Alles wie gehabt? Warum sich an der Ahr die Fehler der Vergangenheit wiederholen

Nach der Hochwasser-Katastrophe war sich die Politik einig: Alles soll schnellstmöglich wieder aufgebaut werden. Doch diese Idee könnte sich schon bald rächen.

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Luftbild auf überfluteten Flussbereich

Ein nasskalter, wolkenverhangener Tag Anfang Februar. Simon Templeton, ein junger Mann mit Kapuzenpulli und Lederjacke, steht vor den Überresten seines Hauses, 400 Meter von der Ahr entfernt.

An den Außenwänden fehlt der Putz, innen hängen Kabel von der Decke. Die einzige Inneneinrichtung: ein Kasten Bier, abgestellt im Schlafzimmer.

Das Haus sieht aus, als werde es gerade erst gebaut, doch Templeton und seine Familie wohnen hier schon zweieinhalb Jahre. Im Juli 2021, als Starkregen die Ahr in einen reißenden Fluss verwandelte, wurde das Neubaugebiet mit voller Wucht getroffen.

Nachdem das Wasser die unteren Fenster eingedrückt hatte, flüchtete die Familie ins Obergeschoss. Das Wasser stieg weiter. „Irgendwann war uns klar, dass wir aufs Dach müssen“, sagt der 35-Jährige.

Per Räuberleiter aufs Dach

Er stapelte Möbel übereinander, öffnete das Oberlicht und bugsierte die Hausbewohner per Räuberleiter nach draußen: erst seine Frau und seinen neu geborenen Sohn, danach die beiden Hunde.

Es war ein Horrortag, und doch hatten die Templetons noch vergleichsweise Glück. Während in der Nachbarschaft ganze Häuser weggespült wurden, blieb ihres stehen.

„Viele Alteingesessene sagen, hier hätte man nie bauen dürfen“, weiß Templeton. „Aber klar, das sagen sie jetzt. Hinterher ist man immer schlauer.“

Ein Mann zeigt auf das entkernte Innere seines Hauses
Simon Templeton hatte sich in der Flutnacht mit seiner Familie aufs Dach seines Hauses geflüchtet. Nun baut er es wieder auf.
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„Aufgeben ist keine Option“: Die Hilfsbereitschaft und der Wille zum Wiederaufbau waren nach der Katastrophe groß (hier ein Foto aus Dernau).
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