftaufwändig erscheint und ich seit Kilometern alleine bin auf der Landstraße, stoppe ich nicht, sondern höre lediglich auf, in die Pedale zu treten. Ich höre das nervöse Klickern des Rad-Freilaufs als spannungsheischendes Tremolo für meine Smartphone-Aktion: ›Änderung bestätigen – Navigation fortsetzen‹, nächstes Ziel Rothenburg ob der Tauber! Bayern ist angesagt und der gebürtige Münchner Christian Morgenstern, der fantastisch dichtete: ›Das Einhorn lebt von Ort zu Ort nur noch als Wirtshaus fort.‹

Bei mir ist es genau umgekehrt gewesen auf der bisherigen Tagesroute: Wirtshäuser sind sagenhafte Wesen, mit deren tatsächlichem Erscheinen nicht zu rechnen ist. Dereinst werden Wirtshäuser vielleicht als immaterielle Kulturgüter Deutschlands unter den Schutz der UNESCO gestellt, wie die Friedhofskultur. Oder die Passionsspiele von Oberammergau.

Wie die Suche nach Essbarem und die Fahrt in angeschlagenem Zustand weiter geht, steht in meinem Buch „Zwei Räder, ein Land: Mit dem Fahrrad durch alle Bundesländer – Deutschland in 2451 Kilometern“, erschienen am 12. August 2020, ISBN 9783749797578.

Das Foto zeigt das Buchcover, Titel: "Zwei Räder, ein Land: Mit dem Fahrrad durch alle Bundesländer – Deutschland in 2451 Kilometern.
Jenseits der Metropolen nimmt Martin C Roos die Republik unter die Reifen seines Rennrads. Täglich fährt er rund hundert Kilometer, um in 24 Etappen alle 16 Bundesländer zu durchmessen. Dutzende Treffen und Gespräche füllen des Reporters kleine Reise-Agenda, mit der er große Fragen in Angriff nimmt: In welche Richtung driftet das Land? Wie gehen die Menschen mit Bedrohungen und Chancen um, wie richten sie ihr Dasein aus? Roos misst die leisen Pulstöne der Gegenwart gleichermaßen wie den Nachhall der Vergangenheit, auch seiner ganz persönlichen. Er staunt im Norden über ein Ehepaar, das alte Apfelsorten rettet, und im Süden, wie ein Rentner über Deutschland wettert. Im Ruhrgebiet erfährt der Reporter, wie politisch die Jugend sein kann. In Berlin erzählen ihm Stasi-Opfer von Heimatliebe und gewaltlosem Protest. Relikten der einstigen Teilung spürt Roos ebenso nach wie dem Limit seiner Kräfte. Tiefgehende Interviews, spontane Dialoge und Radabenteuer entlang der 2451 Kilometer langen Reise verdichtet er zu einer tiefsinnigen und einzigartigen Collage. Sie zeigt die erstaunlichen, bisweilen bizarren Seiten eines Deutschlands, das zugleich erfrischend und vertraut wirkt.

Packliste – mit 86 durch Deutschland

Ausgebreitete Utensilien auf dem Boden eines der Hotels, wo der RadelndeReporter unterwegs übernachtete.
Manches außen am Rad, das meiste im 16-Liter-Packsack (am Bildrand links angeschnitten): Ausschnitt aus der kleinen Ausstattung für große Reisen.

Mit dem Rennrad unterwegs durch Deutschland

  • 66 Kilogramm RadelnderReporter
  • 20 Kilogramm Fahrrad (10 kg plus 10 kg Utensilien).

Die 10 Kilogramm Utensilien verteilen sich auf:

  • 2,2 kg Flüssigkeiten
  • 3,4 kg Radausstattung
  • 4,4 kg im SaddlePack.

Nachfolgend alle Einzelheiten.

Detailaufnahme des Rennrads.
Manche Notfallmedikamente sind fast überall zu erwerben. Platz im Radrahmen kann auch eine Thermosflasche finden. Sie lässt sich mit eisgekühlten oder heißen Getränken füllen und durch Klemmwirkung unter der Querstange stabilisieren.
Martin C Roos und sein Rennradlenker.
Geduscht kurz vor der 500-Kilometer-Marke in NRW: Die gelbe Länderübersicht steckt in der wasserdichten Hülle für die Spiegelreflex, deren Objektivseite zur Lenkerseite zeigt und dort durch einen Distanzhalter aus Kork vor Schlagschäden geschützt ist. Zwischen Kamerahülle und Reportergesicht erkennbar: Regenschutzhülle fürs Smartphone, wichtig dabei: Die Schutzhülle muss unterwegs eine Stromversorgung aus der PowerBank hinter dem Lenker ermöglichen!

