Wandel sichtbar machen

Anke te Heesens Einführung in die Museumstheorie zeigt, dass nicht alle Themen der Museumsdebatte neu sind

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Ein hoher Raum mit einer Fensterfront, in dem Kunstwerke installiert sind.

Stefan Poser bezeichnete vor rund hundert Jahren die klassischen Museen als „Kultur-Leichenhallen“. Sie hätten rein gar nichts mit den Herausforderungen der Gegenwart zu tun, fand der Historiker schon damals, denn diese sei von Technik und Industrie gekennzeichnet. Ein „Gegenwartsmuseum“ solle das Interesse des Besuchers wecken und ihm Vermittlungsdienste leisten. Heute ist die Forderung nach mehr Gegenwärtigkeit im Museum wieder aktuell. Statt Technik und Industrie sind es nun Digitalisierung und die Folgen des Klimawandels, die nicht nur das Leben der Menschen verändern, sondern auch ihren Blick auf die Kultur. Die Museen tun sich schwer mit der Herausforderung des permanenten Wandels, denn sie schleppen das Erbe der Vergangenheit mit sich. Dass das Museum selbst fortwährend ein Gegenstand des Wandels gewesen ist, scheint vergessen.

Anke te Heesen stellt in ihrem Band „Theorien des Museums“ anhand vieler historischer Quellen dar, wie die Idee des Museums an vielfach den aktuellen politischen und gesellschaftlichen Vorstellungen angepasst wurde, Die an der Humboldt-Universität in Berlin lehrende Wissenschaftshistorikerin geht in ihrem Überblickswerk chronologisch vor. Sie beginnt mit den fürstlichen Wunderkammern des 17. Jahrhunderts, schildert die Gründung der ersten öffentlichen Museen und deren Ausgestaltung zu nationalen Kultureinrichtungen im 19. Jahrhundert, die der geistig-sittlichen Vervollkommnung der Untertanen dienen sollten.

Der Wandel führte zunächst zu einer Aufspaltung der Sammlungen in Kunst- und Naturmuseen. In den Wunderkammern schwebte noch ein Meteoriten-Splitter als Botschaft aus dem Weltall über in Silber und Gold eingefassten Straußeneipokalen und feuerroten, versteinerten Korallen. Mit der fortschreitenden Klassifikation in den Naturwissenschaften im 18. Jahrhundert musste der Meteorit sich mit einem Platz neben Kalk- und Zinkbruchstücken begnügen. Dem Trend zur Systematik der Naturkundemuseen folgten auch die Kunstmuseen, wie etwa die 1780 neu eingerichtete kaiserliche Gemäldegalerie in Wien. Statt die Werke nach repräsentativen Kriterien zu präsentieren, bediente man sich nun einer Ordnung nach Ländern und Schulen.

Das Foto zeigt beim Bau übliche Stahlgerüste und Dämmplatten, die in einem Ausstellungsraum als Sockel für figürliche Skulpturen dienen. Im Vordergrund ist eine weibliche Aktdarstellung zu sehen, die von einem Besucher betrachtet wird.
Franka Hörnschemeyer setzte 2004 das Werk von Wilhelm Lehmbruck neu in Szene.