Master Professional
Der Bundesrat winkt die umstrittenen neuen Titelbezeichnungen für die berufliche Bildung durch.
SO MIES DIE WOCHE für Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) auch anfing, sie endet mit einer Genugtuung. Nachdem Bayern und Baden-Württemberg am Sonntag den Ausstieg aus dem Nationalen Bildungsrat verkündet hatten, galt die Ministerin als "ein weiteres Mal angezählt" (ZEITWissen). Die grüne Bildungspolitikerin Margit Stumpp sah Karliczek "mal wieder vor einem Scherbenhaufen".
Wenn das Berufsbildungsgesetz (BBiG) heute nicht den Bundesrat passiert hätte, sondern, wonach es zwischenzeitlich aussah, im Vermittlungsausschuss gelandet wäre, hätte der Druck auf Karliczek weiter zugenommen. Doch es kam anders. Die Länderkammer stimmte der Reform trotz der umstrittenen neuen Abschlussbezeichnungen (Bachelor Professional und Master Professional) zu und wandte sich damit gegen die Empfehlung des federführenden Kulturausschusses. Zuletzt war dieses Ergebnis erwartet worden.
Ziel der neuen Titel für die berufliche Bildung ist es, die Abschlüsse etwa im Handwerk akademischen Graden vom Namen her anzunähern. Die Bezeichnungen sollen, wie Karliczek betonte, zusätzlich eingeführt werden, um einen bestehenden Titel wie den Meister "zu stärken und international noch sichtbarer zu machen“. Zudem hatte Deutschland immer wieder das Problem, dass seine beruflichen Abschlüsse in den internationalen Vergleichsstatistiken nicht adäquat berücksichtigt wurden. Allerdings hatte der Industriestaatenverband OECD in seiner Bewertung der Ausbildungsberufe in den vergangenen Jahren schon ohne die neuen Titel umgesteuert.
So wie das Titel-Thema die Arbeitgeberverbände (dagegen!) und die Handelskammern (dafür!) spaltete, wie die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) dagegen Stimmung machten und die Handwerkerverbände dafür, so tief gespalten waren zuletzt auch die Landesregierungen. Die Kultusminister, angeführt von Baden-Württembergs Ressortchefin Susanne Eisenmann (CDU), wollten das Gesetz in der Form unbedingt verhindern, waren die Wirtschaftsminister und/oder Sozialminister dafür. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund hatte in den vergangenen Tagen an die Länder appelliert, der Diskurs um die Fortbildungstitel dürfe nicht dazu führen, "die Verbesserungen für Auszubildende, Berufsschulen und Ehrenamtliche zu verzögern oder gar in Frage zu stellen. Der politische Schaden wäre groß."
Karliczeks erster Reaktion war die Genugtuung denn auch anzumerken. Sie freue sich über die Zustimmung des Bundesrates zu einem ihrer "zentralen Vorhaben in dieser Legislaturperiode". Sie fügte hinzu: "An diesem Tag senden wir eine klare Botschaft: In Deutschland gibt es zwei gleichwertige Qualifizierungswege, nämlich höherqualifizierende Berufsbildung und Studium."
Wer der Ministerin unterstellt, dass sie sich auch ein klein wenig deshalb freut, weil ihre Dauer-Kontrahentin Susanne Eisenmann diesmal das Nachsehen hatte, geht vermutlich nicht zu weit.
HRK-Präsident Peter-André Alt verstärkte nach der Entscheidung seine Kritik. Statt die Gleichwertigkeit beruflicher und hochschulischer Abschlüsse zu unterstreichen, verwischten die neuen Bezeichnungen die Unterschiede und beeinträchtigen die Sichtbarkeit beruflicher Qualifikationen, besonders im Ausland. "Auf diese Weise gefährdet die nun getroffene Entscheidung die bereits erreichten Ziele des Bologna-Prozesses und damit eines der wichtigsten europäischen, von Bund, Ländern und Hochschulen gemeinsam getragenen Reformprojekte der vergangenen Jahrzehnte."
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