Details zu den Unterkünften, in angefahrener Reihenfolge

Das Rennrad des Autors lehnt am Schild mit dem Hasen-Logo des Biohofs Kaemena im nördlichen Landesteil von Bremen.
Zwischen den tausend Kanälen im Norden Bremens bekommt man lecker Eiscreme und eine ruhige Unterkunft (Nummer 4).

Übernachten in Deutschland von A bis Z

In 24 Etappen durch alle Bundesländer und die Nordvogesen zu fahren, hieß für mich auch, alle möglichen Unterkünfte auszuprobieren (Nummern: siehe Karte unten bzw. im Buch auf Seite 65.

Auszeit nehmen (24) – Bed & Breakfast (16) – Centralhotel (22) – Dachappartment (6) – Einsam am Berg (18) – Ferienwohnung (3) – Gästehaus (16) – Heuherberge (1) – In „Mitte“, aber familiär und schön (22) – Journée française (12) – Kleinstadthotel (7) – Land-Pension (23) – Märkische Schlichtheit (21) – Neustadthotel mit Tradition (10) – Oberfranken-Gemütlichkeit (17) – Praktikantenzimmer, wg. besetzter FeWo (4) – Reichelshofen-Brauerei (15) – Skatstadt-Residenz (19) – Thüringerwald-Stützpunkt (18) – Uferhaus (9) – Viersterne-Naturpark-Wirt (13) – Wellness & Edel (14) – Xylo-Gemütlichkeit (11) – Zimmer mit Aussicht (8).

Hinweissschild für die Heuherberge Travequelle, mit Haus im Hintergrund.
Ganz einfach: Die letzte Nacht vor dem Start zur Deutschlandfahrt, die in der Holsteinischen Schweiz beginnt.

Alle Stützpunkte entlang der 2451 Kilometer langen Route

Preise beziehen sich genormt auf ein Doppelzimmer für 2 Personen. Sofern nicht im Übernachtungspreis sowieso inbegriffen. Ein zubuchbares Frühstück ist nicht mit eingerechnet in den Preisangaben.

1 – Gießelrade: Heuherberge Travequelle, Rosenstr. 7, 23623 Gießelrade, 04525–2989, heuherberge-trave.de, ab 34 Euro; Frau Saathof verleiht Bettwäsche.

2 – Leisterförde: Ferienwohnung Ostflügel, Lüttenmarker Str. 4, 19258 Leisterförde, Tel. 038842 22432, ab 60 Euro; Achtung: keine Einkaufsmöglichkeit in der Nähe!

3 – Jesteburg: Ferienwohnung Rademacher, Ferienwohnung Rademacher, Thelstorf 3, 21266 Jesteburg–Thelstorf, Tel. 04187 7252, ferienhof-rademacher.de, 65 Euro; grüne Idylle im wildesten Teil der Lüneburger Heide.

4 – Bremen: Biohof Kaemena, Niederblockland 6, 28357 Bremen, Tel. 0421 273368, kaemena-blockland.de, ab 90 Euro; unschlagbares Bioeis aus eigener Herstellung.

5 – Melle: Landhotel Hubertus, Westerhausener Straße 50, 49324 Melle, Tel. 05422 98290, hubertus-melle.de, ab 95 Euro; vorzügliche Küche.

6 – Unna: Appartment Nicolaiod, Morgenstr. 5, Tel. 0163 4104497, info@Nicolaiod.de, ab 65 Euro; über den Dächern der Altstadt; Foto.

Ein gedeckter Balkontisch und im Hintergrund die Dächer der Altstadt.
Die schönste Ecke in der Altstadt von Unna: Frühstücksblick des RadelndenReporters.
Zwischen Laubbäumen ragt der Kubus des Hotels heraus, dessen Holzfassade das Gebäude aber in Einklang mit der Natur bringt.
Holzfassade zwischen Laubgehölzen: Das Achalm-Hotel liegt am Rand der Schwäbischen Alb abgeschieden und ruhig am Fuß des „Zeugenbergs“ namens Achalm.

15 – Reichelshofen: Gasthof Landwehr-Bräu, Reichelshofen 31, 91628 Steinsfeld, Tel. 09865 9890, landwehr-braeu.de, ab 110 Euro; leckeres Hopfengetränk!

