Wesenstest für Hunde: Gen-Analyse zwingt Zuchtverbände zum Umdenken

Alle Chihuahuas, Retriever oder Dalmatiner ähneln sich nicht nur äußerlich, sie haben oft auch eine typische Persönlichkeit. Laut genetischen Analysen von mehr als 2.000 Tieren hat das Wesen des Hundes allerdings nur wenig mit seiner Rasse zu tun.

6 Minuten
Vier Hunde verschiedener Rassen stehen nebeneinander und schauen den Betrachter mit großen, freundlichen Hundeaugen an. Man möchte sie unbedingt streicheln.

Nur neun Prozent der rassetypischen Unterschiede im Verhalten von Hunden sind auf deren Gene zurückzuführen. Offensichtlich ist das Wesen eines Hundes zu komplex, um mit Hilfe der klassischen Zuchtmethoden nach nur 200 Jahren deutlich beeinflusst worden zu sein. Angesichts dieser neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, sollten Zuchtverbände den Wesenstest für die Hundezucht vielleicht sogar abschaffen und stattdessen die Züchter*innen selbst ins Visier nehmen.

Der Golden Retriever läuft ruhig, fast lässig an der Leine direkt neben seiner Halterin. Das ist erstaunlich, denn kurz zuvor wurde das Tier sehr eng an zappelnden bunten Luftballons vorbeigeführt, scheppernd fielen Blechdosen zu Boden, ein Spielzeugauto kam angerollt. Und dann ertönte auch noch wie aus dem Nichts eine laute Fahrradklingel. All das hat dem Hund nichts ausgemacht. Er ist auf dem besten Weg, die Wesenstest genannte Verhaltensbeurteilung des Zuchtverbands zu bestehen.

Doch jetzt wird es ihm zu viel: Als der Verhaltenstester entgegenkommt und eher beiläufig einen Regenschirm aufspannt, verliert der Retriever die Fassung. Er scheut, fletscht die Zähne und bellt. Besorgtes Kopfschütteln bei der Besitzerin, ernste Blicke beim Wesensrichter. Sollten noch weitere Zeichen einer übertriebenen Ängstlichkeit oder übersteigerten Aggressivität hinzukommen, könnte das Tier durchfallen. Die Züchterin dürfte unter Umständen mit diesem Tier nicht mehr weiterzüchten.

Familienhunde haben ein anderes Wesen als Wachhunde

Ein mittelgroßer Hund mit hellbeigem und weißem Fell läuft über einen laubbedeckten Waldboden.
Auch die DNA dieses Mischlingshundes namens Sandy wurde für die aktuelle Studie analysiert. Unter seinen Vorfahren waren australische Treibhunde, Collies und Schäferhunde.

Zucht beeinflusst das Verhalten kaum

Morrill et al.

Genetisch gesehen ist selbst ein Chihuahua eigentlich ein Wolf

Violeta Munoz-Fuentes