Riesenfischuhus auf der Spur mit Jonathan Slaght

Die größte Eule der Welt lebt zurückgezogen in Nordostasien. US-Biologe Jonathan Slaght erforscht sie und hilft so, die Art besser zu schützen.

vom Recherche-Kollektiv Flugbegleiter:
10 Minuten
Eine große Eule sitzt im Wasser mit einem Fisch im Schnabel, im Hintergrund ist Schnee am Ufer zu sehen.

Eulen werden oft als elegante, lautlose Jäger beschrieben. Doch auf Riesenfischuhus (Bubo blakistoni) trifft das eher nicht zu. Der russische Autor Juri Pukinski hat ihr Aussehen mal mit einem Heuhaufen verglichen. Diese Eulen wirken trotz ihrer Größe – mit einer Flügelspannweite von bis zu zwei Meter – meist wenig majestätisch, sobald sie sich bewegen.

Auch deswegen ist der US-Biologe Jonathan Slaght vom Riesenfischuhu absolut fasziniert:

„Es ist eigentlich schwer vorstellbar, dass es so eine Vogelart geben kann. Er ist riesig. Er lebt an Orten, wo es das ganze Jahr kalt ist und wo Flüsse zufrieren. Dabei hängt er von Beute aus dem Wasser ab. Und dann wirkt er auch noch plump, wenn er am Flussufer langstapft; und er sieht zerzaust aus.“

Anders als Eulen, die Landtiere wie zum Beispiel Mäuse erbeuten, brauchen Riesenfischuhus nicht lautlos zu sein: Ihre Beutefische unter Wasser können sie sowieso nicht hören.

Unterwegs im Reich der Amurtiger

Riesenfischuhus leben in Wäldern, die selbst im 21. Jahrhundert noch schlecht erschlossen sind, unter anderem in der Region Primorje. Das Gebiet liegt in Russland an der Küste des Japanischen Meeres, nördlich der Stadt Wladiwostok. Ihren Lebensraum teilen die Eulen unter anderem mit den ebenfalls bedrohten Amurtigern, Marderhunden, Braunbären und Amurleoparden.

„Primorje ist ein wilder Ort, “ sagt Jonanthan Slaght.

„Es gibt nicht viele Menschen, dafür immer noch viel Wald. Ein Kollege von mir erzählt von einem Strand: Wenn er dort langgeht, findet er eher Tigerspuren als Fußstapfen. Weil dort mehr Tiger als Menschen unterwegs sind. Es ist einfach toll, dass es auf der Erde noch solche Orte gibt.“

Dorthin zieht es den US-Biologen schon seit Mitte der 1990er Jahre immer wieder. Mit Anfang 20 als junger Ornithologe entdeckt er dort seinen ersten Riesenfischuhu, an einem Ort, an dem Fachleute nicht damit gerechnet hatten. Aus der Sichtung entwickelt sich eine Berufung. Zusammen mit russischen Kollegen will er mehr über die Lebensweise der großen Eulen herausfinden. Das Ziel: Besserer Schutz für die stark gefährdete Art im Fernen Osten Russlands.

Schwarz-weiß-Cover der britischen Fassung von Jonathan Slaght's Buch „Owls of the Eastern Ice“. Zu sehen ist ein vereister Fluss in einem bewaldeten Tal. Mit freundlicher Genehmigung des Verlags
Die britische Ausgabe von Jonathan Slaght's Natur-Bestseller
Ein Mann mit Bart und dicken Lederhandschuhen hält eine Eule in den Händen, die einen Fisch im Schnabel hat.
Zusammen mit seinen russischen Kollegen fängt Jonathan Slaght Riesenfischuhus, um sie mit GPS-Loggern auszustatten, die Positionsdaten der Vögel sammeln.
Eine große Eule mit gelben Augen und braun-grau-weißem Gefieder sitzt gut getarnt in einer offenen Baumhöhle.
Riesenfischuhus sind groß und brauchen deswegen auch große Nistgelegenheiten in alten Bäumen. Dieses Weibchen wurde mit einer Kamerafalle aufgenommen.