16 – Mühlhausen: Gästehaus Hiltel, Hauptstraße 18, Tel. 09548 6066, hiltel.de, ab 66 Euro

17 – Coburg: Gerberhof, Gerbergasse 1, 96450 Coburg, Tel. 09561 871187, hotel-gerberhof.com, ab 75 Euro.

18 – Blankenberg: Gasthof Blankenberg, Schloßberg 9, 07366 Rosenthal am Rennsteig, Tel. 036642 23913, kriegels-gasthaus.de, ab 68 Euro.

19 – Altenburg: „Treppengasse“, Treppengasse 5, 04600 Altenburg, Tel. 03447 313549, hotelpension-treppengasse.de, ab 80 Euro.

Deutschlandkarte mit 24 markierten Übernachtungsstätten.
24 Etappen für 2451 Kilometer: Beginnend in Holstein durchmaß ich als RadelnderReporter alle 16 Bundesländer, im kleinen Gepäck die große Recherche-Frage: Wie geht's Deutschland? – Antworten gibt mein Buch „Zwei Räder, ein Land“, ISBN 978–3–7497–9757–8.
Vorne abgestellte Fahrräder, hinten zwei reetgedeckte Langäuser.
Nach 2365 Kilometern die letzte Nacht der Deutschlandfahrt, holsteinisch behütet unter Reet im Weiler Mustin. In 23 Etappen hat der RadelndeReporter alle Phasen der körperlichen und geistigen Befindlichkeit durchlebt, wie das Bild an seinem Rennradlenker demonstriert.
Ortsschild des Weilers namens Honkling.
Ungewollte Komik im äußersten Nordosten des Schwabenlandes.
Ortsschild von Pouch, an der Mulde gelegen, im Land Sachsen-Anhalt,
Mitten in Deutschland kommt dem RadelndenReporter das Land manchmal fremd und vertraut zugleich vor.

Der Autor

Martin Christof Roos, Jahrgang 1967, ist ein Freund der Umdrehungen. Beruflich rotierte er 1995 von der Biochemie-Forschung zum Wissenschaftsjournalismus und schreibt seitdem als Selbständiger. Vier Jahre war er beim Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation unter Vertrag, für das er noch freiberuflich als WissKom-Dozent arbeitet. Rennrad fährt Roos seit bald 35 Jahren, aber der blaue ›Italiener‹ seiner 16-Länder-Tour ist erst die dritte Maschine – und hat rechnerisch fast schon die Erde umrundet. Inspiriert durch Kischs rasenden Reporter erfand Roos 2018 den RadelndenReporter und gab ihm die virtuelle Heimat riffreporter.de/de/magazine/radelnder-reporter. Roos bekam mehrere Stipendien, unter anderem 1994 als Nachwuchsforscher, 1999 als Wissenschaftsjournalist (McCloy-Stiftung), 2019 als Reisereporter (Karl-Gerold-Stiftung). Über die Weiterfahrt des RadelndenReporters informiert riffreporter.de/de/gesellschaft/radelnder-reporter-news-bestellen.

Kleinkind Martin C Roos auf seinem Erstrad, Aufnahme im Familienalbum handschriftlich ergänzt durch den Satz „Er fährt besonders gern durch Pfützen“.
Schon vor 50 Jahren hatte der Autor seine ganz eigenen Vorstellungen von gutem Radfahren.

Dank und Disclaimer

Herzlichen und lieben Dank an die Unterstützer meines Crowdfundings und explizit namentlich, als ›Dankeschön‹ so gebucht: Claus Jäkel, Barbara Roos, Friedemann Roos, Markus Roos, Andi Wild.

Dank auch an Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg, Franken, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg (in der befahrenen Reihenfolge) sowie die Hotels in Breckerfeld, Freudenberg und Berlin für Übernachtungen (siehe oben). Von 12 angefragten Bundesländern haben mich 8 direkt in Form von Übernachtungen unterstützt und 2 den Kontakt zu unterstützenden Hotels vermittelt. Keine dieser Unterstützungen beeinflusste meine Recherchen oder Inhalte bzw. Aussagen beim Schreiben in irgendeiner Weise.

Technischen Support leisteten

David McElroy (Deutschlandkarte), Ulrike Flint (Bildbearbeitungen), Magdalena Rafecas (Polardiagramm).

Darüber hinaus mentalen Support bekam ich lokal von Michael Mehrgardt und virtuell von Christian Schwägerl vom „RiffReporter-Basislager“.